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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Jaumann, Anton: Vereinfachen und Stilisieren
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0274

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Vereinfachen und Stilisieren.

lNS VOLLMER—WIEN,

Grabmal, angekauft.

Zeichnung. Damals schon hatte das Orna-
ment einen zweifachen Ursprung. Teils waren
es einfache geometrische Gebilde, wie sie
durch Material und Technik veranlasst wur-
den, so die ersten Webemuster, die einge-
kritzelten Striche auf den Töpfereien; eine
andere Art aber entwickelte sich aus ehedem
naturalistischen Zeichnungen durch fortschrei-
tende Vereinfachung und Stilisierung: Das
Lotosornament in Ägypten, Palmette, Akan-
thus und anderes in Griechenland. Auch in
unseren Tagen, wo das Ornament so üppig
wuchert, ist es aus einem doppelten Keim
entsprossen, und gibt diese verschiedene
Herkunft noch jetzt zu erkennen: Da ist es
auf der einen Seite die abstrakt-geometrische
Art der Belgier mit dem einflussreichen
van de Velde an der Spitze, die feierliche
Linienkunst von Behrens und seiner Schule
und die kapriziösen geometrischen Gebilde
der Wiener — auf der andern Seite das
Pflanzen- und Tierornament, angeregt seiner
Zeit durch die virtuosen japanischen Holz-
schnitte, durch die ersten Stickereien von

Obrist, durch Zeichnungen von Eckmann
und manche andere. Denselben Weg nun,
den einst die Lotosblume zu gehen hatte, bis
sie Ornament ward, mussten und müssen
auch heute diese zahllosen Pflanzen und Tiere,
die wir verwenden, bei ihrer Ornament-
werdung machen. Ein blosses Steifmachen
tut es da nicht; auch nicht das Umpausen um
die Mittelachse; mögen wir das ganze Ge-
bilde aus lauter Geraden und Quadraten zu-
sammensetzen, oder den beliebten modernen
Schwung hineinlegen — es wird kein Orna-
ment. Auch damals bei der Stilisierung der
Lotosblume, war eine schwierigere, künst-
lerische Arbeit zu leisten als blosses Weg-
lassen von Einzelheiten oder symmetrische
Anordnung. Stilisierung verlangte, wie sie
auch jetzt noch verlangt, das Neuerfinden
einfacherer Gebilde, in denen eine beschränkte
Anzahl von den Kräften des Naturvorbildes
in strengerer Ordnung sich auslebt.

AUG. SCHIFFER—DÜSSELDORF.

Ein I.—II. Preis.
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