Vereinfachen und Stilisieren.
elisabeth schmiut-pecht—konstanz.
Schwarzwälder Töpfereien.
ornamentalen Bedürfnissen entsprechen; wir
können weglassen, was überflüssig, und das
betonen, was dem Ausdruck der Funktion
dienlich. Grösste Willkür im Zusammen-
stellen von Teilen verschiedener Pflanzen
erscheint nicht als Willkür oder Gewalttätig-
keit, sofern im so geschaffenen Ornament
die fremden Teile wieder in gegenseitige
Beziehung gebracht und zu einer neuen Ein-
heit verbunden worden sind. Das muss der
Zeichner gelernt haben, seine Gebilde ebenso
organisch und in sich einheitlich und ver-
ständlich zu gestalten, wie es die der Natur
sind. Seine Phantasie wird ihm dann Pflanzen
und Tiere erfinden, die auch in der Natur
möglich wären, und nicht selten wird er den
Geschöpfen seiner Phantasie beim Durch-
blättern eines botanischen oder zoologischen
Werkes wieder begegnen. Die Natur ist ja
so unglaublich reich an Formen, und es gibt
kaum eine Kombination von Masse, Kräften,
Funktionen, für die sie nicht Beispiele auf-
wiese. Aber sie ist uns nicht nur in ihrer
unerschöpflichen Erfindsamkeit ein Vorbild,
auch im Verarbeiten der Elemente, im Vor-
trag, zeigt sie sich als wahre Künstlerin.
Alles, was sie sagt und schreibt, hat Form,
Charakter; rhythmisch baut sie die Massen,
Rhythmus beherrscht ihre Tätigkeiten; be-
sehen wir z. B. so ein Zittergras oder eine
Haferähre: Wie elegant und graziös wird da
die Arbeit getan, die Arbeit des Tragens der
Ähren, des Umschliessens der Körner. Das ist
nicht das Tagelöhnerwerk eines, der schlecht
und recht seine Arbeit liefert; man spürt
so etwas wie eine innere Anteilnahme und
eine Freude, die künstlerisch die Arbeit hebt
und adelt. Soll unser Ornament nicht hinter
der Natur zurückbleiben, so muss es von
unserer Freude erzählen; der Charakter des
Schöpfers wird ihm seinen Stempel auf-
drücken, und der Rhythmus seiner Persön-
lichkeit im Zug der Linien und im Bau der
Massen weiterklingen. Schliesslich sind ja
auch wir Menschen Glieder der Natur. Die
gleichen Kräfte getalten die Blumen des Früh-
lings und den jugendlichen Menschenkörper
zu Wundern der Schönheit. Derselbe Form-
drang bestimmt das Wachstum der Pflanze,
wie das Schaffen des Künstlers, a. jaumann.
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elisabeth schmiut-pecht—konstanz.
Schwarzwälder Töpfereien.
ornamentalen Bedürfnissen entsprechen; wir
können weglassen, was überflüssig, und das
betonen, was dem Ausdruck der Funktion
dienlich. Grösste Willkür im Zusammen-
stellen von Teilen verschiedener Pflanzen
erscheint nicht als Willkür oder Gewalttätig-
keit, sofern im so geschaffenen Ornament
die fremden Teile wieder in gegenseitige
Beziehung gebracht und zu einer neuen Ein-
heit verbunden worden sind. Das muss der
Zeichner gelernt haben, seine Gebilde ebenso
organisch und in sich einheitlich und ver-
ständlich zu gestalten, wie es die der Natur
sind. Seine Phantasie wird ihm dann Pflanzen
und Tiere erfinden, die auch in der Natur
möglich wären, und nicht selten wird er den
Geschöpfen seiner Phantasie beim Durch-
blättern eines botanischen oder zoologischen
Werkes wieder begegnen. Die Natur ist ja
so unglaublich reich an Formen, und es gibt
kaum eine Kombination von Masse, Kräften,
Funktionen, für die sie nicht Beispiele auf-
wiese. Aber sie ist uns nicht nur in ihrer
unerschöpflichen Erfindsamkeit ein Vorbild,
auch im Verarbeiten der Elemente, im Vor-
trag, zeigt sie sich als wahre Künstlerin.
Alles, was sie sagt und schreibt, hat Form,
Charakter; rhythmisch baut sie die Massen,
Rhythmus beherrscht ihre Tätigkeiten; be-
sehen wir z. B. so ein Zittergras oder eine
Haferähre: Wie elegant und graziös wird da
die Arbeit getan, die Arbeit des Tragens der
Ähren, des Umschliessens der Körner. Das ist
nicht das Tagelöhnerwerk eines, der schlecht
und recht seine Arbeit liefert; man spürt
so etwas wie eine innere Anteilnahme und
eine Freude, die künstlerisch die Arbeit hebt
und adelt. Soll unser Ornament nicht hinter
der Natur zurückbleiben, so muss es von
unserer Freude erzählen; der Charakter des
Schöpfers wird ihm seinen Stempel auf-
drücken, und der Rhythmus seiner Persön-
lichkeit im Zug der Linien und im Bau der
Massen weiterklingen. Schliesslich sind ja
auch wir Menschen Glieder der Natur. Die
gleichen Kräfte getalten die Blumen des Früh-
lings und den jugendlichen Menschenkörper
zu Wundern der Schönheit. Derselbe Form-
drang bestimmt das Wachstum der Pflanze,
wie das Schaffen des Künstlers, a. jaumann.
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