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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 6.1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.13515#0169

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Deutsche Kunst-Zeitung.

der

Hkrausgegebm und rringiri

von

Br. Max Schasler,

Herausgeber des „Deutschen Kunst-Kalenders" in Berlin.

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zum Abonnementspreise von 1t Thlr. pränumerando pro Quartal. — Preis
einer einzelnen Nummer 4 Sgr. ohne Kunstbeilage. — Bestellungen nehmen
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bedingungen.

1. Für Deutschland sämmtliche postunstalleii, Buch, und Aunsthandlimgeu.

2. Wir Großbritanien, Amerika und Australien G. Bender's Buch-
handlung und General-Zeitungs-Agentur in London, 8, Little Newport-street
Leicester-sq.

Das Redaktionshurea.il (Wilhelmsstr. 25, Ecke der Puttkammerstr.) ist täglich von 8—10 Uhr Morgens geöffnet.

Inh

Alchandclndcr Artikel: Die Kunst, ihre Stellung zum Leben
und die Kritik. (Fortsetzung).

Korrespondenzen: (ZWien, t5. April. (Ausstellung d. osterr.
Kunstvereins.) — /X Moskau, den 16. April. (Bildung d.
neuen Kunstvereins.) — M. Hamburg, im April. (Kunst-

alt:

zustande; Sammlungen; Kunsthalle).

Knnstchronik: Verschiedene Lokalnachrichten ans Berlin, Köln,
Düsseldorf, Quedlinburg.

Kunstkritik: l. Permanente Gemäldeausstellung von Sachse. —
2. Ausstellung im Lokal des Kunstvereins.

Die Kunst, ihre Stellung zum Leben und die Kritik.

(Fortsetzung.)

Obschon nun die Kunst keine Lehranstalt sein soll und
lediglich durch ihre Unabhängigkeit Kunst wird, so mögen
sich doch ihre Gegner mit dem Tröste beruhigen lassen,
daß man außerordentlich viel von ihr lernen kann und
ihre Lehrkraft mit der Freiheit wächst, mit der Dienstbar-
keit schwindet. Der einfachste, von allen kritischen Distink-
tionen abstrahirende ästhetische Genuß wird zum klaren
Bewußtsein bringen, daß man es hier mit einer gewissen
Vollkommenheit oder doch mit dem aufrichtigsten Streben
nach derselben zu thun hat, und nur eine ganz verstockte
Seele wird dem vortrefflichen Drange, in irgend einer
Art eine ähnliche Vollkommenheit zu erreichen, es fei im
Empfinden, Erkennen oder Handeln, widerstehen können.
Es entwickelt sich damit die Sehnsucht nach einem ver-
nünftigen Denken und Leben, es beginnt die hohe Schule
der Selbsterziehung — das planetarische Licht der Belehrung,
könnte man sagen, geht in das solarische der Idee über.
Ist es durchaus nicht Sache der Kunst, besondere moralische
Grundsätze und Regeln auszusprechen oder eine Anweisung

zur bürgerlichen Tugend zu geben, so leitet sie uns gewiß
an, unsere Gesammtthätigkeit auf das Princip der Vervoll-
kommnung zu gründen und verleiht dadurch etwas Tüchtigeres
als abstrakte Grundsätze, nämlich die Macht der G e s i n n n chg.
Gewissermaaßen nimmt sie hier die Stelle der Geschichte
ein. Die größere Menge besitzt nicht die Fähigkeit, sich
durch historische Beispiele zum Charakter zu bilden, sie
wird immer nur einzelne Geschichten, nicht d i e G e s ch i ch t e,
das zufällige, nicht das nothwendige Faktum auffassen,
daher seltner Wahrheit als Jrrthum, Einsicht als Ansichten
daraus schöpfen und durch das anschanungslose Kompendien-
wesen schwerlich zu tieferen Anschauungen gelangen. Die
Kunst, vorzüglich die Poesie, führt die Begebenheiten als
gegenwärtige und fortschreitende Handlungen auf, sie macht
dieselben dem Beschauer oder Leser pragmatisch bekannt, sie
urtheilt, sie schließt für ihn, sie läßt die verborgenen Trieb-
federn erscheinen und entschleiert das große Gehcimniß,
daß sich die ganze äußere Geschichte auf eine innere, die
politische auf eine moralische, die zeitliche Erscheinung des
 
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