Sascha Schneider auf der Dresdner Kunst-Ausstellung.
mit christlicher Rüstung. Jahre vergingen,
man hörte hie und da von grossen Arbeiten,
die Schneider da und dort gemacht haben
sollte, einige Künstler versicherten, diese
Werke seien hochbedeutend, andere behaup-
teten, sie seien elende Mache, Schneider
habe keinen Farbensinn, er sei besser bei
der Kohle geblieben usw. Das grosse Publi-
kum blieb davon
ganzunberührt; einige
grössere Gemälde, die
die Ausstellungen
durchreisten,änderten
daran nichts. Seinen
Grund hat dieses in
dem Umstände, dass
Schneider, obwohl er
äusserlich in Technik
und Geist derselbe
geblieben zu sein
schien, ein anderer
geworden war. Da
er in sich gestärkt
und gekräftigt war,
begann er sich nun
mit der Welt zu be-
schäftigen und er ge-
riet dabei in tiefes
Sinnen. Was ist
Wahrheit, was ist Ge-
schichte, fragte er sich
wieder und wieder
und noch vieles an-
dere, bis er Antwort
fand. Seine Ant-
worten hat er künst-
lerisch festgelegt —
sie waren es, an denen das Publikum achsel-
zuckend vorübereilte. Der Ringende war
ihm interessant gewesen, der Sinnende —
war ihm unverständlich. —
Das war für Schneider schmerzlich, aber
es entmutigte ihn nicht einen Augenblick,
er schuf weiter und zwar mit einer Wucht
und Kraft, die fast unglaublich erscheint.
Die heurige Dresdner grosse Kunstausstellung
liefert den Beweis. Man hat es von jeher
verstanden in Dresden, gute Ausstellungen
zu machen und man hat es auch in diesem
Jahre wieder verstanden. So gab man denn
5°
SASCHA SCHNEIDER.
an Schneider einen eigenen Saal. Schneider
hat diesen Saal nicht angefüllt, er hat ihn
ganz erfüllt mit seiner machtvollen Persön-
lichkeit und nur mit Bewunderung kann man
in dem Dämmer des ernsten Raumes unter-
scheiden. Und wie sieht diese Persönlich-
keit aus? Aus dem Ringenden und dem
Sinnenden ist ein Singender geworden und
damit ist ihr die
letzte Weihe zur
echten Künstlerschaft
gegeben. Schneider
ist zum Manne heran-
gereift, er ist ein
grosser bedeutender
Mensch geworden,
der dieWelt von hoher
Warte mit eigenen
Augen sieht und auf
eigene Weise dar-
stellt, wie sie ist
oder wie sie werden
muss, er ist ein Kün-
diger geworden des
ewig alten und ewig
neuen Menschen-
Ideals : Grosse, freie
Seelen in schönen,
starken Körpern.
Ganz und gar hat
ihn dieses Ideal er-
griffen und er singt
von ihm mit der ihm
eigenen dramatischen
Begeisterung, in stolz
heroischen Tönen, in
seiner ureigensten
Sprache, die immer fesselt und immer packt
mit ihrem echten heiligen Pathos. Sein Höhen-
menschen-Ideal ist dem Nietzsches nahe ver-
wandt; man ist versucht unter manche seiner
Blätter Worte Zarathustras zu setzen, und doch
ist Schneider nicht direkt von dem grossen
Dichterphilosophen beeinflusst, der Zeitgeist
pflegt eben seinen Ausdruck oft in verschie-
denen Gestalten zu finden und auf verschie-
denen Gebieten zu zeigen. Mit den christ-
lichen Gestalten, die seine Jugendwerke
durchziehen, hat Schneider gebrochen, er
brauchte ihrer nicht in dem neuen Lande
Studie.
mit christlicher Rüstung. Jahre vergingen,
man hörte hie und da von grossen Arbeiten,
die Schneider da und dort gemacht haben
sollte, einige Künstler versicherten, diese
Werke seien hochbedeutend, andere behaup-
teten, sie seien elende Mache, Schneider
habe keinen Farbensinn, er sei besser bei
der Kohle geblieben usw. Das grosse Publi-
kum blieb davon
ganzunberührt; einige
grössere Gemälde, die
die Ausstellungen
durchreisten,änderten
daran nichts. Seinen
Grund hat dieses in
dem Umstände, dass
Schneider, obwohl er
äusserlich in Technik
und Geist derselbe
geblieben zu sein
schien, ein anderer
geworden war. Da
er in sich gestärkt
und gekräftigt war,
begann er sich nun
mit der Welt zu be-
schäftigen und er ge-
riet dabei in tiefes
Sinnen. Was ist
Wahrheit, was ist Ge-
schichte, fragte er sich
wieder und wieder
und noch vieles an-
dere, bis er Antwort
fand. Seine Ant-
worten hat er künst-
lerisch festgelegt —
sie waren es, an denen das Publikum achsel-
zuckend vorübereilte. Der Ringende war
ihm interessant gewesen, der Sinnende —
war ihm unverständlich. —
Das war für Schneider schmerzlich, aber
es entmutigte ihn nicht einen Augenblick,
er schuf weiter und zwar mit einer Wucht
und Kraft, die fast unglaublich erscheint.
Die heurige Dresdner grosse Kunstausstellung
liefert den Beweis. Man hat es von jeher
verstanden in Dresden, gute Ausstellungen
zu machen und man hat es auch in diesem
Jahre wieder verstanden. So gab man denn
5°
SASCHA SCHNEIDER.
an Schneider einen eigenen Saal. Schneider
hat diesen Saal nicht angefüllt, er hat ihn
ganz erfüllt mit seiner machtvollen Persön-
lichkeit und nur mit Bewunderung kann man
in dem Dämmer des ernsten Raumes unter-
scheiden. Und wie sieht diese Persönlich-
keit aus? Aus dem Ringenden und dem
Sinnenden ist ein Singender geworden und
damit ist ihr die
letzte Weihe zur
echten Künstlerschaft
gegeben. Schneider
ist zum Manne heran-
gereift, er ist ein
grosser bedeutender
Mensch geworden,
der dieWelt von hoher
Warte mit eigenen
Augen sieht und auf
eigene Weise dar-
stellt, wie sie ist
oder wie sie werden
muss, er ist ein Kün-
diger geworden des
ewig alten und ewig
neuen Menschen-
Ideals : Grosse, freie
Seelen in schönen,
starken Körpern.
Ganz und gar hat
ihn dieses Ideal er-
griffen und er singt
von ihm mit der ihm
eigenen dramatischen
Begeisterung, in stolz
heroischen Tönen, in
seiner ureigensten
Sprache, die immer fesselt und immer packt
mit ihrem echten heiligen Pathos. Sein Höhen-
menschen-Ideal ist dem Nietzsches nahe ver-
wandt; man ist versucht unter manche seiner
Blätter Worte Zarathustras zu setzen, und doch
ist Schneider nicht direkt von dem grossen
Dichterphilosophen beeinflusst, der Zeitgeist
pflegt eben seinen Ausdruck oft in verschie-
denen Gestalten zu finden und auf verschie-
denen Gebieten zu zeigen. Mit den christ-
lichen Gestalten, die seine Jugendwerke
durchziehen, hat Schneider gebrochen, er
brauchte ihrer nicht in dem neuen Lande
Studie.