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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 6.1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.13515#0026

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eben genannten Stecher und in Dresden durch Müller's
glänzende Erfolge einmal der Weg gebrochen, so war es
natürlich, daß man auch anderwärts besonders in Berlin
und hier geradezu unter französischem Einfluß ihr huldigte.
Besonders war es Eduard Mandel, gegenwärtig wohl der
bedeutendste aller deutschen Kupferstecher, der durch die That
bewiesen hat, daß der Kupferstich die Farbe, ohne deshalb
eine falsche Wirkung hervorzubringen, andeuten darf.
Ursprünglich ein Schüler von Buchhorn, hat er später bei
Dupout in Paris gelernt.

Den eigenthümlichen Vortrag der Düsseldorfer hat je-
doch Niemand besser wiederzngeben verstanden, als Gust.
Lüderitz in Berlin (geb. 1804) der bei Richomme in Paris
einen glänzenden Grabstichel sich aneignete und in Deutsch-
land zuerst mit Erfolg, nachdem er in Linienmanier gear-
beitet hatte, auch in der fast ganz vergessenen schwarzen
Kunst sich versuchte. Ein gutes Blatt der Art war Sohns
„Romeo und Julie". Später hatte er noch Besseres in
dieser Weise geliefert. Sein Beispiel fand leider nur zu
viel Nachfolger, da die in der That in der malerischen
Wirkung das Höchste leistende schwarze Kunst oder ge-
schabte Manier, dem Zeitgeschmack zusagte und großen
Effekt hervorbrachte, ohne deshalb bedeutende Kosten zu
verursachen. Das Verfahren dabei ist fast die Umkehrung
des Kupferstichs: die Platte wird rauh gemacht, gekörnt
und die Lichter werden alsdann herausgeglättet. Licht
und Schatten heben sich scharf ab, während die Umrisse
weich und verschwommen sind.

Mit der schwarzen Kunst erstand auch die noch weichere
Aquatinta Manier zu neuem Leben, eine Art der Aetzung,
bei der das Korn durch auf die Kupferplatte aufgeschmol-
zenen Kolofoniumstaub erzeugt und die Abtönung der Lichter
durch Deckung hervorgebracht wird.

Unter den die Farbenwirkung erstrebenden, unter fremdem
Einfluß stehenden Stechern Berlins darf ich Hermann
Eichens, der bei Toschi in Parma lernte, nicht über-
gehen. Nach und nach bildete sich eine jetzt sehr beliebte
Vereinigung mehrerer VerfahrungSarten, des reinen Kupfer-
stichs mit der schwarzen Kunst, ja selbst hie und da mit der
Aquatinta heraus- Anstatt des Kupfers brachte man später
den härteren Stahl, um mehr Abdrücke zu erzielen, in
Anwendung.

Dasselbe Princip, auf welchem die Fortentwicklung der
Kupferstecherei fußte, wurde natürlich auch maaßgebend für
die Weiterbildung des Steindrucks, dessen sich die Düssel-
dorfer vorzugsweise und gern zur Vervielfältigung ihrer
Erzeugnisse bedienten, obwohl bedeutendere Steinzeichner
in Düsseldorf mir nicht bekannt sind. Das Meiste wurde
deshalb auswärts und zwar besonders von Berlin geliefert.

Die Spitze jedoch des Strebens nach farbiger Wirkung
bei den vervielfältigenden Künsten war die Erfindung des
Farbendrucks, der gleichfalls besonders in Berlin aus-
gebildet wurde. Eigentlich Künstlerisches wurde anfangs
noch wenig geleistet, so anerkennenswerth dieses Ver-
fahren für wissenschaftliche Werke, besonders zur Darstel-
lung der Polychromie antiker oder mittelalterlicher Bau-
werke auch war. Heinrich Asmus' Faoade des Parthenons
vermittelst sieben Platten in Kugler's Handbuch der Kunst-
geschichte und die Arbeiten der Winkelmann'schen Anstalt

in Berlin, die Zahn's pompejanische Wandgemälde lieferte,
sind erwähnenswerth, ebenso Storch's „Milchmädchen" nach
Meyerheim, das vermittelst ein und zwanzig Steinplatten
hervorgebracht wurde. In den letzten Jahren hat beson-
ders die Lithographische Anstalt von Storch und Kramer
durch das „Album Berliner Künstler" und andre Arbeiten
gezeigt, zu welcher künstlerischen Vollendung die Lithochro-
mie gebracht werden kann.

In der Kunstindustrie konnte Düsseldorf nichts leisten,
weil die Kleinheit der Stadt hindernd in den Weg trat.
Dagegen muß den düsseldorfer Kunstbestrebungen nach-
gerühmt werden, daß sie bedeutend mehr, als die Münch-
ner, die anfangs nur in abgeschlossenen Kreisen sich be-
wegten, auf die Entwicklung des Kunstsinnes in ganz
Deutschland vortheilhaft eingewirkt haben. Die Düssel-
dorfer haben dadurch, daß sie ihre Erzeugnisse für das
Volk schüfen uud für deren allseitige Verbreitung auch
im eignen Interesse sorgten, das deutsche Volk so zu sagen
sehen gelehrt.

Für die Entwicklung der Baukunst war in Düsseldorf
selbst gar kein Boden. Aber es war wohl doch mehr als
Zufall, daß die Wiedererweckung des malerischsten und
zugleich doch konstruktiv strengsten Stiles, den die Welt
bis jetzt überhaupt hervorgebracht hat, grade dem Rhein-
lande anheimsiel, dessen Kunsterzeugnisse damals alle
Welt aufregten. Hier standen noch die gewaltigen gothi-
schen Dome, die selbst der Zopfzeit Achtung abtrotzten,
hier regte sich durch die Bestrebungen der Gebrüder Bois-
seröe zuerst der Sinn für die mittelalterliche Formenwelt.
Der mittelalterlich-romantische Anstrich der ersten maleri-
schen Erzeugnisse der Düsseldorfer war nicht weniger von
lokalen Einflüssen, als von literarischen, die ja so ziemlich
auf demselben Boden entsprossen waren, angeregt. Ob-
wohl kein blinder Verehrer des Mittelalters und Feind
jeder romantischen Schwebelei, wie meine Leser bemerkt
haben werden, stehe ich doch keinen Augenblick an, die
Gothik als einen auch für unsre Zeit noch gültigen,Bau-
stil zu bezeichnen. Sein strenges, dabei aber doch bieg-
sames konstruktives System, der malerische Reiz seines
Aeußeren, seine seine Gliederung, seine liebenswürdige,
den täglichen Bedürfnissen Rechnung tragende Nachgiebig-
keit in der Privatarchitektur, seine erhabene Ruhe in der
Kirchenbaukunst, die Freiheit und Mannigfaltigkeit, welche
er dem Architekten in der Zeichnnng, der Gewölbekonstruktion
und anderen Dingen gestattet, bestimmen mich dazu. Von
allen Architekten der Gegenwart gebe ich meines Theils
den Männern den Preis, welche die Gothik wieder zu
frischem und vollem Leben geführt haben. Von den Ver-
diensten der Männer, welche die Gothik erforschten, habe
ich bereits früher gesprochen. Ich hätte jetzt nur noch
auf die Restaurationsarbeiten hinzuweisen, an denen die
praktische Thätigkeit auf diesem Gebiete gleichsam ihre
ersten Studien machte.

Am frühesten wurde, nachdem man den thörichten Plan
der Zerstörung aufgegeben hatte, mit der Wiederherstellung
des Schlosses zu Marienburg begonnen. Schon 1815
legte man Hand an's Werk, doch ging es langsam vorwärts,
so daß die Arbeit noch jetzt nicht als ganz vollendet an-
zusehen ist. Mit der Zeit stellte man unter Friedrich
 
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