Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0175

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
159

schasts- und Genremalerei vertreten; in der letzteren be-
kunden sich die strengeren Regeln deutschen Stils und
künstlerischer Komposition und lasten ahnen, welch hohen
Rang die Historienmalerei cinnehmen wurde, wenn sie aus
dem Platze erschienen wäre. In der Landschaftsmalcrei stehen
den Gebrüdern Achenbach würdige Vertreter einer gemllth-
lichcn frischen Naturaustastung zur Seite; auch die ideale
Richtung, welche auf eine harmonische Gcsammtentwicklnng
den Hauptnachdruck legt und das Kolorit und den Effekt
mehr in den Hintergrund stellt, spricht sich in mehreren Bil-
dern aus. Bei de» skandinavischen Künstlern zeigt sich
deutlich der Einfluß der Düsseldorfer Schule. Belgien
und Holland glänzen in dem Zweige, worin ihre kunstge-
schichtliche Bedeutung beruht, in dem Genre, und hier be-
sonders in der Schilderung ländlicher und häuslicher Scenen;
überall Natnrwahrhcit, ein kräftiges Kolorit und eine so
sorgfältige Durchführung bis in die kleinsten Details, daß sie
zuweilen in Effeklsuchcrei ansartet. Inden 17 Schweizer
Ausstellern erkennt man die Scbüler Ealamc's; ei» treues
Verständniß der Alpennatur verbindet sich bei ihnen mit
technischer Gewandtheit und einer naiven Austastung hei-

mischer Zustände. Die slavisch cn Racen schließen sich in
Ermangelung selbstständiger Kunstrichtungen mit der ihnen
eigenen Gewandtheit fremden Schulen, besonders franzö-
sischen, an; nach den Bildern zweier begabten Eleven der
kaiserlichen Akademie zu Petersburg könnte man glauben,
daß dort eine Koloristenschnlc -> in Delacroix herrschend
ist. Italien scheint noch auf seinen im vorigen Jahre in
London errungenen Lorbeeren zu ruhen; die wenigen ita-
lienischen Landschaften und Genrebilder tragen deii^Cha-
rakter des von Mailand ausgehenden realistischen Stils;
ein frisches Anschließen an die Natur ist an die Stelle
cineSnicht mehr lebensfähigen Idealismus getreten. Die bei-
den Vertreter amerikanischer Kunstleistung sind Schüler
französischer Meister. England hat den Eifer, mit dem
alle Nationen an seiner vorjährigen Ausstellung Antheil
nahmen, nicht crwiedert; ein Portrait, ein Genrebild und
drei Landschaften zeigen »ns drei tüchtige Künstler, aber
nicht den Standpunkt der englischen Kunst. Spanien ist
in keiner bestimmten Kunstrichtung vertreten. Frankreich
bietet somit allein ein wenigstens ungefähres Bild von dem
Zustande seiner bildenden Künste. (Forts, folgt.)

Kunst-Institute und Kunst-Vereine.

Archäologische Gesellschaft in Merlin.

Zn der Sitzung vom 5. Mai d. I. erörterte Hr. Friede»
rieh« die seines Erachtens bisher verkannten Kunftmotive zweier
häufig wiederholten griechischen Kunstdarstcllungen. Die von Wel-
ker als Zeugnisse eines von Apoll selbst erkämpften und durch
eine silberne Schaalc belohnten Sieges betrachteten Reliefs glaubte
der Vortragende mit Ablehnung jeder archäologischen Erudition
vielmehr einfach auf einen dem siegreichen Kitharödcn von Nike
gereichten Labetrunk deuten zu müssen; diese beiden Figuren seien
die ursprünglichsten der ganzen Komposition, welche mit dem
durch korinthische Säulen als spät sich bekundenden Tempel und
auch mit den Göttinnen Leto und Artemis erst nachgehends aus-
gcstattct sein möchte. Für die letztere Ansicht ward angeführt,
daß eine schreitende Bewegung der drei Gottheiten nur denjeni-
gen ähnlichen Reliefs ursprünglich sein könne, welche, wie in
dem bei Clarac mit Nr. 122. bezeichneten Relief, den Musen-
gott im Moment schwungreichcn Saitenspicls uns vorführen.
Hiergegen ward eingewandt, daß dieses Relief seinem Stil nach
nicht cigcnthümlichcr als die zahlreichen andern erscheine, sondern
wegen freierer Behandlung für jünger als jene zu halten sei;
andre Bedenken gegen die vorgetragcne Ansicht ivnrdcn von Sei-
ten der Herren Ad lcr und Hübner geäußert. Noch sprach Herr
F. seine Ansicht über die nicht seltenen Bascnbilder eines von
der Siegesgöttin verfolgten Jünglings, solcher, wie eines in der
hiesigen Königl. Sammlung Nr. 855. mit dem als rühmendes
Prädikat zu fassenden Namen des Linos sich findet, dahin aus,
daß die Ucberraschung eines seiner Erfolge sich selbst unbewußten
Siegers darin ihren Ausdruck gefunden habe; die Schwierigkeit,
welches in gewissen ähnlichen Gruppirungcn eines von der Sie-
gesgöttin wirklich gefährdeten Jünglings noch zu beseitigen bleibt,
ward hierbei nicht verkannt. Aus Mitthcilungen, welche dem
Geh. Rath Neigcbaner verdankt werden, nahm Hr. Hiibncr
Anlaß, auch über die in einer nculichcn Schrift vcröstentlichten
Capnanischcn Funde des Oberst-Lieutenants Nevi zu berichten,
denen neben andern wichtigen Inschriften auch eine Scherbe mit
der von Herrn Detlcffen als Töpfername aus republikanischer
Zeit besprochenen und hier iviedcrholten Inschrift X. Atilic cm»
gehört. — Hr. Gerhard sprach über zwei auf die Tödtnng der
Ariadne durch Artemis bezügliche und bereits von Lcop. Schmidt
mit einander verglichene Spiegclzcichnungcn (Etr. Spiegel Taf.
80 und 385), welche bei sonstiger Ucbereinstimmung den Unter-
schied der aus der Odyssee und der ans Pherekydes berichteten
Anfsastung jenes Mythos im Ausdruck der bethciligtcn Gotthei-
ten und auch in Nebenumständen bekunden, dergestalt, daß der
cphenbckränzte Dionysos des einen Bildes füglich als Ankläger
mit Bezug auf Thescus, der lorbcerbckränztc des andern vielmehr
als jürkuttend für die ihm vermählte, aber zum Glan; der Sterne
bestimmte, sterbliche Ariadne gedacht werden kann. — Demnächst
ward die mit Begleitschreiben des Majors Pappazogln zu
Bukarest der Gesellschaft eingesandte Zeichnung eines in dessen
Besitz besmdlichen kostharcn Schwertes vorgclcgt, welches laut

cingcgrabcncr hebräischer Inschrift an Absalon geschenkt und laut
einer andern lateinischen dem Kaiser Titus aus Jerusalem zu-
gesandt worden sein soll. Herr Professor Rüdiger hatte die
Güte gehabt, sich über dies seltene Monument eingehender zu
äußern, dergestalt, daß der Werth desselben anerkannt, der In-
halt der Schrift im Ganzen bestätigt, zugleich aber der nicht sehr
alte Charakter der Schriftzllge bcmerklich gemacht ivorden mar.
— Ein im archäologischen Anzeiger enthaltener Aufsatz: „Zur
Kunstgeschichte der Phönicicr", gab Anlaß, den als Gast anwe-
senden königl. Konsul zu Jerusalem, Herrn Hr. Rosen, über
phönicische Fundorte und Fundgegenstände ;u befragen, statt de-
ren derselbe vielmehr Tarsus, Cypern und einige Orte des in-
nern Syriens als die Fundgruben bezeichnen zu können glaubte,
aus denen der französische Konsul Perretier zu Beyrnt seinen
schätzbaren Kunstbcsitz zu erhalten pflegt. — Aus Rom war die
Aufdeckung eines tarquiniensischcn Grabes berichtet worden, dessen
Wandmalereien, tanzende Figuren darstellend, der vom archäologi-
schen Institut deshalb nach Corncto gesandte Dr. Helbig als
ausgezeichnet durch seltene stilistische Vorzüge anrühmt; eben da-
her war über die an der Via Flaminia bei Prima Porta ge-
fundene, mehr als lebensgroße und sehr eigcnthümlichc Stainc
des Augnstns vorläufige Kunde gegeben. Aus dem Gebiete der
archäologischen Literatur lag der erste Band der durch Muuifi-
ccnz der französischen Regierung veranstalteten Ausgabe der Werke
Borghesi's vor, in welchem außer Borghcsi's Jugendarbeiten
ein großer Theil der numismatischen Dekade» unter Mitwirkung
mehrerer angesehener Fachgcnosscn neu abgedruckt ist. Besondere
Beachtung fand auch die kürzlich erschienene allgemeine Geschichte
der Plastik von W. Lübke, in welcher da« klassische Alterthum
nicht ohne Benutzung der neuesten Forschungen und Abbildungen
behandelt ist. Noch andere Schriften tvarcn von den Herren
Arneth, Cavedoni, Forchhammcr, Nevi undSchwartz
cingegangen und zu dankbarer Kcnntnißnahme vorgclcgt.

Deutscher Ausstellungskalendcr.

1. Ostdeutscher Aylilus- Die Ausstellungen begannen am
15. Decembcr 1882 zu Danzig, am 2. Februar zu Königs-
berg, am I. April zu Stettin und Elbing, am i. Mai zu
Breslau, woran sich Görlitz schließt. Schluß Ende Juni.

2. Westlicher Cylilus. Eröffnung am ill. Februar in
Hannover. Es folgten Magdeburg, Halberstadt, dann
Halle, Gotha, Kassel. (S. Nr. 4 der Dioskuren unter den
Anzeigen.)

3. Der Frager Kniistverci» hat am 12. April eröffnet
(f. Nr. 8. der Dioskuren).

4- Der Hljüringer Kunstverciii hat seine Ausstellung am
15. April in Erfurt eröffnet. Es folgen Zeitz, Jena, Gera,
Grcitz, Sondcrshauscn, Nordhausen, Weimar (siehe
Nr. 6 d. DioSk.)
 
Annotationen