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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Stettiner, Richard: Motiv-Vorsatz-Papiere von Wilh. Rauch - Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0093

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ENTWURF:

O. SCHWINDRAZHEIM.

AUSFÜHRUNG: WILH. RAUCH—HAMBURG.

Motiv-Vorsatz-Papiere von Wilh. Rauch - Hamburg.

Die Pariser Welt-Ausstellung 1900 hat U
die Anregung zu Rauchs Tätigkeit"
als Verfertiger von künstlerischen Buch- ,
Einbänden gegeben. Die Sendung von Ham- '•
burgischen Handwerkern nach Paris auf
Staatskosten war nicht, wie das sonst vor-
kommen soll, eine kostenfreie Vergnügungs-
reise. Die gut durchdachte Organisation,
vor allem die kundige vom Guten rückhalt-
los enthusiasmierte Führung, bewirkte eine
verständnisvolle Aufnahme des Gebotenen,
ein bescheidenes Lernen wollen, eine keimen-
reiche Begeisterung. Rauchs Tätigkeit seit
1900 ist ein Beispiel der gesunden Treib-
kraft dieser Keime. Allerdings denkbar gute
Vorbedingungen: ein seit Generationen ge-
übtes Handwerk, eine gute geschäftliche
Grundlage, eine sichere Beherrschung auch
der schwierigeren Techniken, wie Hand-
vergoldung, Lederauflage, Marmorierung.
Vor allem aber war die geistige Kultur vor-
handen, das Höchste in dem erwählten
Handwerk leisten zu wollen, nicht oder nicht
nur des geschäftlichen Vorteils wegen, son-
dern um dem eigenen Bewusstsein zu ge-
nügen. Dabei war Rauchs Ehrgeiz stark
genug, ihn vor direkter Stilnachahmung zu
bewahren, stark genug aber auch seine
Selbsterkenntnis, um ihn davor zu schützen,
sich über sein Können hinaus als schaffenden
Künstler aufzuspielen. Mit Recht hat es
einer seiner Kritiker lobend hervorgehoben,
dass man von einem »Rauchschen Stil«
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Inicht eigentlich sprechen könne; ein Buch-
' binderstil ist in der Regel nur eine Manier,
eine einförmige Wiederholung gewisser ästhe-
tischer Tricks. Natürlich muss die Persön-
lichkeit des Buchbinders stark genug sein,
um dem entwerfenden Künstler bei jeder
Arbeit den anleitenden Gedanken zu geben,
er darf nicht ausschliesslich zum geschickten
technischen Ausführer hinabsinken und so
wird bei aller Mannigfaltigkeit der Arbeiten
doch in der Gesamtheit derselben eine ge-
meinschaftliche Note vorhanden sein müssen.
Ich will hier nicht die Behauptung aufstellen,
dass Rauch dieses Ziel der Geschmacks-
Einheit seiner Arbeiten bereits erreicht hat,
aber ich weiss bestimmt, dass er auf dem
besten Weg zu diesem Ziel ist.

Die Technik der Handmarmorpapiere ist
für Rauch seit langer Zeit eine vertraute;
seit 1895 ist er Lehrer derselben an der
Hamburgischen Fachschule. Seit 1900 folgt
er den Anregungen Leistikows, Eckmanns
und anderer, und ist bestrebt, für seine prak-
tischen Zwecke Papiere von selbstgefundenen
koloristischen Reizen zu verfertigen. Eines
dieser sein er » Phantasie-Marm orpapiere «wurde
Oktober 1903 in dieser Zeitschrift veröffent-
licht. Vor zirka zwei Jahren kam dann
Rauch auf die Idee, ob zur Farbe nicht
auch die Form treten könne, ob nicht auch
nach dieser Richtung Anklänge an. die Natur
hervorgerufen werden könnten. Er tat sich
zu gemeinsamer Arbeit mit Oscar Schwind-
 
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