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Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 9, Teil 1): Stadt Wolfenbüttel — Braunschweig, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.44416#0015
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STADT WOLFENBÜTTEL
Geschichtlicher Überblick
und Überblick über die räumliche Entwicklung
Wolfenbüttels Geschichte läßt sich bis zur ersten urkundlichen Erwähnung der
Burg „Wulferesbutle" durch den Bischof von Halberstadt im Jahre 1118 zu-
rückverfolgen. Über eine frühere Besiedlung gibt es lediglich Vermutungen.
Die erste Epoche der mittelalterlichen Herrenburg als Sitz eines brunonisch-
welfischen Ministerialengeschlechts dauerte bis 1255. Sie hat möglicherweise
schon an der Stelle des heutigen Schlosses gestanden. In dieser Zeit starben die
Brunonen aus und die Herren der Burg waren Lehnsleute der welfischen Herzö-
ge. Im Jahre 1191 zerstörte Heinrich der Löwe im Zusammenhang mit einem
Ministerialenaufstand die Burg. Seit der Eroberung der Burg im Jahre 1254
durch Herzog Albrecht I und König Wilhelm von Holland blieb diese fest in
welfischer Hand.
1283 erbaute Herzog Heinrich der Wunderliche die wüst liegende Herrenburg
(wohl an gleicher Stelle) zu einer Residenzfeste als Grenzbefestigung gegen das
Bistum Hildesheim aus. Diese wurde bald eine bevorzugte Residenz des Älteren
Hauses Braunschweig. Als Grund hierfür wird der vom südlichen Okerarm hier-
her in den Schutz der Burg verlegte Okerübergang vermutet, der jedoch erst
seit 1346 urkundlich erwähnt wird. Aus der ehemaligen Wasserburg ist dann
nach zahllosen Um- und Zubauten das heutige Schloß entstanden.
Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Nachrichten über Ansiedlungen in
unmittelbarer Nähe zur Burg. Infolge der ungünstigen topographischen Lage in-
mitten der Okerniederung mußte die sogenannte Vorburg auf einer Anschüt-
tung (Damm) errichtet werden. Die Siedlung um die 1301 erwähnte Marien-
kapelle auf der östlichen Flußseite lag wohl auf einer Okerinsel. 1315 wird die
Longius Kapelle auf dem Damm erwähnt, sowie ein Vorwerk (Wirtschaftshof
zur Burg) und eine Wassermühle (Vorgänger der Dammühle), welche mögli-
cherweise sogar der Ausgangspunkt der gesamten Ansiedlung in diesem Bereich
war.
Stadtgründung
Von 1432 an, als Herzog Heinrich der Friedfertige sich nach zahlreichen Strei-
tigkeiten mit Hilfe der Stadt Braunschweig in den Besitz der Burg Wolfenbüttel
bringen konnte, war Wolfenbüttel der ständige Regierungssitz der Weifenher-
zöge des Mittleren Hauses Braunschweig im Herzogtum Braunschweig-Lüne-
burg. Dieses war zu Beginn des 15. Jh. durch Teilung aus dem Älteren Haus her-
vorgegangen. 1495 gab die Feste dem Fürstentum Wolfenbüttel den Namen. In
diese Zeit der ständigen Residenz (bis 1753/54) fällt die politische wie kultu-
relle Blüte von Wolfenbüttel, deren erste Phase jedoch 1542 durch die Auswir-
kungen der Schmalkaldischen Kriege unterbrochen wurde. Bis dahin hatten
sich, angezogen durch den verstärkten Verkehr am Okerübergang der Minden-
Magdeburger Heerstraße nahe der Burg sowie die fürstliche Hofhaltung, zahl-
reiche Neuansiedler niedergelassen.
Herzog Heinrich der Jüngere (1514—68) ließ die Burg mit der Dammsiedlung
zitadellenartig befestigen und mit zwei Toren, dem Älten Mühlentor bei der
Dammühle im Westen und dem Dammtor im Osten versehen. Der so einge-
schränkte Raum auf der ,,Dammfeste" und der anhaltende Bevölkerungszu-
wachs machten es schließlich notwendig, auch das rechte Okerufer um die Ma-
rienkapelle mit Hilfe von Aufschüttungen weiter zu besiedeln. 1530 wurde u.a.
das Vorwerk in den Bereich der späteren Kanzlei verlegt. Bereits um 1542 war
die Siedlung „Neustadt Zu unserer lieben Frauen" befestigt und mit einem Tor
im Norden, dem Alten Tor, versehen (siehe Holzschnitt von L. Cranach, Hein-
richstadt). Nach der Zerstörung und Schleifung der Feste und der Siedlung in-
folge der Schmalkaldischen Kriege begann ein wohl weitgehend ungeordneter
Wiederaufbau. Diesen Zustand fand Herzog Heinrichs Sohn Julius zu Beginn
seiner Regierungszeit vor. 1568 kann als Ende der ersten Phase der Stadtgrün-
dung bezeichnet werden, die mit dem Tod Herzog Heinrich des Jüngeren und
der Einführung der Reformation in das Herzogtum abschloß.
Bis dahin gehörte der Bereich der Burg und der Dammsiedlung bis zur Oker
kirchenrechtlich zur Pfarre Lechede und damit zur Diözese Hildesheim, die

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