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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0147

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131

die Lage eines vierten Punktes im Raume bestimmt: er bildet
die Spitze einer dreiseitigen Pyramide, deren Grundfläche
durch jene drei Hauptpunkte bezeichnet wird. Soll nun
z. B. eine Büste punktirt werden, so hat man zunächst auf
dem Marmor die drei hervorragendsten Punkte zu bestini-
inen, die von rer Nasenspitze und den beiden Brustwarzen
gegeben sind. Ist dies mit Hülfe eines Zirkels geschehen,
so sucht man den vierten Punkt, welcher der hervorra-
genste am Hinterhaupte ist und nach dem oben angegebe-
nen Princip durch seine Abstände von den erster» drei ge-
geben wird. Auf diese Weise fährt man fort, unter Mit-
benutzung der neu gewonnenen Punkte zuerst die mehr
hervortretenden, sodann die tiefer liegenden zu bestimmen.

Diese einfachste Methode wendet man an, wenn man
keine Rücksicht auf die Güte des Materials zu nehmen
braucht; bei Marmor jedoch, in welchem sich häufig Flecke
und Adern zeigen, ist es oft nöthig, die ersten drei Punkte
nach begonnener Arbeit tiefer zu setzen; deshalb darf man
den Hinteren noch nicht bestimmen, den man nöthig haben
würde, um andere Punkte au der Vorderseite zu setzen.

Bei größeren und komplicirteren Gegenständen stellt

man Modell und Marmorblock unter zwei gleichen Rah-
men in ganz gleicher Weise auf und mißt von herabhän-
genden Lothen aus die Tiefenmaße. Gleiche Skalenein-
theilungen geben das Mittel, die Lothe an den gleichen
Stellen herunterhängen zu lassen. — Sollen Reliefs punk-
tirt werden, so stellt man Modell und Stein in gleicher
Weise zwischen zwei eisernen Rahmen auf, an denen ein
Schieber entlang geschoben werden kann, an welchem wie-
derum ein Zeiger, der verlängert und verkürzt werden
kann, auf und abbewegt wird. Dieser wird auf einen
Punkt des Modells ausgestellt, worauf man den Schieber
von dem Rahmen des Originals abnimmt und ihn genau
an dieselbe Stelle des Marmors stellt. Der Zeiger giebt
nun an, wie viel noch vom Stein heruntergeschlagen wer-
den muß.")

*) Hier wäre vielleicht noch die Art und Weise anzugeben
gewesen, wie man nach einem bestimmten Modell vergrößerte
oder verkleinerte Kopien nimmt. Auch die Collas'sche Kopir-
maschiene hätte Erwähnung verdient. D. R.

Kunst-Literatur und Album.

Das Schöne ist schwer. Ein am 14. Februar 1863 im
Saal der Harmonie zu Kiel gehaltener Vortrag von
Professor Di-. P. W. Forchha m m e r. Kiel. Ernst
Haman. 1860.

Der Titel dieser kleinen Schrift ist bekanntlich das Thema
für den Dialog des Plato, worin Sokrates mit dem Hippias
„über das Wahre und Schöne" philosophirt. Hiervon geht dcr
Verfasser aus, indem er, an den leitenden Gedanken des Dialogs
ankniivfend, die Hanptansichtcn des Alterthums und einiger Neue-
ren (Winkelmann Schiller u. s. f.) über den Begriff des Ideals
mittheilt, um schließlich seine eigene Ansicht an demselben dahin
zu formuliren, daß das Schöne nur „in uns", also nur etwas
Subjektives sei. Das Ideal definirt er als „die geistige Form",
in der das Schöne „in uns" sei. Philisophisch wird dies nicht
eigentlich erläutert, sondern es wird darüber nur mit steter Ci-
tation von Autoritäten diskurirt. Der allgemein gebildete Laie
— und für solche war ja wohl auch der Dortrag vorzugsweise
bestimmt — wird durch denselben angeregt. Diesen Zweck — in
Ermangelung eines wissenschaftlichen — erreicht daher der Ver-
fasser vollkommen; und hierin liegt zugleich die Empfehlung des
Schriftchens für gebildete Leser ausgesprochen. M. Sr.

Die Kunst und die Künstler des 16., 17. und 18. Jahr-
hunderts^ Biographien und Charakteristiken von
A. Wolfgang Becker. Mit Holzschnitten nach
Zeichnungen von A. Neumaun, G. Kühn u. A.
— Leipzig. (Verlag von E. A. Seemann 2863.)

Das vorbenannte Werk, dessen erste Lieferungen wir be-
reits in Nro 22 des Jahrgangs 1862 unsers Journals be-
sprochen haben, liegt nunmehr in seinem ersten Theil, wel-
ches die Kunst und die Künstler des 16. Jahrhunderts umfaßt,
vollendet vor und läßt demnach ein klares Urthcil über die Grund-
sätze und die Form der Bearbeitung des interessanten Stoffs zu.
Was den ersten, principiellen, Punkt betrifft, so kann cs zunächst
anffallcn, daß der Verfasser in seinen Charakteristiken der ita-
lienischen Künstler nur bis zu einem Punkte zurückgegangcn ist,
der noch immer diesseits der Kulminationsgrcnze der eigentlichen
Blüthezeit der klassischen Malerei liegt, nemlich bis zu den Epi
gonen der großen Meister Raphael und Michelangelo, indem
er die erste Abtheilnng sofort mit den Hauptmeistern der venc-
tianischen Schule (Giorgone, Palma-Becchio, Tizian,
Pordenonc, Tintoretto, Paolo Veronese, Giacomo
Bassano) beginnt, denen er daun die andern Schulen in ihren
Hauptvertrctcrn (Correggio, Andrea bei Sarto, Giulio
Romano, die Carracci und die Naturalisten) folgen läßt,
während er in der zweiten Abtheilnng, welche die deutsche und
niederländische Malerei umfaßt, bis auf die Fundatoren derselben,
namentlich Peter Bischer, Albrecht Dürer, Cranach, H.
Hol dein u. s. w. zurückgeht. Indessen verkennen wir keines-
wegs, daß einerseits Raphael und Michelangelo eine Spe-
cialcharakteristik weniger uothwendig erscheinen lassen, da sie schon

öfter Gegenstand monographischer Untersuchungen gewesen sind,
andrerseits auch eine umfassendere Bearbeitung derselben in Bezug
auf Umfang und Inhalt des Stoffs wahrscheinlich einen nnver-
hältnißmäßig großen Raum beansprucht hätte, so daß die daraus
entspringende Inkonsequenz wenn nicht gerechtfertigt, so doch er-
klärlich scheint. ■— Abgesehen hiervon können wir den Versuch
einer Specialgcschichte derjenigen Künstler, welche meist, weil
sie bereits mehr oder weniger über die Knlminationsgrenze der
klassischcn Malerei hinansliegen, weniger sorgsam behandelt zu
werden Pflegen, nur mit lebhafter Freude begrüßen, zumal wenn
wie hier die Darstellung derselben in die populäre und ansprechende
Form einer Folge biographischer Kiinstlercharakteristiken gefaßt
wird. Denn durch das Fortlassen aller unwesentlichen Erschei-
nungen in dem Entlvicklnngsgauge des künstlerischen Geistes
konnte sich der Verfasser mit um so größerer, so Zusagen epischer
Genauigkeit der Schilderung der interessanten Lebcnsschicksale
einzelner hervorragender Künstler zmvenden und dadurch ein
Bild ihres inner» und äußern Lebens entwerfen, lvclchcs zugleich
eine Fülle von erhellenden Streiflichtern auf die Kulturgeschichte
der betreffenden Zeitabschnitte und Länder werfen mußte.

Auf eine speciell-krittsche Betrachtung des verdienstlichen und
namentlich für Künstler und Laien sehr praktischen Buches müssen
wir verzichten. Wir bemerken nur im Allgemeinen, daß es ver-
ständliche Klarheit in der Darlegung der persönlichen Verhältnisse
der Künstler mit einer nicht selten bis zu dichterischem Schwünge
sich erhebenden Form der Schilderung verbindet, so daß sowohl
die beschriebenen Künstler lvie ihre Knlturumgcbung eine Reihe
lebendiger und anregender Bilder darstellen.

Besondere Anerkennung verdient die xylographische und typo-
graphische Ausstattusig des Werkes, an der die Vcrlagshandlung
nichts gespart hat. Als eine Probe der ersten haben wir hier
das Portrait H Holbeins beigefügt.*) M. Sr.

8uum cuique. Das geistige Eigenthum oder das Urhe-
berrecht an Werken jeder Art u. s. f. gegen Nachah-
mung. Mit einem Gesetzentwurf: Schutz der Werke
der Wissenschaft und Kunst u. s. f. Von Ferdinand
Noll. Viertes-Heft. Berlin; Neichardt und Zan-
der. 1862.

Der durch seine oft, aber leider vergeblich wiederholten Pe-
titionen bei den Kammern, betreffend den Schutz des geistigen
Eigcnthums, bekannte Verfasser legt in dem vorliegenden Heft
seine Gedanken über diesen Gegenstand in Form eines Gesetz-
entwurfes nieder, dem er dann noch „Erläuterungen" folgen läßt.
Das Schriftchen verdient mit Aufmerksamkeit gelesen zu lverden.
Ohne in die Principienfrage cingchen zu wollen, können wir doch
nicht umhin, auf den rcchtslosen Zustand, in dem sich unsere
Künstler gegenüber dem Auslande befinden, hinzuweisen und auf
eine Abhülsc, wie sie in der obigen Schrift vorgeschlagcn lvird,
zu dringen. M. Sr.

*) Siehe Seite 132.
 
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