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Twachtmann-Schlichter, Anke [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 14,1): Stadt Hildesheim: mit den Stadtteilen Achtum, Bavenstedt, Drispenstedt, Einum, Himmelsthür, Itzum, Marienburg, Marienrode, Neuhof, Ochtersum, Sorsum, Steuerwald und Uppen — Hameln, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.44417#0122
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Hildesheim, Rathausstraße 18, Reliefs


heutige Ratskeller, nach 1945 als Gaststätte
genutzt werden. Die umfangreiche Kelleranlage
besteht aus einem siebenschiffigen, kreuzgrat-
gewölbten Hauptkeller, der durch Zwischen-
wände mehrfach unterteilt wurde, sowie aus
einem Tonnengewölbe unter dem nordöstlichen
Eckturm.
Der qualitätvolle, nördliche Rathauserweite-
rungsbau nach dem Entwurf von G. Graubner
aus dem Jahre 1959 wurde in den 80er Jahren
des 20. Jh. bei der Rekonstruktion der histo-
rischen Fassadenabwicklung des Marktplatzes
seiner ursprünglich beabsichtigten städte-
baulichen Wirkung beraubt.
Mittelpunkt des Marktplatzes ist der „Markt-
brunnen“, eine 1984 hergestellte Kopie anstelle
des historischen, heute nur provisorisch einge-
lagerten Originals. Die acht Relieftafeln wurden
nach inschriftlicher Datierung „1540“ gearbei-
tet. Als Vorlagen dienten die zwölf Darstellun-
gen der Helden und Tyrannen des Alten Tes-
taments von Georg Pencz. Ein gerüsteter
Schildträger krönt die Brunnensäule. Im Zuge
des tiefgreifenden Substanzaustausches am
Marktplatz war es nur konsequent, die stark
angewitterten Originale durch Kopien zu erset-
zen.
Geprägt wird das Bild des Marktplatzes auf
seiner Südseite durch das Tempelhaus,
Rathausstraße 20. Obwohl der Name solche
Rückschlüsse zulässt, ist das Gebäude weder
im jüdischen Besitz gewesen, noch existierte
hier vorher eine Synagoge nebst jüdischem
Ritualbad. Daher ist der Name „Harlessem-
haus“, der bis ins 19. Jh. verwandt wurde und
auf die Eigentümer hinweist, einleuchtender.
Möglicherweise hat die Fassadenmalerei im
nördlichen Giebel, die noch auf einer Zeichnung
um 1850 aus dem Historischen Museum in
Hannover zu sehen ist und zwei turnierspie-
lende Ritter (des Ordens der Templer- bzw.
Tempelherren?) zeigt, zur Namensgebung bei-
getragen. Da das repräsentative Steingebäude
den Bombenangriff im März 1945 als Brand-
ruine überstand, waren sämtliche Außenmau-
ern sowie die Kellergewölbe erhalten. Entstan-
den ist das Gebäude mit seiner zum Marktplatz
ausgerichteten viergeschossigen Giebelfassade
um 1300 bzw. Anfang des 14. Jh. Zahlreiche
Umbauten, vor allem die des 16. Jh., aus dieser
Zeit stammen die seitlichen Rundtürme, nebst
Stabwerk und Filialenbekrönung sowie die
schmuckvoll verzierte Renaissanceauslucht,
gaben dem nördlichen Giebel sein heutiges
Aussehen. Zwei- und dreifach gekuppelte
Fensterbahnen sowie die Rechteckfenster des
18. Jh. gliedern die Gesamtfassade aus Bruch-
steinmauerwerk. Der zweigeschossige Stand-
erker ignoriert die vorgegebenen Geschosshö-
hen des gotischen Hauses. Als Fensterpfosten
dienen Hermenpfeiler, Reliefs mit figürlichen
Darstellungen schmücken Brüstungsfelder und
Pfeilersockel. Eine lange Wappenreihe ziert den
Gebälkfries des Untergeschosses. Ein Giebel-
dreieck schließt den Standerker ab. Ein spitz-
bogiges, mittels einer kräftigen Hohlkehle ab-
gestuftes Portal mit Außentreppe erschließt das
Gebäude in seiner Mittelachse. Im Gegensatz
zum verputzten Giebel zeigt sich die westliche,

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