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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Frank, W.: Ein neuer Raum der Vereinigten Werkstätten in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0089

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b. v. hornstein—charlotten burg.

Möbel des nebenstehenden Teeraumes.

Ein neuer Raum der Vereinigten Werkstätten in München.

TEEZIMMER nennt sich das entzückende
kleine Kunstwerkchen in hell gebeiztem
Ahornholz, das B. von Hornstein (Atelier
Patriz Huber) für Freiherrn von Staufenberg
entworfen hat. Die Ausführung stammt von
den »Vereinigten Werkstätten« in München.
Der ganze Raum gibt mit seinen hellen,
sonnigen Farben, den vergitterten Sofalehnen,
der kargen Mattenpolsterung gleich zu er-
kennen, dass es die Gäste nur zu kurzem
Aufenthalt beherbergen will; daher das
Leichte, Flotte, fast Primitive seiner Linien,
daher die beinahe improvisiert anmutende
Arbeit der Möbel, die hie und da an Garten-,
Vorraum- oder Veranda - Möbel
denken lassen. Man könnte fast
sagen, der Künstler habe sich
hier vom Geiste des feinen,
espritvollen Getränkes schöpfe-
risch anregen lassen, welches hier
aus eleganten, papierdünnen Por-
zellanschalen genossen werden
soll. Wieder ein Beispiel der
weitgehenden Individualisierung
des Raumes, vermittelst deren
die heutige Innenkunst das wohl-
habende Wohnhaus zu einer

Reihe abwechslungsreichster
Wandelbilder gestaltet, deren
jedes über ein eigenes, diskretes
Stimmungs-Element verfügt. —
Die fünf Beine des Tisches
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sind wie elastische Stahlbögen unter der
Platte zu einer nicht sehr grossen Stützfläche
zusammengefasst, während sie unten etwas
auseinanderstreben, und machen so den Ein-
druck einer lebendigen, aber gefesselten
Kraft, der angenehm auf das Auge wirkt.
Die Stühle lassen in ihrem Aufbau deutlich
und pikant die einfache Werkform erkennen.
Die zweisitzigen, hinten mit vergitterter
Lehne versehenen Sofas, das kleine, niedrige
Anrichtetischchen, das halbrunde Zierschränk-
chen — alles erscheint ausserordentlich leicht
und gefällig und zeichnet sich durch die Ab-
wesenheit jedes indiskreten Zierrats vorteilhaft
aus. Das Innere des Zierschränk-
chens, in rotem Mahagoni ausge-
führt, trägt einen pikanten, war-
men Ton in all dieses Helle und
Heitere hinein. Vorzüglich passen
in das Milieu der englische ge-
flochtene Polsterstuhl und der aus
weiss lackiertem Schmiedeeisen
gefertigte Blumentisch hinein,
dessen niedriges Geländer zart
getönte dekorative Einsätze
(Vögel) in Orange und Grün auf-
weist. Der ganze Raum ist von
fast lyrischer Zartheit, ein heite-
res, improvisiertes Epigramm, ein
Bonmot in Holz, wie es sich für
einen solchen Luxusraum nicht
anders schickt. — w. frank.
 
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