ist es für ihn nutzlos, sich in die Lehren
der Perspektive mit wissenschaftlicher
Gründlichkeit zu vertiefen. Sie werden
seinen Blick für manches schärfen, das
ihm bis dahin unklar und verschwommen
erschien, sie werden ihm ein Neuland, einen
Tummelplatz der Phantasie erschliessen,
von dem er sich nichts träumen Hess.
Derselbe Hauck, von dem soeben die
Rede war, hat ein Buch »Die subjektive
Perspektive« geschrieben, in welchem er
den Versuch macht, die mathematische
Zentralprojektion dem subjektiven Em-
pfinden beim Betrachten der Natur, also
der Art des wahrhaft künstlerischen Sehens,
anzupassen. Dieses Buch ist in doppelter
Hinsicht lehrreich, es zeigt aufs deutlichste,
dass die Zentralprojektion »zwar nicht als
die ausschliesslich berechtigte, aber doch
als die im allgemeinen rationellste Form
der bildlichen Darstellung« angesehen
werden muss, und ferner, dass nur einer,
der ein ziemlich tiefes Verständnis für die
Zentral-Projektion besitzt, imstande ist,
ihre Schwächen bei künstlerischen Dar-
stellungen in genialer Weise zu umgehen.
Nur wer eine Sache halb kennen ge-
lernt hat, fühlt sich durch sie beengt, ist
unfrei und geneigt, sie zu verurteilen. Es
. ist z. B. bekannt, dass
die grössten Feinde
der Stenographie die-
jenigen Personen sind,
die sich nur vorüber-
gehend mit ihr befass-
ten, ohne bis zur völlig
mechanischen Beherr-
schung der Wortbilder
gelangt zu sein. Ge-
nau so ergeht es vielen
Kunstjüngern mit den
Lehren der Perspek-
tive. — Die Ursache
für die so weit ver-
breitete Unkenntnis
auf dem Gebiete einer
so interessanten, nütz-
lichen Wissenschaft
und fürden
Hass man-
cherKünst-
ler gegen
die Per-
spektive
liegt, wie
ich glaube,
in der
durchaus
verkehrten
Art und
Weise, wie
sie an Kunstakademien meist gelehrt wird.
— Da man weiss, dass der Architekt
häufig perspektivische Ansichten seiner
architektonischen Entwürfe aufzureissen
hat, so glaubt man, er sei die zum Unter-
richterteilen auf diesem Gebiete geeig-
netste Person. Er wird fast immer als
die höchste Instanz in allen perspektivi-
schen Fragen angesehen. Man übersieht
aber dabei oder man weiss nicht, dass
der Architekt sich einer äusserst ein-
seitigen, für Maler ganz und gar unprak-
tischen Methode bedient, und dass seine
perspektivischen Kenntnisse sich nur
selten auch auf die mathematische Dar-
stellung von Körpern in »allgemeinster«
Lage erstrecken. Der
Architekt stützt sich bei
allen seinen Konstruk-
tionen auf das Vor-
handensein von Grund-
und Aufriss des in Per-
spektive zu setzenden
Gebildes, und er hat
es fast nur mit soge-
nannten »speziellen«
Fällen, mit Senkrech-
ten, mit Wagrechten u.
mit rechten Winkeln
zu tun. •— Der Maler
aber bedarf einer Me-
thode, die ihn instand
setzt, ohne viel Feder-
lesens, womöglich frei-
händig jedes Phan-
der Perspektive mit wissenschaftlicher
Gründlichkeit zu vertiefen. Sie werden
seinen Blick für manches schärfen, das
ihm bis dahin unklar und verschwommen
erschien, sie werden ihm ein Neuland, einen
Tummelplatz der Phantasie erschliessen,
von dem er sich nichts träumen Hess.
Derselbe Hauck, von dem soeben die
Rede war, hat ein Buch »Die subjektive
Perspektive« geschrieben, in welchem er
den Versuch macht, die mathematische
Zentralprojektion dem subjektiven Em-
pfinden beim Betrachten der Natur, also
der Art des wahrhaft künstlerischen Sehens,
anzupassen. Dieses Buch ist in doppelter
Hinsicht lehrreich, es zeigt aufs deutlichste,
dass die Zentralprojektion »zwar nicht als
die ausschliesslich berechtigte, aber doch
als die im allgemeinen rationellste Form
der bildlichen Darstellung« angesehen
werden muss, und ferner, dass nur einer,
der ein ziemlich tiefes Verständnis für die
Zentral-Projektion besitzt, imstande ist,
ihre Schwächen bei künstlerischen Dar-
stellungen in genialer Weise zu umgehen.
Nur wer eine Sache halb kennen ge-
lernt hat, fühlt sich durch sie beengt, ist
unfrei und geneigt, sie zu verurteilen. Es
. ist z. B. bekannt, dass
die grössten Feinde
der Stenographie die-
jenigen Personen sind,
die sich nur vorüber-
gehend mit ihr befass-
ten, ohne bis zur völlig
mechanischen Beherr-
schung der Wortbilder
gelangt zu sein. Ge-
nau so ergeht es vielen
Kunstjüngern mit den
Lehren der Perspek-
tive. — Die Ursache
für die so weit ver-
breitete Unkenntnis
auf dem Gebiete einer
so interessanten, nütz-
lichen Wissenschaft
und fürden
Hass man-
cherKünst-
ler gegen
die Per-
spektive
liegt, wie
ich glaube,
in der
durchaus
verkehrten
Art und
Weise, wie
sie an Kunstakademien meist gelehrt wird.
— Da man weiss, dass der Architekt
häufig perspektivische Ansichten seiner
architektonischen Entwürfe aufzureissen
hat, so glaubt man, er sei die zum Unter-
richterteilen auf diesem Gebiete geeig-
netste Person. Er wird fast immer als
die höchste Instanz in allen perspektivi-
schen Fragen angesehen. Man übersieht
aber dabei oder man weiss nicht, dass
der Architekt sich einer äusserst ein-
seitigen, für Maler ganz und gar unprak-
tischen Methode bedient, und dass seine
perspektivischen Kenntnisse sich nur
selten auch auf die mathematische Dar-
stellung von Körpern in »allgemeinster«
Lage erstrecken. Der
Architekt stützt sich bei
allen seinen Konstruk-
tionen auf das Vor-
handensein von Grund-
und Aufriss des in Per-
spektive zu setzenden
Gebildes, und er hat
es fast nur mit soge-
nannten »speziellen«
Fällen, mit Senkrech-
ten, mit Wagrechten u.
mit rechten Winkeln
zu tun. •— Der Maler
aber bedarf einer Me-
thode, die ihn instand
setzt, ohne viel Feder-
lesens, womöglich frei-
händig jedes Phan-