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Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 9, Teil 1): Stadt Wolfenbüttel — Braunschweig, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.44416#0140
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WOLFENBÜTTEL-LEINDE
Leinde hat ca. 520 Einwohner und liegt
rund 7 km südwestlich vom Wolfenbütteler
Zentrum in einer breiten Senke zwischen
Oderwald und den östlichen Ausläufern der
Lichtenberge. Die Ortslage grenzt im Westen
an die Bahnlinie Braunschweig-Salzgitter
Bad und hat einen Anschluß an die dazu
parallel verlaufende Bundesstraße B 248.
Trotz dieser Barrieren ist Leinde, wie auch
das zuvor erwähnte Nachbardorf Adersheim,
seit jeher zum Salzgittergebiet orientiert,
dem es bis 1807 auch verwaltungsmäßig an-
gehört hat.
Obwohl auch hier die Anzahl der landwirt-
schaftlichen Betriebe wie in allen Ortsteilen
abgenommen hat und die weitläufigen Indu-
strieareale von Salzgitter sich in nächster
Nachbarschaft befinden, ist der ländliche
Charakter des Dorfes noch vorherrschend.
Die ersten urkundlichen Nennungen Leindes
sind umstritten, doch die Existenz des Dor-
fes ist seit dem 11. Jh. als gesichert anzuneh-
men (1078 „Lenethe"). Im 13. Jh. ist ein
Adelsgeschlecht derer von Leinde bezeugt.

Als Pfarrdorf gehörte Leinde im Mittelalter
zum Kirchenbann Barum.
Die Ortslage erstreckt sich in einem unter-
schiedlich breiten Band zu beiden Seiten der
in Ost- Westrichtung verlaufenden Kreisstra-
ße (ehemals Meierstraße), die früher viel-
leicht durch den Odenwald zur Goslarschen
Heerstraße im Okertal bei Halchter geführt
hat. Die rechtwinklig nach Norden abzwei-
gende Straße nach Adersheim am Ostende
des Dorfes stammt aus neuerer Zeit. Das
übrige Wegenetz, das Leinde mit seinen
Nachbarorten verbindet, ist durch die Sepa-
ration 1853/56 und später stark verändert
worden. Lediglich die alten Wege nach Cram-
me existieren als Crammer- und Bäckerstraße
fort. Um den Knotenpunkt Bäckerstraße/
Kreisstraße, in den damals noch zwei weitere
Wege mündeten, hatte sich der Dorfmittel-
punkt mit Kirche, Pfarre und Schule sowie
dem Gemeindeeigentum des Kuh- und
Schweinehirtenhauses gebildet (früher Bäk-
kerstraße 2 und 6).
Ev. Kirche
Die ostwestgerichtete Kirche liegt inmitten
der als öffentliche Grünanlage gestalteten

Leinde, Kreisstraße 29, Pfarrhaus, 1880


Leinde, ev. Kirche


Leinde, Bäckerstraße 3, um 1750



Leinde, Kurzer Weg 1, Scheune/Stallgebäude

Leinde, Kreisstraße 35, ehemaliges Schulgebäude,
Mitte/2. Hälfte 18. Jh.

ehemaligen Kirchhoffläche mit einem Krie-
gerdenkmal im Westen. Sowohl die Umfas-
sungsmauern des Kirchenschiffs mit einem
zugesetzten Spitzbogenfenster im Norden
als auch der untere Teil des Turmes stammen
wohl aus dem 14./15. Jh. und wurden in
Bruchsteinmauerwerk errichtet. Das Schiff
hat einen geraden Schluß mit einer erneuer-
ten Eckverquaderung. Das Satteldach ist hier
abgewalmt. Die Wände wurden um ca. 1 1/2m
erhöht. Die großen, flachen, segmentbogigen
Fenster stammen wohl aus der Mitte des
19. Jh., desgleichen die flache Segmentbo-
gendecke sowie die Kanzelaltarwand und die
dreiseitige, auf gußeisernen Säulen ruhende
Empore. Der rechteckige mit dem Schiff
fluchtende Turm ist mit diesem durch eine
rundbogige Öffnung verbunden, die wohl bei
den umfangreichen Umbauarbeiten am Ende
des 19. Jh. entstanden ist. Aus dieser Zeit
stammen auch das westseitige Portal mit
Windfang und der Turmaufbau (1894), der
hohe rundbogige Schallöffnungen anstelle
vermauerter spitzbogiger Öffnungen des
alten Glockenhauses aufweist, sowie dessen
helmartiges hohes Dach.
Von dem im Westen anschließenden ehema-
ligen Pfarrhof, Kreisstraße 29, steht heute
lediglich das weit von der Straße zurückgele-
gene Wohnhaus von um 1880. Es ist ein re-
präsentativ wirkender Fachwerkbau mit An-
dreaskreuzverstrebungen und einer rückseiti-
gen Biberschwanzziegel- und Schieferplatten-
verkleidung. Der symmetrisch gegliederte
Baukörper wird an den Längsseiten durch
vorgezogene Mittel risalite unter einem
Zwerchhaus betont; die zeitgenössischen
Hauseingänge dort sind über eine hohe vorge-
legte Treppe zu erreichen. Das frühere giebel-
ständig zur Kreisstraße gelegene Schulhaus,
Kreisstraße 35, liegt im Osten der Kirche
und war wohl ehemals auf die Bäckerstraße
bezogen. Das weitgehend erhaltene Fach-
werkgebäude aus der Mitte/2. Hälfte des
18. Jh. wird derzeit als Wohnhaus und Gast-
wirtschaft genutzt. Während die westliche
Längsseite und die Giebelseiten ziegelbehan-
gen sind, zeigt die Ostfassade einen Gefüge-
aufbau mit knapp vorkragendem Oberge-
schoß, dessen Setzschwellen sowie die zu-
rückliegenden Füllhölzer gefast sind. Im
Erdgeschoß sind Gefügeänderungen aus dem
19. Jh. ablesbar. 1865 wurde das Gebäude
durch ein neues westlich gelegenes Schul-
haus ersetzt.
Auf dem südlich angrenzenden Hofgrund-
stück hat sich ein kleines Wohnwirtschafts-
gebäude, Bäckerstraße 3, mit Kern von um
1750 erhalten. Das Gefüge des Oberstocks
mit Halben Riesen und Fußstrebenpaaren
kragt knapp vor. Die ziegelbehangene Rück-
seite ist wohl in Geschoßbauweise errichtet
worden.
Die bedeutendsten und größten Hofanlagen
des Dorfes hatten sich seit jeher auf der
Nordseite der heutigen Kreisstraße angesie-
delt (Ackerhöfe und 4 Halbspännerhöfe im
18. Jh., vgl. historischen Feldriß von 1765).
Sie lagen z.T. direkt an der Straße und zeig-
ten in der Regel die typische Hofform, bei
der das ostwestgerichtete Wohn-Wirtschafts-
gebäude von der Straße zurücklag und die

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