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Böker, Doris [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 31): Stadt Oldenburg (Oldenburg) — Braunschweig, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.44439#0099
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beim Brand zerstörten Häuserblocks wurden
1677 für die dänische Garnison drei Baracken
aufgestellt, die später bis zu ihrem Abbruch
1836/37 als Kranken- und Armenbaracken
dienten. Abgesehen von der 1858/59 giebel-
ständig zur Wallstraße errichteten Stadtkna-
benschule von H. D. Hillerns ist die durch den
Brand entstandene Freifläche bis heute weit-
gehend unbebaut geblieben.
Den östlichen Abschnitt der Wallstraße, der
von der Langen Straße her mit dem „ Lappan “
als Point de vue durch die markanten Eckge-
bäude Lange Str. 89 und Nr. 90 eingeleitet
wird, begrenzt auf der Südseite eine giebel-
ständige Häuserzeile (Nr. 18-25). Ihre zu-
rückhaltende Fassadengestaltung, die vor al-
lem für die drei Vertreter des dreiachsigen,
zweigeschossigen Hauses mit Drempel unter
einem Satteldach typisch ist (Nr. 20, erb.
1889; Nr. 23, erb. 1890; Nr. 25, erb. 1888),
vermittelt noch das charakteristische Erschei-
nungsbild einer weniger bedeutenden Sei-
tenstraße zu Beginn unseres Jahrhunderts.
Nur das zweigeschossige Eckgebäude mit
dem Mezzaningeschoß an der Mottenstraße
zeigt im ersten Obergeschoß mit den ädiku-
laähnlich gerahmten Rundbogenfenstern hi-
storistische Dekorationselemente (Nr. 18,
erb. 1868).
Herausragendes Gebäude unter hohem Sat-
teldach der südlichen Gruppe ist der 1793 als
erste Seifensiederei des Herzogtums errich-
tete Backsteinbau Nr. 24. Er stellt das einzige
Beispiel eines frühklassizistischen Wohn-/
Speicherhauses in der Oldenburger Altstadt
dar. Über einem Gewölbekeller erheben sich
zwei hohe Geschosse, das untere als Kontor,
das obere Wohnzwecken dienend. Das dritte
niedrigere Geschoß wurde ebenso wie die
beiden Dachgeschosse als Speicher genutzt.
In die Entstehungszeit des Hauses verweisen
die den Giebel einfassenden geometrisieren-
den Voluten sowie der bekrönende Pinien-
zapfen, außerdem die geschnitzte Eingangs-
tür. Die Fassade wird heute wesentlich durch
die symmetrisch angeordneten Ankersplinte
in zierlichen Formen und den 1905 aufge-
brachten Putz geprägt.

BEFESTIGUNGS- UND
WALLANLAGEN
Das mittelalterliche Oldenburg wardurch eine
Stadtmauer und den ringförmig um die Stadt
geleiteten, im Westen von der Haaren, im Sü-
den von der Hunte gespeisten Wassergraben
befestigt, wobei die Burg den Schwerpunkt
der Verteidigungsanlage bildete. Der sich
wandelnden Kriegstechnik im Zeitalter der
Renaissance trugen die seit Ende des 15. und
intensiv im ersten Drittel des 16. Jh. einset-
zenden Bemühungen Rechnung, die unter
fortifikatorischem Aspekt zweigeteilte Stadt in
einem grabenumzogenen Wallbering zusam-
menzufassen, der durch Rondelle und Rund-
türme bewehrt wurde. Zusätzlichen Schutz
boten die nur überZugbrücken erreichbaren
Torwerke, die teilweise verstärkt worden wa-

ren. Seit 1518 flankierten zwei Rundtürme
das Dammtor, und auch das Everstentor be-
wehrte ein 1529 erbauter Geschützturm. Am
Nordostende des Schloßwalls gelegen, stellt
dieser kreisförmige Backsteinbau mit ge-
schoßunterteilendem Deutschen Band, des-
sen charakteristischer Kuppelabschluß auf
einen Umbau im Jahre 1623 zurückgeht, das
einzige erhaltene Bauwerk der Befestigung
Oldenburgs dar. Heute wird der sog. Pulver-
turm als Ausstellungsraum genutzt. Unmittel-
bar nördlich davor fand der um 1895 von P.
Peterich geschaffene Brunnen in Form eines
Kelchs Aufstellung, in dessen Mitte die Bron-
zefigur eines Knaben mit Fisch steht.
Im Verlauf des weiteren Ausbaus unter Graf
Johann VII., der die Wälle verbessern ließ,
wurde die Befestigung um Rondelle beim Ar-
menhaus an der Gaststraße, an Haareneck
und dem Stautor ergänzt. Sein Sohn, Graf
Anton Günther, veranlaßte ab 1615 die
Durchführung von Schanzarbeiten und 1625
die Regulierung der Hunte, deren Bett bis da-
hin in einem Bogen zum Inneren Damm
führte.

Schließlich erfolgte während des Dreißigjäh-
rigen Krieges als Abschreckungsmaßnahme
die Umgestaltung zu einer Festung nach alt-
niederländischem Muster, das sich durch
lange Kurtinen mit relativ kleinen Bastionen in
gebrochener Linienführung, Niederwälle und
breite Wassergräben auszeichnete, in denen
als Verteidigungswerke Ravelins und Halb-
monde angelegt wurden. Die Arbeiten fanden
in den dreißiger Jahren und im Jahre 1644
statt. Indes wurden nicht alle projektierten
Verbesserungen in der vorgesehenen Weise
realisiert, so daß z.B. die Abbildung in der
Winckelmannschen Chronik von 1671 als
idealtypische Darstellung der Festung zu ver-
stehen ist, die dank der diplomatischen Neu-
tralitätspolitik Graf Anton Günthers ihre Ver-
teidigungsstärke nicht unter Beweis stellen
mußte.
Bereits seit Beginn der dänischen Herrschaft
über Oldenburg ab 1667 bestand ein Inter-
esse daran, die Stadt als südwestlichen Eck-
pfeiler im Verteidigungssystem des König-
reichs zur Festung auszubauen. Dieser Plan
wurde immer wieder wegen andererdringen-

Wallstr. 3 Wallstr. 18, 19, 20, 21,23


Schloßwall, Geschützturm, 1529; Brunnen von P. Peterich, um 1895


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