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Ness, Wolfgang
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 2): Stadt Hannover — Braunschweig, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.44415#0148

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Von-Alten-Allee 30/31, Torhäuser des ehern, von Altenschen Gartens, 1911

Garten von der ehemalig begrenzenden Stra-
ße (Posthornstraße) durch einen modern ge-
stalteten Schmuckplatz getrennt. Vor dem
nördlichen Torhaus findet sich der sogenann-
te Brüningstein; er verweist auf Ritter Brüning
von Alten, der 1413 von Hermann und Brant
von Haus im Streit um einen Jagdfalken er-
schlagen wurde. Den jetzigen Stein fand man
„bei den sechs Kreuzen“ im Seifeid - der al-
ten Lindener Gerichtsstätte - und richtete ihn
1890 mit einer nachgearbeiteten, angeblich
alten Inschrift im Altenschen Park auf.
Während sich die Wege im Park, das Schloß
und die Wirtschaftsanlage nur noch anhand
historischer Pläne lokalisieren lassen, hat sich
das östlich anschließende Straßensystem
(Posthorn-, Weberstraße, Von-Alten-Allee)
aus dem ausgehenden 17./frühen 18. Jh. er-
halten. Von der Erstbebauung finden sich in-
des nur noch in der Weberstraße einige Reste.
VON-ALTEN-ALLEE
Die Von-Alten-Allee säumten ursprünglich der
kleine und der große Hopfengarten mit weni-
gen gutszugehörigen Gebäuden. Wohl erst im
Zuge der Verkoppelung wurden hier von der
Hohen Straße und der Deisterstraße ausge-
hende Parzellen abgesteckt. In den folgenden
Jahren entstanden auf der nördlichen Stra-
ßenseite die ersten beiden Häuser, die jedoch
verschwunden sind. Erhalten hat sich hinge-
gen die Villa des Fabrikanten Friedrich Bu-
resch (mitbeteiligt an den Egestorffschen Un-
ternehmen), die er sich 1859/60 bauen ließ
(Von-Alten-Allee 6). Es handelt sich um ein
zweieinhalbgeschossiges Putzgebäude auf
hohem Kellersockel unter Zeltdach. Die kubi-
schen Anbauten - links für den Eingang,
rechts ein Wintergarten - unterstreichen den
blockhaften Charakter des Baukörpers, den
kräftige Gesimse (Sockel-, Sohlbank-, Trauf-
gesims mit Traufe) waagerecht untergliedern.
So schichten sich übereinander eine Sockel-
zone und ein „piano nobile“, welches das er-
ste Obergeschoß und Drempel umfaßt. Diese
traditionelle Fassadengestaltung wird hier in
Konsequenz vorgetragen: Über der glatten,
lediglich durch die sparsam profilierten gleich-
mäßig verteilten Öffnungen strukturierten
Wand der Sockelzone erhebt sich das fest-
liche Obergeschoß, dessen feinteilige archi-
tektonische Gliederung sich in der Mauer ent-
wickelt, so daß die lisenenartigen „Säulchen“
in der Fläche aufgehoben erscheinen und
zum Wandrelief gehören. Es ist eine ausge-
wogene, für Linden einzigartige Architektur,
die in der Kombination des spröden, nur auf
die Grundform reduzierten Sockelgeschosses
mit dem Schmuckrepertoir des Obergeschos-
ses Elemente des Rundbogenstils aufnimmt.
Zu dem Gebäude gehört die alte Einfriedigung
mit Natursteinpfosten und dekorativen gußei-
sernen Gittern.
Die Villa befindet sich heute in der Nachbar-
schaft eines Hauses der Hannoverschen Bau-
schule. Die in der Folgezeit auf beiden Stra-
ßenseiten entstandene Bebauung wurde in
den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg
durch mehrgeschossige Mietwohnhäuser er-
setzt.

lung Neu-Linden (Neue Straße - heute We-
berstraße).
Bereits im späten 18. Jh. wurden Bereiche der
Barockanlage im Stil eines Englischen Gar-
tens umgewandelt. Die späteren Besitzer, die
Familie von Alten, veräußerte im Laufe des 19.
und 20. Jh. beträchtliche Teile im Norden und
Osten des Areals. Durch die Anlage des Dei-
sterplatzes in seiner heutigen Form, den Bau
des Westschnellwegs und verschiedener
Häuser nach dem Zweiten Weltkrieg
schrumpfte der Park - inzwischen öffentliche
Grünfläche - zusammen. Besonders ein-
schneidend wirkt sich der Westschnellweg
aus, derz.B. die alte Mauer von 1718 vom üb-
rigen begrünten Rest trennt.
Bezugs- und Mittelpunkt der barocken Ge-
samtanlage war das Schloß mit zwei an das
„öffentliche Straßensystem“ angeschlossene
Zufahrten: Die repräsentativere - indes ver-
schwundene - bildete die Symmetrieachse
des Parks und der umgebenden begradigten
bzw. neuangelegten Straßen und führte vom
südlich liegenden „Etoile“ (Deisterplatz) als
Doppelallee auf das Schloß zu. Die heute
noch vollständig erhaltene „Seitenauffahrt“

(z.T. Von-Alten-Allee, z.T. Weg im Von-Alten-
Garten) zweigt von der Deisterstraße Rich-
tung Westen ab, weitet sich vor dem Eintritt in
den Parkbereich halbkreisförmig aus und
setzte sich durch eine barocke Pforte mit an-
grenzenden Wirtschaftsgebäuden (ver-
schwunden) bis zum Ehrenhoffort. 1911 ent-
stand westlich des älteren Eingangs eine Tor-
anlage mit drei Bogenöffnungen (Fahrweg in
der Mitte, je ein Fußgängerdurchlaß seitlich)
zwischen zwei symmetrischen pavillonartigen
zweieinhalbgeschossigen Häusern (ehemals
Kutscherwohnungen). Das Material ist Sand-
stein und Putz. Ausgestattet mit dem gräfli-
chen Hoheitszeichen - über dem mittleren
Bogen finden sich Wappen und Devise der
Familie von Alten - bildeten die Toranlage
den stilistisch am Barock orientierten reprä-
sentativen Eintritt in den zur Erbauungszeit
bereits stark geschrumpften von Altenschen
Besitz; heute bietet sie einen der wenigen Hin-
weise auf die Schloßsituation.
Nach 1911 verschwanden die älteren Gebäu-
de; die dazugehörige dreiteilige Pforte wurde
südlich der neuen Toranlage wiedererrichtet.
So liegt heute der Eingang in den Von-Alten-

Kirchstraße 17, barockes Portal des ehern,
von Altenschen Gartens

Wachsbleiche, Mauer des ehern, von
Altenschen Gartens, 1718

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