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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 30.1912

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Hoeber, Fritz: Ein hessischer Industriebau, erbaut von Hugo Eberhardt
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https://doi.org/10.11588/diglit.7108#0409

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Ein hessischer Industriebau von Hugo Eberhardt.

die schöne Zweckform
zum letzten Ziele

kunstgewerblichen
Schaffens erhob, als
Irrlehre zu gelten hat.
Die Zweckform ist die
Voraussetzung der
Kunstform, in ihr äu-
ßert sich in erster
Linie der Verstand
und neben ihm der
Geschmack. Sie ist
aber nicht das Letzte
und Höchste, denn
erst die künstlerische
Phantasie macht aus
dem Werk, das in ein-
fachen, verstandesmä-
ßigen Geschmacksfor-
men seinen Zweck er-
füllt, das Kunstwerk.
Der sinnliche Reiz,
den das wirkliche
Kunstwerk auszulösen
vermag, wird der ge-
schmacksvollsten
Zweckform nie voll zu
eigen sein." Alle Ele-
mente freilich, die in
der Sache gegebenen
wie die frei sich selbst
gestaltenden, stehen in
engster ästhetischer
Wechselwirkung und
gegenseitiger Steige-
rung untereinander:
So drückt sich z. B. das
inhaltliche Datum, ein
großindustrielles Ver-
waltungszentrum zu
schaffen, bei dem Neu-
bau J. Mayer & Sohn
bereits in der fernhin
wirkenden kubischen
Monumentalität des
geschlossenen Ge-
samtkörpers aus, wie
auch in dem kraft-
vollen Gestein des
Hardtheimer Muschel-
kalkes, in dem sämt-
liche Werk- und Zier-
stücke des Hauptbaues
gearbeitet erscheinen.
—Dem Stofflichen ent-
spricht die starke For-
menweise der groß-

HAUPTTREPPE IM NEUBAU D. LEDERFABRIK J. MAYER & SOHN'.

PROF. HUGO EBERHARDT OFFENBACH. TREPPENAUFGANG.
PLASTIK VON BILDHAUER KARL STOCK—FRANKFURT A. M.

zügigen Pilasterarchi-
tektur: bis zur halben
Höhe des ersten Ober-
geschosses saftige Bos-
senquadern als Sockel,
darauf die glatten tos-
kanischen Pilaster, die
das abgedeckte Haupt-
gesims tragen. Unter
dem mächtigen Walm-
dach folgt noch ein
rhythmisch unterge-
ordneterKniestock mit
dreifachen Fenster-
gruppen. Tiefschattig
sind in die schwere
Sockelmasse die Fen-
ster eingeschnitten,un^
ten gedrungene Qua-
drate, darüber die vol-
len Bogen des Haupt-
geschosses. Die gleich-
mäßig breiten Fenster
des zweiten und drit-
ten Stockwerks schlie-
ßen sich zu einer ver-
tikalen Einheit durch
die Rahmen der stehen-
gebliebenen Bossen
zusammen. Dieses
durchgehende Gene-
ralmotiv findet seine
plastisch schmückende
Konzentration in den
drei Mitteitraveen des
Hauptrisalits, die den
Portalbau einfassen:
Nach vorne zu sind sie
durch reiche Strebe-
pfeiler verstärkt, die
oben in prachtvollen
muskulösen Männer-
gestalten auslaufen,
den Vertretern des
Gerber - Handwerks,
ausgezeichnete Arbei-
ten des Offenbacher
Bildhauers K. Hub er.
Unter diesen großen
Figuren ragen die Lei-
ber zierlicher Ziegen-
böcke, eineAnspielung
auf das in der Fabrik be-
arbeitete Chevreaux-
leder, wie kampfbereit
hervor, und noch eine
weitereOrnamentation

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