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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Perzyński, Friedrich: Walther Schmarje
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0258

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Walther Schmarje.

ich mit Vergnügen hinzufüge, nicht als ein-
ziger unter unseren Medailleuren) zu einer
viel versprechenden gesunden Entwicklung
zu führen. Schmarje knüpft an antike Relief-
auffassung an, mit deren Hilfe einer der
grössten Bas-Reliefbildner aller Zeiten, Dona-
tello, so feine Wirkungen erzielt hat, und
die darauf hinausgeht: vor einem gleich-
mässig flachen Grunde flache, auf die Hälfte
oder ein Drittel des wirklichen Volumens
zusammengepresste Körper so sich abheben
zu lassen, dass der Betrachter nicht den Ein-
druck eines plattgedrückten Leibes, sondern
den gerundeter Körper mit natürlichem Vo-
lumen erhält. Überlegt man, dass die Schicht,
in der die körperliche Darstellung entwickelt
wird, nur wenige Centimeter dick ist und
dass die höchsten Profile in einer Ebene
liegen müssen (weil das Auge sonst an einem
herausstehenden Punkte hängen bleibt), so
wird man die Schwierigkeit der Formbehand-
lung im Relief ermessen können.

Es leuchtet ohne weiteres ein, dass die
Vorstellung des Kubischen bei so grosser
Beschränkung des plastischen Volumens nur
mit Hilfe einer den Augenabstand genau
berücksichtigenden und dabei doch subtilen
Zeichnung erreicht werden kann. Man be-
trachte daraufhin den prächtigen Avers der
Medaille Schmarjes zur Weihe des Poly-
technikums in Danzig, mit deren Entwurf
der Künstler erfreulicher Weise von unserem
Kultusministerium betraut wurde. Auf diesem
Avers ist mit ausserordentlich geringem
»Fleisch« durch die den Eindruck des Ge-
rundeten hervorrufende zeichnerische Durch-
bildung aller Partien die Impression einer

plastisch greifbaren Körperlichkeit erzielt.
Dass ein ungewöhnlicher Fleiss zu einer
solchen zeichnerisch-plastischen Kleinarbeit
gehört, wird selbst ein wenig geschultes
Laienauge von diesem Flachrelief mühelos
ablesen.

Von Schmarjes ersten Arbeiten bis zu
dieser in letzter Zeit entstandenen Schau-
münze ist ein grosser Schritt. Harte Ent-
wicklungsjahre haben die Reife des Künstlers
wohl verzögert, aber nicht gehemmt. Einer
in unserer Zeit seltenen künstlerischen Aus-
dauer, der Einsicht, dass die geringste mit
Selbstverantwortungs-Gefühl unternommene
Arbeit mächtig fördert, verdankt Schmarje
den Erfolg, der sich langsam einzustellen
scheint (der Künstler erhielt vor kurzem den
Rom-Preis).

Was wir brauchen, sind keine Virtuosen,
sondern ernste und tüchtige Kräfte, die
unsere ästhetischen Anschauungen in feste
und gediegene Bahnen lenken. Geistesblitze
werden in unseren Tagen gerade genug
produziert. Sie wirkungsvoll auf Marmor
oder Bronze zu übertragen, ist die Aufgabe
des Genies. Mit ihm zu rechnen in einer
Zeit, wo falsches Pathos und schülerhafter
Formensinn sich auf unseren öffentlichen
Plätzen, auf unseren Giebeln und in unseren
Häusern breit machen, heisst Verblendung.
Und weil nur ein hohes Maß allgemeiner
Tüchtigkeit und innerer Selbständigkeit uns
eine gesunde Blüte der Plastik bescheren
kann, muss uns die ehrliche Kunst Schmarjes,
mag sie auch noch manche Schwere auf-
weisen, von Herzen willkommen sein.

FRIEDRICH PERZYNSKI—CHARLOTTENBURG.

Waltlicr

Schmarje.
 
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