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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 6.1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.13515#0064

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weht eine Fülle von Poesie, die wie aus einem guten
Gedicht in unsere Seele hinüberklingt und auch dann,
wenn wir lange davon weggetreten, noch harmonisch nach-
tönt. Die Aufgabe, die er sich gestellt, ist die Schilderung
einfacher Lebensmomente einfacher Landleute. Indem er
es versteht, sie einerseits unberührt von gesellschaftlicher
Kultur und Ueberkultur vollkommen naturgemäß sich be-
wegen zu lassen und andrerseits nie das Ideale aus den
Augen zu verlieren, löst er diese seine Ausgabe mit sel-
tener Meisterschaft. Aber es ist nicht allein der glücklich
vermittelte Gegensatz derartiger Schilderungen von in größter
Einfachheit, Unschuld, Reinheit und Natürlichkeit glück-
lich lebenden, in freundlicher Natur waltenden Menschen zu
den verfeinerten und überverfeinerten Verhältnissen unsrer
Städter, es ist nicht dieser poetisch und ästhetisch ausge-
sprochene Gegensatz allein, der seinen Idyllen einen so
ganz cigenthümlichen und fesselnden Reiz verleiht:, es ist
das Gefühl, daß Vo ltz diese Verhältnisse mit unverdor-
benem Gemüthe in sich ausgenommen hat, daß sie mit
seinem Seelenleben völlig Eins geworden sind. Seine
Bursche und Mädchen, seine Greise und Greisinnen, seine
Kühe, Ziegen und Schafe sind nichts weiter als was sie
sein sollen, einfach, wahr, ohne Aufputz und Flitter senti-
mentaler Romantik und doch wieder verklärt vom duftig-
sten Hauche der Poesie. Voltz ist ganz Dichter, voll, von
Wahrheit und natürlicher Grazie. Dazu besitzt er eine
seltene Eigenschaft in hohem Grade: er durchschaut sein
eigenes Wesen mit sicherem Verständnis; ebenso gut wie
das Feld, auf dem er sich bewegt. Es war wohl die
scharfe Charakteristik seiner Werke, welche Kaulbach einst
veranlaßte, ihm zu rathen, er solle sich, die Idylle ver-
lassend, der Thierfabel zuwenden. Gleichwohl und ob-
schon nicht zu bezweifeln steht, daß er in seiner ungewöhn-
lichen Kennniß aller Formen und Eigenthümlichkciten der
Thierwelt ein mehr als genügendes Material hierfür be-
säße, und daß es ihm damit wohl gelänge, unter der
symbolischen Hülle des Jnstiukts der Thiere das Thun
und Treiben der Menschen vorzuführen, so dürfte es
dennoch besser gewesen sein, daß Voltz diesem Rathe nicht
folgte. Er hätte es nur mit Aufopferung der Naivetät
seiner Anschauung thun können und damit nothwendig aus
sich selber herausgehen müssen.

Voltz ist am 31. Oktober 1817 in Nördlingen geboren,
wo sein Vater Johann Michael Voltz, selber ein trefflicher
vielseitigst thätiger Künstler, kurz vorher seinen häuslichen
Heerd gegründet hatte. Voltz verlebte die ersten Jahre
seiner Kindheit in Nördlingen und kam im Jahre 1824,
als sein Vater in Folge eines Geschäftsvertrages mit
dem Kunsthändler Wilhelm nack Augsburg übersiedelte,
ebendorthin. Aber ihr Aufenthalt daselbst währte nicht
lange, den Vater zog die alte Liebe zur Vaterstadt bald
wieder zurück in die gewohnten Kreise. Dem Knaben bot
der Unterricht in den lateinischen Vokabeln wenig Reiz,
dagegen fühlte er sich von Geschichte und Geographie leb-
haft angezogen unv machte in diesen Lehrfächern gute
Fortschritte. Sein Vater, von Jugend auf selber an unaus-
gesetzte Thätigkeit gewohnt, hielt mit Ernst darauf, daß
der Sohn in der Beschäftigung Genuß fände und nahm den-
selben, als er dreizehn Jahre alt geworden, als Schüler

vor, um ihn selbst der Kunst zuzuführen. Daß des Vaters
Unterricht nicht blos ein gutgemeinter, sondern auch ein
gediegener war, beweist die Strenge der Zeichnung, welche
Voltz's Arbeiten charakterisirt. Die Fortschritte des
Sohnes ließen ihn bald zu neuer Technik übergehen, und
schon in einem Alter von 15 Jahren radirte derselbe eine
Folge von zwölf Blättern in Kupfer nach eigenen Zeich-
nungen, in denen er sich die Thätigkeit verschiedener Ge-
werbe zum Vorwurf genommen. Nebenbei blieb noch
immer Zeit genug für des Knaben anderweitige Bildung,
und damals eignete er sich auch die Kenntniß der fran-
zösischen und italienischen Sprache an.

Als sein Vater im Jahre 1833 auf ein paar Wochen
nach München ging, wo er früher schon Albrecht Ad am's
Bekanntschaft gemacht, da erschloß sich dem Kunstjünger,
der ihn begleiten durfte, ein neues Leben, noch reizender
als es ihm die einsamen Wanderungen durch das Ries,
jenen durch scharfe Charakterzeichnung von Land und
Leuten lebhaft anziehenden Strich des schwäbischen Landes
um Nördlingen geboten hatte. So reich beladen mit
Studien Voltz auch meist von dort heimkehrte, dem Vater
waren dieselben um so weniger lieb, als er selbst in der
Historienmalerei das Ideal seines Lebens und Strebens
sah. Im Oktober 1834 bezog Voltz die Akademie zu
München und fand die Art und Weise, wie die Studien
in dem Antikensaale derselben betrieben wurden, wenig nach
seinem Geschmacke. Clemens Zimmermann war damals
von seinen Arbeiten in der Loggia der Pinakothek fast
ausschließlich in Anspruch genommen, Schlotthauer'ö
Richtung stand zu seiner ganzen Neigung wenig in Bezug,
so fand er sich denn ziemlich isolirt. Dagegen war ihm
der Verkehr mit Adam ein sehr anregender und nutz-
bringender.

Im nächsten Frühjahre zog es ihn mit Altersgenossen
in's nahe Hochland, dessen Eigenthümlichkeiten auf sein
empfängliches Gemüth lebhaften Eindruck machten. Aus
jener-Zeit schreibt sich auch sein Hinneigen zu Stoffen
aus dem Alpenlebcu her, welche er viele Jahre hindurch
fast ausschließlich festhielt. Durch fleißige Naturstudien,
in Gemeinschaft mit Albrecht und Benno Adam ge-
macht, eignete er sich umfassende Kenntniß der sicht-
baren Naturerscheinungen an und verkaufte bereits im
Jahre 1836 kleinere Bilder an auswärtige Kunstvereine.
Bon großem Vortheile war namentlich seine Thätigkeit
für die von Muxel in Radirungen herausgegebenen
Kopien aus der berühmten Leuchtenbergischen Galerie,
wobei er vorwiegend Schlachten- und Thierbilder bear-
beitete. Auch im Zeichnen auf Stein übte er sich und
betheiligte sich an dem von Adam herausgegebenen Werke
über die Pferdezucht auf der Insel Alsen mit vielem
Erfolge. Der naiven Anschauungsweise des jungen Künst-
lers konnten die zarten Reize der Umgebung des Würm-
flusses, die einen echt idyllischen Charakter an sich trägt,
nicht entgehen, und es erklärt sich das längere Zeit in
seinen Bildern sichtbare Vorherrschen dieses Elementes aus
dem lebhaften und nachhaltigen Eindrücke jener Natur.
Mit ihm tritt Voltz in ein neues Stadium seiner Kunst:
er wird bukolischer Dichter.

Seine angestrengre Thätigkeit erlaubte ihm nicht, einen
 
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