Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

DOI Artikel:
Ehrhardt, L.: Zu unserem V. redaktionelln Preis-Ausschreiben - Konfirmations-Schein
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0398

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zu unserem V. redaktionellen Preis-Ausschreiben.

KONFIRMATIONS-SCHEIN.

Bereits im Februar-Heft (Seite 311) wurde
das Protokoll über die Sitzung der
Preisrichter dieses Wettbewerbes veröffent-
licht und die Namen der mit Preisen und
lobenden Erwähnungen bedachten Bewerber
mitgeteilt. In den vorstehenden Abbildungen
veröffentlichen wir nun das Ergebnis dieses
Preis - Ausschreibens und geben in nach-
folgenden Zeilen, die von einem der Preis-
richter, Herrn Oberhofprediger L. Ehrhardt,
verfasst sind, einige Worte zur Begründung
des Urteilspruches:

Maßgebend für die Beurteilung der Ent-
würfe zu Konfirmations - Scheinen waren
für die Preisrichter die Fragen: 1. wie sind
die aufgegebenen Bedingungen erfüllt worden ?
und 2. entspricht der Entwurf dem Zweck
eines Konfirmations - Scheines, sofern dieser
doch ein künstlerisch ausgeführtes Gedenk-
blatt, das für einen bestimmten kirchlichen
Anlass stimmungsvoll dienen soll, darstellt?
Diese zweite Frage ergibt die doppelte Rück-
sichtnahme auf die künstlerische Ausführung
und auf die praktische Brauchbarkeit. An
diesen Grundsätzen gemessen schieden alle
eingegangenen Entwürfe bis auf sechs aus.
Auch unter diesen letzteren, für die engere
Konkurrenz bewerteten Arbeiten konnte das
Preisrichter-Kollegium keinem die eigentliche
Palme zuerkennen, denn in der einen oder
anderen Hinsicht Hess jeder Entwurf be-
deutsame Rücksichten vermissen.

Dass von der bisher geltenden Tradition
von vielen Einsendern mehr oder weniger
radikal abgewichen wurde, soll nicht von
vornherein als Mangel bezeichnet werden,
aber dann war etwas mustergültig Neues
zu erwarten an Stelle des bewährten Alten.
Hier kann aber nur von Versuchen nicht von
Gelingen geredet werden. Der Wunsch
bleibt bestehen, dass die moderne Richtung
auch der kirchlichen Kleinkunst mit liebe-
voller Versenkung in deren Wesensart und
Wirkungsart sich zuwenden möchte. Nur
freilich wird dazu eine intimere Fühlungs-
nahme der modernen Künstler mit dem
kirchlichen Gemeindegeist, der gerade in

392

unseren Tagen wieder mit lebhafteren Pulsen
sich regt, die Voraussetzung für glückliche
Lösung der einzelnen Aufgaben sein, eine
Fühlung, welche leider verloren gegangen
oder noch nicht gefunden ist.

Im einzelnen möchten die Preisrichter
zur Begründung ihres Urteils bemerken:
Zum i.Preis: die Idee, den segnenden Christus
zum beherrschenden Mittelpunkt zu machen,
ist als glücklich zu bezeichnen, dagegen ist
zu beanstanden, dass die Heilandsgestalt
ornamental behandelt ist und in ihren Gesichts-
zügen zu ausdruckslos erscheint — mehr
männliche Kraft und heilige Liebe, die
Seine Hoheit kennzeichnet, möchte man
suchen. Zum III. Preis. Dieser Entwurf
lehnt sich an die Tradition am meisten an;
ist daher auch praktisch der brauchbarste.
Nur müsste Wechsel im Gedenkspruch vor-
gesehen sein. Zu Lob mit Mk. 25.—. Die
erste Arbeit (v. Sallwürck) ist als Bildschmuck
des Hauses geeignet, denn einer weitver-
breiteten Sitte nach werden die Gedenk-
scheine eingerahmt und aufgehängt; aber
abgesehen von einer Verzeichnung der rech-
ten Schulterpartie der Heilandsgestalt ist das
Ganze zu genrehaft gehalten. Es fehlt jeg-
licher Raum für die Einschrift. Der zweite
Entwurf fand Anerkennung durch die Be-
nutzung eines Motivs aus dem sozialethischen
Geist des Christenglaubens, aber jegliche
Beziehung zur Konfirmation fehlt.

Endlich von den beiden mit Lob be-
dachten Arbeiten dürfte die erste dem kind-
lichen Empfinden zu viele Rätsel aufgeben.
Glücklich ist's, den Gekreuzigten in den
Mittelpunkt zu stellen; aber die Gruppe der
allegorischen Gestalten gibt für ein Kindes-
gemüt, ja für schlicht-christliches Denken
keinen offensichtlichen Sinn. Solchen ergibt
die letzte Arbeit unmittelbar — der gute Hirte
ist ein besonders geeignetes Motiv für Konfir-
mations-Gedenkscheine, doch hinterlässt die
Ausführung nicht durchgreifend das Gefühl
der Hirtentreue im Herzen des Beschauers,
es ist zu sehr die Herde mit dem Hirten, nicht
der gute Hirte der Seinen. —
 
Annotationen