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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 6.1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.13515#0056

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die uns und ihnen gleiche Ehre machen, erst in jüngster
Zeit aufgeklärt. Mit einigen Amerikanern (Mac Lury
und Schwartz) kam Leutze 1841, von Lessing angezogen,
nach Düsseldorf; seit 1859 ist er wieder zurückgekehrt.
Leutze's Färbung ist keck und eigenthümlich; weniger be-
friedigt seine Zeichnung. Seine Gegenstände entlehnte
er anfänglich der Geschichte Amerika's, später auch der
englischen und spanischen Geschichte der Neuzeit. Seine
Entwicklung erfolgte sehr rasch. Eine Reise nach Mün-
chen und Italien beförderte seine Ausbildung, die leider
sehr früh abgeschlossen zu haben scheint, wesentlich. Sei-
nen Ruf begründete „Washingtons Uebergang über den
Delaware im Winter des Jahres 1776", ein wohl arran-
girtes und gut charakterisirtes Bild, dem an Popularität
sich wenig Schöpfungen vergleichen können. 1851 glänzte
es auf der Berliner Ausstellung. Seine ersten Bilder wa-
ren „Kolumbus vor dem hohen Rath zu Salamanca" und
„Kolumbus kettenbeladen nach seiner Rückkehr am Hafen",
von denen ersteres gut charakterisirt war und viel versprach,
während an letzterem nur die Gruppirung zu loben war.
Seine übrigen sehr zahlreichen Bilder sind von sehr un-
gleichem Werth. Besonders gering angeschlagen werden
die der englischen Geschichte speciell den puritanischen Strei-
tigkeiten, entlehnten. Geachteter sind einige andere, dem
Hofleben entnommene Sujets.

Unter den Situations- und Schlachtenmalern Düssel-
dorfs verdient unstreitig Wilhelm Camphausen (geb.
1818 zu Düsseldorf) den Preis, der weniger großartige
Kämpfe als die Nebensachen derselben, historische Reiter-
scenen und ähnliche Dinge mit Glück behandelt hat. Alles
hat bei ihm einen skizzenartigen und darum gerade inter-
essanten Anstrich. Der Farbe ist er wenig Herr; dieselbe
ist nicht selten hart und fällt in's Graue; auch die Gruppi-
rung ist weniger seine Sache, als die Zeichnung im Detail
und eine glückliche Wahl der Situation. Seine Bilder haben
einen durchaus genrehaften Anstich. Besonders beliebt ist er
als Karikaturenzeichner und Mitarbeiter der Düsseldorfer
Monatshefte. Eine Zeit lang huldigte auch er der ro-
mantischen Richtung, so in seinem dreitheilig behandelten
Bilde: Gestern noch auf stolzen Rossen,

Heute durch die Brnst geschossen,

Morgen in das kühle Grab.

Zeichnungen zu „Tristan und Isolde", „Prinz Eugen" und
viele Radirungen gehören hierher. Lebendigkeit und Schärfe
der Charakterisirung zeichnete schon seine früheren Arbeiten
aus dem Schlachtenleben des 30jährigen Krieges bei aller
sonstigen Unsicherheit aus. Eine Reise nach Berlin, Dres-
den, München wirkte auf ihn günstig ein. Als besonders
gelungen können seine Bilder aus der englischen Revolu-
tion bezeichnet werden. Ihnen stehen seine späteren aus
der preußischen Geschichte, die mehr Portraitdarstellungen
sind, ein wenig nach. Im Porträtfach hat sich der Künst-
ler gleichfalls versucht.

Von den jüngeren Kräften sind Adolph Northen,
August Beck und E. Hünten als Schlachtenmaler
aufgetreten. Kampfscenen, besonders aus den Tyroler
Freiheitskämpfen, lieferte der als Oelmaler sehr unfertige
Mathias Artaria aus Mannheim, dessen Zeichnung
um so mehr hervorgehoben wird. Auch anderweitige genre-

artig anfgefaßte Historienbilder hat er geschaffen. Später
besuchte er Spanien, von wo aus er nach Mannheim ging.

Eine melancholisch angelegte Natur war der 1810 zu
Köln geboren und bereits 1850 gestorbene Paul Kie-
derich, dessen Portraits mehr als seine Geschichtsbilder
(„Vergiftungsversuch Peter de Vinni's an Friedrich II.",
„Karl V. im Koster") geschätzt wurden.

Mehr Kompositionstalent, dagegen weniger die Gabe
der Charakteristik besaß der in der Wahl der Stoffe hin-
und herschwankende Wilhelm Bolkhardt (geb. 1815
zu Herdeck), der später nach Italien wanderte.

Auch an solchen Künstlern, die nur vorübergehend in
Düsseldorf weilten, fehlt es Schule nicht. Dahin gehört
Friedr. Martersteig aus Weimar, der später Delaroche's
Schüler wurde. Von Anderen nenne ich I. Gräff, Jak.
Voß, den Polen Knorr und den Dänen Benson. Erst
in Dresden entwickelte sich der wenig geniale aber handwerks-
tüchtige Theob. von Oer aus Münster. Die Schaar
der über die erste romantische Periode nicht hinausgekom-
menen Kleinmeister ist ziemlich bedeutend. Hierher gehört der
sehr zurückgekommene W. Nerenz aus Berlin, der schwan-
kende Gust. Lasinsky aus Coblenz, der Oelillustrator
R. R e n n e r t aus Dortmund, ferner B o t t o m l e y, T e i ch s,
Vogel, Karl Fielgraf und manche Andere.

Unter den jüngeren Kräften erwarb sich Jul. Röting
(geb. 1822) sehr bald den Ruf des besten Porträtmalers
unsrer Zeit. Sein Talent für Charakterzeichnüng verratheu
auch seine größeren Oelbilder wie „Cromwell am Sterbe-
bett seiner Tochter". Durch Fleiß und Sorgfalt im De-
tail und der Ausführung glänzte August Siegelt (geb.
1820 zu Neuwied). Clemens B e w e r (geb. 1820 zu Aachen)
der später in Antwerpen und Paris studirte, war schon
vorher mehr als zu elegant, und haschte bei seinen histo-
rischen Arbeiten nach Lichteffekten. Sehr viel versprach
Otto Knille (geb. 1832 zu Osnabrück) der später in Paris
und München arbeitete und jetzt in Venedig weilt. Er
liebt romantische Stoffe („der todte Cid seine Feinde zer-
streuend", „Totilas", „der Gang einer Nonne zur Einmaue-
rung" rc.). Er ist schon jetzt ein gediegener Zeichner,
komponirt äußerst geschickt, seine Technik läßt wenig zu
wünschen, dagegen um so mehr noch seine Charakteristik
der einzelnen Personen. Auch Georg Bleibtreu und
CH. Sell aus Holstein sind bereits lobend hervorge-
hoben worden.

Die Zahl der Historienmaler Düsseldorfs ist, wie der
Leser sich überzeugt haben wird, eine ziemlich bedeutende.
Bei der individuellen und originellen Anlage der einzelnen
Künstler ist es um so thörichter, sie, wie es leider so häu-
fig geschieht, vornehmer Weise summa summarum abzu-
speisen. Wenn auch nicht alle, die ich gewissenhafter Weise
aufführen und, so weit es thunlich war, charakterisiren mußte,
für die Nachwelt einen bedeutenden Werth behaupten werden,
so ist doch sicher, daß die meisten ihn wenigstens für ihre
Zeit hatten und auch in Zukunft mit Ehren genannt werden
dürfen. L e ssi ng und R et h el werden neben Schwind und
Genelli glänzen und gar viele der übrigen den Malern
Münchens in ihrer Art wenigstens nicht zu weichen brauchen.

Ich wende mich jetzt zu dem religiösen Malern, unter
denen als Haupt der ganzen Richtung Ernst Deg er (geb.
 
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