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Böker, Doris [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 31): Stadt Oldenburg (Oldenburg) — Braunschweig, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.44439#0172
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der Einsegnungsraum und die Aufbahrungs-
räume anschließen. Die steilen Walmdächer
der einzelnen, nur durch hochrechteckige
Öffnungen gegliederten Bauteile, deren
blockhafte Wirkung das Klinkermaterial her-
vorhebt, stellen die zeittypischen Charakteri-
stika einer um Schlichtheit und Heimatver-
bundenheitbemühten Bauweise dar.
Eine weitere Kirche, die katholische Christo-
phorus-Kirche, wurde 1960/61 durch Gott-
fried Böhm am Brookweg 30 in dem Sied-
lungsgebiet nordwestlich der Auferstehungs-
kirche erbaut, das seine rasterförmige Struk-
tur bereits 1803 bei der Aufteilung der Stadt-
gemeinheit erhielt, aber erst ab den zwanzi-
ger Jahren unseres Jahrhunderts bebaut
wurde. Bemerkenswert ist die geschlossene
Disposition der ebenfalls die norddeutsche
Backsteintradition aufgreifenden Anlage. Vor
dem rechteckigen Kirchenbau liegt ein Hof
mit Kreuzwegumgang. Die ihn umgebende
Mauer besitzt einen erhöhten Eingangsbe-
reich, in dessen Maueröffnungen Glocken
angebracht sind. Die Hofmitte nimmt in der
Nachfolge freistehender Baptisterien eine

Taufkapelle über polygonalem Grundriß ein,
deren Kegeldach sich in größerer Ausführung
über dem erhöhten Altarraum des Kirchen-
schiffs wiederholt.

DIE STÄDTEBAULICHE ENTWICKLUNG
DES HAARENESCHVIERTELS
Auf dem Gebiet des ehemaligen Haaren-
eschs, eines im Mittelalter als Ackerland ge-
nutzten Areals, erstreckt sich im Nordwesten
der Oldenburger Altstadt das Haarenesch-
viertel. Im Westen wird es vom Artillerieweg,
im Norden von der Eisenbahnlinie nach Leer,
im Süden von der Ofener Straße und im We-
sten von der Peterstraße begrenzt. Das zu
Beginn des 19. Jh. als Weidefläche dienende
Gelände durchquerten zwei noch vorhan-
dene Wege: der vom Haarentor ausgehende
Steinweg, dessen nach Westen abknicken-
der Verlauf die Haareneschstraße annähernd
nachvollzieht, und der nach Norden zum Zie-
gelhof führende, heutige Philosophenweg.
Die Aufsiedlung des Gebiets nach der Wall-

Friedhofsweg, Auferstehungskirche, 1930/31, Architekt Karl Mühlenpfordt



Brookweg, Christophorus-Kirche, 1960/61, Architekt Gottfried Böhm

niederlegung nahm ihren Anfang 1837/38 mit
der Anlage der Peterstraße auf der vormali-
gen Haarenschanze, über die bereits im 18.
Jh. ein zwischen Heilig-Geist-Torund Haaren-
tor vermittelnder Weg führte. Eine zweite Vor-
aussetzung zur Erschließung schuf man
durch den Ausbau der Chaussee nach Zwi-
schenahn (Ofener Str. und Ammerländer
Heerstr.), die von 1810 bis 1843 als gepfla-
sterte Kunststraße hergestellt wurde.
Zwischen 1816 und 1819 wurde die Strecke
vom Haarentor bis zur Haarenmühle (Prin-
zessinweg) fertiggestellt und mit Ulmen be-
pflanzt (1933 durch Linden ersetzt). Gleich-
zeitig leitete man die bis dahin durch das Dob-
bengelände fließende Haaren in ein neues, ab
dem Prinzessinweg parallel zur Ofener
Straße verlaufendes Bett um. An diesem Teil-
stück lag das als Gestüt genutzte Haarenvor-
werk, auf dessen Gartengrundstück ab 1844/
45 ein Kasernenkomplex entstand, während
das erste Wohnhaus an der östlichen Ofener
Straße schon 1830 erbaut worden war.
Die in den dreißiger und vierziger Jahren all-
mählich, forcierter dann ab den sechziger
Jahren des 19. Jh. einsetzende Wohnhaus-
bebauung des Haareneschviertels breitete
sich an den durch das Garten- und Weidege-
lände führenden Wegen aus, die nach und
nach zu Straßen ausgebaut wurden und ein
unregelmäßiges Wegenetz ergaben (östlich
der Peterstr.: Georgstr. und Grüner Weg;
westlich der Peterstr.: Blumen-, Katharinen-,
Marien-, Wilhelmstr., Steinweg). Die 1849an-
gelegte Auguststraße, die nach Norden von
der Ofener Straße abzweigt, bildete die Verti-
kalachse, an der sich auch die später projek-
tierten Straßen ausrichten sollten. Sie reichte
zunächst nur bis zur Haareneschstraße, die
ab 1851 bebaut wurde, wurde 1866 bis zur
Kastanienallee und schließlich in den neunzi-
ger Jahren bis zur Ziegelhofstraße verlängert.
Mit Anlage von Zeughausstraße 1861 und
Brüderstraße 1864 war das Straßennetz voll-
endet, da das Terrain nördlich der Haaren-
esch- und westlich der Auguststraße vorerst
unbesiedelt blieb.
Die in den neunziger Jahren fürdieses Gebiet
entwickelten Bebauungspläne waren durch
die 1869 eröffnete Eisenbahnstrecke nach
Leer determiniert. Sie setzte eine scharfe Zä-
surzurangrenzenden Nordstadt, diesich u.a.
in Straßenunterbrechungen niedergeschla-
gen hatte; so wurde z.B. das östliche Teil-
stück der Dwostraße von ihrem nach Westen
gerichteten Verlauf, aus dem die Kastanienal-
lee hervorging, abgeschnitten. Ein erstes
stadtplanerisches Konzept in Form eines
rechtwinkeligen Straßenrasters zeigt der um
1896/97 zu datierende Stadtplan von Gier.
Derim März 1899 publizierte Bebauungsplan,
der u.a. die Herstellung einer Verbindung
zwischen Haareneschviertel und Nordstadt
intendierte, zeichnete ein weniger strenges
Wegenetz. Blumenstraße und Kastanienallee
sollten in leicht gekrümmter Führung verlän-
gert werden und eine längliche Platzanlage
säumen, die als möglicher Bauplatz für eine
Kirche in Erwägung gezogen wurde. Nach er-
neuter Abänderung des Plans, der eine Be-

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