FRITZ GILS—EBERSTADT GEMÄLDE »LANDSCHAFT«
KUNSTAUSSTELLUNG MATHILDENHÖHE DARMSTADT
Die diesjährige Darmstädter Ausstellung hat
von einem besonderen Leitgedanken ab-
5 gesehen. Sie bezweckt lediglich eine Vorführung
n des hessischen Kunstschaffens vom Jahre 1931
■ und läßt dabei, ohne den Qualitätsgesichtspunkt
■ völlig auszuschalten, die Künstler des gesamten
■ Landes möglichst weitherzig zu Wort kommen.
Ein Notprogramm, dem man die Berechtigung
jj nicht abstreiten kann, so sehr man im übrigen
n auch wünschen muß, daß Darmstadt möglichst
n bald wieder die Anknüpfung an seine größere
jj ausstellerische Überlieferung von ehedem findet.
■ So schlimm die gegenwärtige Lage für die schaf-
a fenden Künstler ist, so viele und schöne Be-
tätigungsmöglichkeiten bieten sich heute dem
■ Ausstellungsfachmann, in dem die Leidenschaft
■ für eine moderne geistige und geistesgeschicht-
liche Verarbeitung des künstlerischen Materials
■ Wurzel geschlagen hat. Vielleicht ist es gerade
2 die trübselige „schöpferische Pause", die der
■ Kunst gegenüber die Kräfte des Erkennens
■ oder vielmehr die Lust und Fähigkeit der er-
kennerischen Auswertung so entschieden auf-
geweckt hat. Das Beispiel der Nachbarstädte
Mannheim und Frankfurt, in denen Männer
wie Gustav Harllaub und Ernst Wiehert tätig
sind, zeigt diese neuen Möglichkeilen auf ein-
drucksvolle Weise. Es ist zu hoffen, daß Darm-
stadt nicht dauernd aus der Reihe der Städte,
die die geistigen und geschichtlichen Zusam-
menhänge der Zeitkunst in großem Stil aus-
stellerisch bearbeiten, ausgeschaltet bleibt.
Auf der Mathildenhöhe treten die verschie-
denen hessischen Künsllergruppen in räumlicher
Sonderung auf. Wenn diese Sonderung auch
nicht engherzig durchgeführt ist, läßt sie doch
das „Gesicht" der verschiedenen Gruppen
einigermaßen erkennen: bei der „Freien Ver-
einigung" ein liberales Gewährenlassen mit dem
deutschen Spätimpressionismus als Ausgangs-
punkt; bei der Darmstädter Gruppe ein An-
setzen etwa bei der Neuen Sachlichkeit mit
einem Weitergehen, das dann mehrfach an neu-
französische Malgedanken heranstreift; bei der
XXXIV. August 1931. 2
KUNSTAUSSTELLUNG MATHILDENHÖHE DARMSTADT
Die diesjährige Darmstädter Ausstellung hat
von einem besonderen Leitgedanken ab-
5 gesehen. Sie bezweckt lediglich eine Vorführung
n des hessischen Kunstschaffens vom Jahre 1931
■ und läßt dabei, ohne den Qualitätsgesichtspunkt
■ völlig auszuschalten, die Künstler des gesamten
■ Landes möglichst weitherzig zu Wort kommen.
Ein Notprogramm, dem man die Berechtigung
jj nicht abstreiten kann, so sehr man im übrigen
n auch wünschen muß, daß Darmstadt möglichst
n bald wieder die Anknüpfung an seine größere
jj ausstellerische Überlieferung von ehedem findet.
■ So schlimm die gegenwärtige Lage für die schaf-
a fenden Künstler ist, so viele und schöne Be-
tätigungsmöglichkeiten bieten sich heute dem
■ Ausstellungsfachmann, in dem die Leidenschaft
■ für eine moderne geistige und geistesgeschicht-
liche Verarbeitung des künstlerischen Materials
■ Wurzel geschlagen hat. Vielleicht ist es gerade
2 die trübselige „schöpferische Pause", die der
■ Kunst gegenüber die Kräfte des Erkennens
■ oder vielmehr die Lust und Fähigkeit der er-
kennerischen Auswertung so entschieden auf-
geweckt hat. Das Beispiel der Nachbarstädte
Mannheim und Frankfurt, in denen Männer
wie Gustav Harllaub und Ernst Wiehert tätig
sind, zeigt diese neuen Möglichkeilen auf ein-
drucksvolle Weise. Es ist zu hoffen, daß Darm-
stadt nicht dauernd aus der Reihe der Städte,
die die geistigen und geschichtlichen Zusam-
menhänge der Zeitkunst in großem Stil aus-
stellerisch bearbeiten, ausgeschaltet bleibt.
Auf der Mathildenhöhe treten die verschie-
denen hessischen Künsllergruppen in räumlicher
Sonderung auf. Wenn diese Sonderung auch
nicht engherzig durchgeführt ist, läßt sie doch
das „Gesicht" der verschiedenen Gruppen
einigermaßen erkennen: bei der „Freien Ver-
einigung" ein liberales Gewährenlassen mit dem
deutschen Spätimpressionismus als Ausgangs-
punkt; bei der Darmstädter Gruppe ein An-
setzen etwa bei der Neuen Sachlichkeit mit
einem Weitergehen, das dann mehrfach an neu-
französische Malgedanken heranstreift; bei der
XXXIV. August 1931. 2