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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 30.1912

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Kleine Kunst-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7108#0441

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Kleine Kunst-Nachrichten.

blickend den ragenden Persönlichkeiten unserer
Architektur Bauaufgaben schuf (Behrens das Krema-
torium und eine Reihe Einfamilienhäuser, Van de
Velde das Haus Osthaus, Lauweriks Einfamilien-
häuser) — so bleibt nur eines möglich: Respekt
vor diesem self-made-man der Kunst. r. Br.

&

1UDWIG HOFFMANN, der Stadtbaumeister von
^ Berlin, ist sechzig Jahre alt geworden. Das
überrascht, und überrascht doch wieder nicht:
für einen Mann, der rastlos arbeitet und Werk auf
Werk hinstellt, gibt es kein Mag der Jahre, nur
zeugungsstarke Jugend. Immerhin, es ist solch
„Sechzigster" willkommene Gelegenheit, zu werten.
Was hat Ludwig Hoffmann uns zu bedeuten, nicht
nur den Berlinern, dem neuen Deutschland über-
haupt? Er ist einer von denen, von den Wenigen,
die der verwilderten Baukunst wieder zu einer
Tradition halfen; er hat in die Oede, die über
die offiziellen Bauarbeiten gefallen war, wieder
den Ruf nach Empfindung und architektonischer
Stimmung gebracht. Er hat der Baubürokratie einen
Menschen und Künstler entgegengestellt. Ebenso-
wenig wie Wallot versuchte er etwas zu schaffen,
was man einen neuen Stil nennen könnte; er war
eher noch zurückhaltender, noch mehr Eklektiker
als der Baumeister des Reichshauses. Er war aber

gleich Messel bestrebt, mit den Elementen des
Geschichtlichen die Aufgaben der neuen Zeit zu
einem ersten Mal zu lösen. Sein Leipziger Reichs-
gericht zeigt, woher erkam; dasVirchowkrankenhaus
und das Paradies der alten Leute zu Buch deuten,
wohin er will und was er erreichte; das neue Stadt-
haus weist die Grenzen seiner Möglichkeiten. Er
kam aus der Anschauung akademischer Baukunst;
er begriff, dag Baumeister sein viel mehr heigt,
die Notwendigkeit organisieren, als die abstrakte
Form erjagen. Er erfuhr, dag all seine Ent-
wicklung ein Kampf zwischen jener Abstammung
und dieser Erkenntnis sein mug und bleiben wird.
Das ist immerhin ein Schicksal; die Kraft, mit der
er es trägt und es fruchtbar macht, sichert ihm
für alle Zeiten einen Platz in der Baugeschichte
des neuen Berlins. Gewig, was Hoffmann baut, ist
noch nicht dieses neue Berlin; aber es ist ihm
Vorläufer. Kein zukünftiger Architekt, kein Re-
volutionär und kein Klassiker solcher Revolutionen
wird an dem vorübergehen können, was Hoffmann
als ein Erfüller der modernen Gesinnung vom
Werte des Menschen und der Gemeinschaft in
pflegsamen und stolzen Häusern gestaltete. Hoff-
mann hat stets und leidenschaftlich auf den histo-
rischen Elementen eine neugeartete und formal
um Vollendung ringende Musik gespielt. — r. Br.

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