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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Agnoletti, Fernando: The Hill-House Helensburgh: erbaut von Architekt Charles Rennie Mackintosh
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0364

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Fernando Agnoletti—Glasgow:

Charles rennie mackintosh—Glasgow. Kamin aus dem Wohnzimmer.

wohnbares Haus verlangt, richtig zu er-
fassen, die ihn befähigt, für jeden einzelnen
Fall die passendste Lösung zu finden und
so durch individuelle Gestaltung aller Ob-
jekte den Charakter seiner Kunst über das
ganze Werk zu verbreiten. Das Hill-House
ist ein deutlicher Beweis von Mackintoshs
grosser, allesumfassender Kunst; doch es
würde noch bedeutend ausdrucksvoller sein,
wäre der Garten nicht verdorben und das
ganze Haus in vollständiger Ubereinstimmung
mit dem ursprünglichen Plane des Künstlers
ausgestattet worden. Ein Künstler, der
ein Haus als Kunstwerk entwirft, vom
Dach bis zum Keller, vom Schellenknopf
bis zum Piano des Wohnzimmers, dürfte
wohl auch verlangen, dass seine Idee
in jedem Teile durchgeführt werde, selbst
in der Möbelausstattung. Wie könnte er
prächtige Innenwände und schöne Kamine
erdenken, ohne zugleich eine Ubereinstim-
mung dieser mit den Teppichen, den Stühlen,
den Lampen, den Tischen, den Spiegeln etc.
zu erstreben ? Die Architekten vergangener
Zeiten waren in mancher Beziehung ent-

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schieden glücklicher als unsere heutigen.
Wenn Leon Battista oder Michel Angelo
zeigen wollten, wie eine Villa auf einem
toskanischen Hügel im Abendlicht erglühen
sollte, wie eine Loggia gemacht sein müsse,
»Aperta ad accolgier l'aria come chi respira«,
so wussten sie auch, dass nur Künstler zur
Ausführung der nötigen Möbel und Wand-
Dekorationen der Skulpturen, der Kamine
und des Bildwerks der Decken herangezogen
werden würden, und dass diese Maler und
Kunsthandwerker den Wink des Meisters
beachten und ihm gehorchen würden. Aber
heute, wo in den meisten Fällen der Auf-
traggeber die Fertigstellung seines Hauses
einem Tapezier oder bestenfalls einem Antiquar
anvertraut, manchesmal sich aber auch von
seinem eigenen, unreifen Geschmack ver-
leiten lässt selbst einzugreifen, ist der Künstler
genötigt, will er etwas Vollendetes voll-
bringen, von seinem Klienten zu verlangen
den vielleicht etwas unbequemen Weg zu
beschreiten und ihm bis zum Ende seiner
Ideen zu folgen, anstatt sich auf Muster-
bücher, seinem eigenen Geschmack und
 
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