von Nottweil geben diese Berge neben
dem entfernteren Dreifaltigkeitsberg bei
Spaichingen nnd der gefälligen Pyramide
des Hohen Karpfen mit seiner Burgruine
der Landschaft Reiz und Haltung.
So wurdeu denn anch im folgenden
Sommer die Ferien-Nachmittage fleißig
zn Ausflügen in die nächste Umgegend be-
nutzt. Besonders war Neckarburg, ein
Pachthof im tiefen Talgrunde des Neckars
unter eiuer malerischen Schloßruine, als
das Ziel unserer Wanderungen beliebt.
Hier verzehrte man in idyllischer Behag-
lichkeit eine köstliche saure Milch, welche
vou den Pächtersleuten gerue gereicht
wurde.
Selbst unser satirischer Präfekt uud
Klassenlehrer Beck entschloß sich, im
Sommer zwei- bis dreimal mit seinen
Schülern einen Spaziergang zu unter-
nehmen und sogar iu einem ländlichen
Wirtshanse sich zu erfrischen. Da ging
dem ernsten Manne das Herz auf, er
wnrde heiter und würzte die Unterhaltung
mit manchem treffenden Witze. U»d als
einmal iu einem Walde sich willkommener
Stoff zn einem Bombardement mit Tannen-
zapfen fand, nahm er es selbst nicht übel,
wenn diese leichten Produkte sein eigenes
ehrwürdiges Hanpt umschwirrten oder
seinen Rückeu streisteu. Unter den Mit-
schülern hatte ich mir einige nähere Frennde
gewonnen. Zunächst Karl Kamm er er,
den Sohn des Oberamtsarztes, der später,
dem Bernse seines Vaters folgend, doch
dessen Heilmethode verlassend, als einer
der ersten Homöopathen von Württemberg
viel Vertrauen und einen bekannten Namen
erwarb.
Er war eiu fleißiger Student, nnd wir
repetierten gerne unsere Aufgaben gemein-
schaftlich in seiuem väterlichen Hanse.
Anch besaß die Familie das eine Stnnde
von Nottweil in einem waldigen Tale an-
mutig gelegene Bad und Gut Jnngbrnnn,
wo ich im Sommer in Gesellschaft meines
Frenndes und eingeführt in dessen Familie
manche angenehme Nachmittagsstunde ver-
lebte.
Ein zweiter, mir immer näher tretender
Frennd war Valentin Maurer aus eiuer
bürgerlichen Familie Rottweils. Maurer,
ein sehr befähigter Zögling des Gymna-
siums, hatte bisher durch alle Klassen in
der Lokation die erste Stelle eingenommen.
Mein Auftreten in seiner Klasse, wo ich
schnell gute Fortschritte machte, und be-
sonders der Umstand, daß ich im Griechi-
schen stärker war als er, machte ihn an-
fänglich übellaunig und mir ziemlich ab-
hold, weil er eine ihm nachteilige Kon-
kurrenz in mir zu besorgen schien. Da
er aber bemerkte, daß ich keine An-
strengnngen machte, ihn zu überholen, und
sich im Besitze der ersten Stelle ziemlich
sicher wnßte, näherte er sich mir nach und
nach bis zu freundschaftlicher Vertraulich-
keit, und sein Umgang, als eines ausge-
zeichnet begabten, uuermüdet fleißigen
Jünglings, wirkte auf mich sehr vorteil-
hast. Er hat die hervorragende Stellung
unter seinen Mitschülern anch später überall
behauptet, und es stand dem schon znm
Priester geweihten katholischen Theologen
eine glänzende Zukuust in Aussicht, als
er plötzlich, aus mir unbekannt gebliebenen
Beweggrüudeu, zur protestautischen Kirche
übertrat und es ihm endlich nach viel-
jähriger gedrückter Lage als mittelloser
Privatgelehrter zu Leipzig gelang, evange-
lische Pfarrstellen in Württemberg zu er-
langen, wo er noch wirkt und seinen
rühmlich bekannten philologischen Arbeiten
mit der unermüdlichen Beharrlichkeit, die
ihn durch sein ganzes Leben auszeichnete,
obliegt.^)
Die Unterrichtsmethode in Rottweil hatte
über Erwartung günstig auf meine geistige
Entwicklung eingewirkt. In Kempten hatte
ich wiederholt bei der Lokation am Schlüsse
der Schuljahre unter zwanzig bis vier-
undzwanzig Schüleru die Mitte einge-
nommen, in Rottweil erhielt ich unter
fünfzehn nicht minder fähigen Mitschülern
die zweite Stelle nnd kehrte mit sehr vor-
teilhaften Zeugnissen ausgerüstet, au Leib
und Seele wohlbehalten und erstarkt zu
meinen Eltern zurück, um in ländlicher
Rnhe und Behaglichkeit die Herbstferien
teils in Hürbel, teils in Mathfieß und
Buchloe zu verbringen.
Im Spätherbst 1813 besuchte ich Rott-
weil abermals, um meine Stnvien am
Gymnasium fortzusetzen. Es wäre viel-
') Franz Joseph Valentin Daniel Manrer,
geboren in Rottweil 1795, gestorben 1874 als
protestantischer Pfarrer a. D. in Balingen, vor-
züglicher Hebräist.
dem entfernteren Dreifaltigkeitsberg bei
Spaichingen nnd der gefälligen Pyramide
des Hohen Karpfen mit seiner Burgruine
der Landschaft Reiz und Haltung.
So wurdeu denn anch im folgenden
Sommer die Ferien-Nachmittage fleißig
zn Ausflügen in die nächste Umgegend be-
nutzt. Besonders war Neckarburg, ein
Pachthof im tiefen Talgrunde des Neckars
unter eiuer malerischen Schloßruine, als
das Ziel unserer Wanderungen beliebt.
Hier verzehrte man in idyllischer Behag-
lichkeit eine köstliche saure Milch, welche
vou den Pächtersleuten gerue gereicht
wurde.
Selbst unser satirischer Präfekt uud
Klassenlehrer Beck entschloß sich, im
Sommer zwei- bis dreimal mit seinen
Schülern einen Spaziergang zu unter-
nehmen und sogar iu einem ländlichen
Wirtshanse sich zu erfrischen. Da ging
dem ernsten Manne das Herz auf, er
wnrde heiter und würzte die Unterhaltung
mit manchem treffenden Witze. U»d als
einmal iu einem Walde sich willkommener
Stoff zn einem Bombardement mit Tannen-
zapfen fand, nahm er es selbst nicht übel,
wenn diese leichten Produkte sein eigenes
ehrwürdiges Hanpt umschwirrten oder
seinen Rückeu streisteu. Unter den Mit-
schülern hatte ich mir einige nähere Frennde
gewonnen. Zunächst Karl Kamm er er,
den Sohn des Oberamtsarztes, der später,
dem Bernse seines Vaters folgend, doch
dessen Heilmethode verlassend, als einer
der ersten Homöopathen von Württemberg
viel Vertrauen und einen bekannten Namen
erwarb.
Er war eiu fleißiger Student, nnd wir
repetierten gerne unsere Aufgaben gemein-
schaftlich in seiuem väterlichen Hanse.
Anch besaß die Familie das eine Stnnde
von Nottweil in einem waldigen Tale an-
mutig gelegene Bad und Gut Jnngbrnnn,
wo ich im Sommer in Gesellschaft meines
Frenndes und eingeführt in dessen Familie
manche angenehme Nachmittagsstunde ver-
lebte.
Ein zweiter, mir immer näher tretender
Frennd war Valentin Maurer aus eiuer
bürgerlichen Familie Rottweils. Maurer,
ein sehr befähigter Zögling des Gymna-
siums, hatte bisher durch alle Klassen in
der Lokation die erste Stelle eingenommen.
Mein Auftreten in seiner Klasse, wo ich
schnell gute Fortschritte machte, und be-
sonders der Umstand, daß ich im Griechi-
schen stärker war als er, machte ihn an-
fänglich übellaunig und mir ziemlich ab-
hold, weil er eine ihm nachteilige Kon-
kurrenz in mir zu besorgen schien. Da
er aber bemerkte, daß ich keine An-
strengnngen machte, ihn zu überholen, und
sich im Besitze der ersten Stelle ziemlich
sicher wnßte, näherte er sich mir nach und
nach bis zu freundschaftlicher Vertraulich-
keit, und sein Umgang, als eines ausge-
zeichnet begabten, uuermüdet fleißigen
Jünglings, wirkte auf mich sehr vorteil-
hast. Er hat die hervorragende Stellung
unter seinen Mitschülern anch später überall
behauptet, und es stand dem schon znm
Priester geweihten katholischen Theologen
eine glänzende Zukuust in Aussicht, als
er plötzlich, aus mir unbekannt gebliebenen
Beweggrüudeu, zur protestautischen Kirche
übertrat und es ihm endlich nach viel-
jähriger gedrückter Lage als mittelloser
Privatgelehrter zu Leipzig gelang, evange-
lische Pfarrstellen in Württemberg zu er-
langen, wo er noch wirkt und seinen
rühmlich bekannten philologischen Arbeiten
mit der unermüdlichen Beharrlichkeit, die
ihn durch sein ganzes Leben auszeichnete,
obliegt.^)
Die Unterrichtsmethode in Rottweil hatte
über Erwartung günstig auf meine geistige
Entwicklung eingewirkt. In Kempten hatte
ich wiederholt bei der Lokation am Schlüsse
der Schuljahre unter zwanzig bis vier-
undzwanzig Schüleru die Mitte einge-
nommen, in Rottweil erhielt ich unter
fünfzehn nicht minder fähigen Mitschülern
die zweite Stelle nnd kehrte mit sehr vor-
teilhaften Zeugnissen ausgerüstet, au Leib
und Seele wohlbehalten und erstarkt zu
meinen Eltern zurück, um in ländlicher
Rnhe und Behaglichkeit die Herbstferien
teils in Hürbel, teils in Mathfieß und
Buchloe zu verbringen.
Im Spätherbst 1813 besuchte ich Rott-
weil abermals, um meine Stnvien am
Gymnasium fortzusetzen. Es wäre viel-
') Franz Joseph Valentin Daniel Manrer,
geboren in Rottweil 1795, gestorben 1874 als
protestantischer Pfarrer a. D. in Balingen, vor-
züglicher Hebräist.