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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Singer, Hans Wolfgang: Emil Orlik - Wien: Otto Eckmanns Nachfolger in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0378

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Dr. Hans W. Singer:

lers haben. Er bildet das ausgleichende Gegen-
gewicht zu seiner ungewöhnlichen Beweg-
lichkeit. Kaum einem anderen fällt es so
leicht, wie Orlik, sich in die verschiedensten
Techniken einzuarbeiten. Wie im Spiel hat
er den Holzschnitt, den Steindruck, die
mannigfaltigsten Kupfermanieren, die ver-
schiedenen Abarten der Zeichenkunst erlernt,
wenn man so sagen darf, und es in allen
zu abgerundeten Leistungen gebracht. Was
einem glatt von der Hand geht, das tut
man gern, darin vertieft man sich, das forciert
man wohl gelegentlich auch. Die Gefahr
lag nahe, dass jemand, der eine so aus-
gesprochene Begabung für technische Sachen
besitzt, wie das bei Orlik der Fall ist, mit
ihr Missbrauch treiben würde. Sieht man
doch auf graphischem Gebiet die »Erfinder«
und »Entdecker« allerwege. Es sind Leute,
mit lange noch nicht einmal so viel Ge-
schicklichkeit wie Orlik, die herumprobieren
und experimentieren, um irgend welche
»unerhört einfache, neue Methode« zu ent-
decken. Dann steht immer sogleich die
ganze graphische Kunst »vor einer Um-

e. orlik—wien. »Schreibendes Mädchen

Farbige Radierung aus dem Werke »Aus Japan«.

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e. orlik—Wien. »Die Courtisane«.

Earbige Radierung aus dem Werke »Aus Japan«.

wälzung«. Dabei handelt es sich immer
nur um Wieder—Entdeckungen, und immer
vergassen die betreffenden Künstler, dass
ihre Aufgabe nicht darin besteht, technische
Schwierigkeiten zu umgehen oder zu beseitigen,
sondern darin, sie zu bewältigen. Um sich
mit solchen Spielereien zu genügen, besitzt
unser Künstler eben zu viel Geschmack.
Feinfühlig merkt er, was dem jeweiligen
Werkzeug, das er eben in der Hand hat,
gut liegt, sei es der Stift, die Kreide, das
Messer oder die Nadel. Er verfällt also nie
in Stillosigkeit, und das wiederum wohl
weniger aus Überlegung, als wie in Folge
seines guten Geschmacks.

Wem leuchtet es nicht ein, dass es einem
derartigen Künstler über kurz oder lang
nach einer ganz besonderen Kunst, nach
einer eigentümlichen Kultur, nach — Japan
ziehen muss. Das, was uns von dieser
Kunst bekannt wurde — es soll ja herzlich
wenig und recht missverstanden sein —
musste schon genügen, um gerade in ihm
seine Sehnsucht nach jenen Gestaden heran-
 
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