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Böker, Doris [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 31): Stadt Oldenburg (Oldenburg) — Braunschweig, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.44439#0079
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bildete wohl die ursprüngliche horizontale
Gliederung. Zusammen mit dem rückwärti-
gen, mansardgedeckten Anbau beherbergt
der Lappan heute den Verkehrsverein.
Nach Osten folgen diesem Baukomplex zwei
kleinere, im letzten Drittel des 19. Jh. entstan-
dene Gebäude, das erste giebelständig zur
Lappangasse, das zweite, eine ehemalige
Schmiede, giebelständig zur Staulinie.

Lange Straße 76, 77, 89
Aus der Zeit nach dem Stadtbrand haben sich
in der Langen Straße drei giebelständige Zie-
gelbauten erhalten, die dem Typ des spätre-
naissancezeitlichen Oldenburger Bürgerhau-
ses angehören. Keines dieser Gebäude
konnte allerdings die durch eine große Diele
bestimmte innere Aufteilung bewahren.
Eine städtebaulich eindrucksvolle Wirkung
erzielen die beiden sich gegenüberstehen-
den Eckbauten Nr. 76 und Nr. 77 an der Ein-
mündung zur Kurwickstraße, die sie in ihrem
Anfangsstück mit den langgezogenen Trauf-
seiten begleiten.
Am wenigsten beeinträchtigt ist das 1677 für
den Stadtkämmerer Jacob Brunken errich-
tete Haus Nr. 77, in dem seit 1767 die 1620
begründete Hofapotheke besteht. Einem
Umbau von 1767 verdanken Erd- und Ober-
geschoß ihre heutige Gestalt. Dem Bau des
17. Jh. gehören die zweitverwendeten Kerb-
schnitt-Bossenquader in Formen der späten
Weserrenaissance als Einfassung der Gie-
belfassade und des rundbogigen Eingangs
an. Die beiden nördlichen Fenster des Erdge-
schosses ersetzte 1927 ein großes Korbbo-
genfenster, das als Schlußstein einen Löwen
der Rokokozeit besitzt. Deutlichere Kennzei-
chen der Entstehungszeit weist der steile
Giebel auf: die an seinem Ansatz auf Konsol-
steinen auskragenden Kugelakrotere, die
holländischen Dreiecke entlang des Ort-
gangs sowie profilierte, geschoßuntertei-
lende Gesimse. Über diesen ruhen durch die
später vergrößerten Fenster angeschnittene
Entlastungsbögen.
Das zwischen 1679 und 1682 (Datierung über
dem ehern. Torbogen an der Traufseite) er-
baute Haus Nr. 76 büßte seine originale Ge-
stalt mit fast quadratischen kleinen Giebelfen-
stern 1894 ein. Vor allem die Giebelfassade
wandelten die Architekten Klingenberg und
Weber durch den Einbau rundbogiger Fen-
ster, den Besatz mit Diamantquadern und die
Aufstellung von Obelisken entlang der Gie-
belschrägen in ein Schaubild des Neurenais-
sance-Dekors um. Zumindest lassen die Ent-
lastungsbögen an der nördlichen Traufwand
den authentischen Aufriß mit der 5,14 Meter
hohen Diele und darüberliegendem Geschoß
erkennen. Der östliche, fensterlose Bereich
dieser Seite nimmt ein von August Oetken
geschaffenes Gemälde auf, das Graf Anton
Güntherauf seinem Hengst Kranich abbildet.
Als einzigartig für Oldenburg ist die dem Gie-
bel an der Langen Straße vorgelagerte, an

Bremer Vorbilder erinnernde Utlucht mit fein
reliefierten Rocailleformen anzusehen. Ihre
zweigeschossige Aufteilung weist auf einen
entsprechenden Dieleneinbau des 18. Jh.
hin.
Das letzte Beispiel dieses Typs (Nr. 89), das
Geburtshaus des Malers Richard tom Diek
(1862-1943), nimmt die südliche Eckposi-
tion an der Einmündung der Wallstraße ein. In
dem Gebäude, das sich 1684 einer der be-
deutendsten Oldenburger Kaufleute des 17.
Jh., Johann Nienburg, bauen ließ, befand sich
noch um 1900 die fachwerkunterteilte Diele
mit Resten eines Hängegeschosses, wie es
auch Nr. 76 besaß. Markieren heute lediglich
noch die Ankersplinte der nördlichen Trauf-
seite die ehern. Höhe der Diele (etwa 5,40
Meter), hat immerhin der Giebel seine durch
sandsteinerne Gesimse, Entlastungsbögen
über den gestaffelt angeordneten Fenstern
und holländische Dreiecke gekennzeichnete
authentische Gestalt bewahrt.
Von den beiden durch Sandeck und Fichtner
um 1920 dem Giebel vorgelegten zweige¬

schossigen Utluchten ist die südliche noch
vorhanden, während die nördliche 1954 ent-
fernt und als Fragment der Traufseite einge-
fügt wurde. Eine von der Familie Schreeb
(etwa seit 1728 im Besitz des Hauses, 1755
geadelt) für den Raum hinter der südlichen
Utlucht in Auftrag gegebene Rokoko-Stuck-
decke wird heute im Landesmuseum konser-
viert.
Dem Verlauf der Wallstraße folgend, schließt
sich unter gleichhohem Satteldach in leich-
tem, stumpfen Winkel das zugehörige Hinter-
haus an (Wallstr. 26). Auf das Baudatum des
um 1910 verlängerten, dreigeschossigen
Ziegelbaus weist der Schlußstein des ver-
mauerten Torbogens mit der Jahreszahl 1769
hin. Das ebenfalls traufseitig aufgebrachte
und 1796 datierte Sandsteinrelief eines An-
kers hing ursprünglich über dem Eingang der
Gaststätte der Familie Mehrens am Stau, in
deren Besitz sich das Haus Nr. 89 seit 1874
befand.
Um ein älteres Hinterhaus, das möglicher-
weise an den Anfang des 17. Jh. zu datieren


SCHUHI

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Lange Str. 76,1679/82 (Aufnahme 1977)

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