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Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 9, Teil 1): Stadt Wolfenbüttel — Braunschweig, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.44416#0119
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WOLFENBÜTTEL-ADERSHEIM

Ev. Kirche St. Jacobus

Adersheim liegt ca. 7 km südwestlich der In-
nenstadt von Wolfenbüttel. Ebenso wie das
Nachbardorf Leinde (s. dort) ist Adersheim
aufgrund seiner geografischen Lage stark
dem westlich anschließenden Salzgittergebiet
zugewandt.
Der Ort wird heute im Norden und Westen
von der Landstraße von Wolfenbüttel nach
Salzgitter tangiert. Nur im Norden hat sich
die ursprüngliche Besiedlungsgrenze des Dor-
fes unverbaut erhalten. Der Ortsrand war
ehemals durch eine abschirmende Knick-
Pflanzung gekennzeichnet, von der im Osten
wohl noch Reste vorhanden sind. Im Südwe-
sten dagegen hat sich eine Entwicklung der
Besiedlung über diese ursprüngliche Dorf-
grenze hinaus seit dem Ende des 19. Jh. voll-
zogen. Die dort entstandenen Anbauerstellen
sowie die im Zusammenhang mit dem Bau
eines Wasserwerks (1939) errichteten Wohn-
hauszeilen sind heute weitgehend verän-
dert.
Im übrigen ist Adersheim heute noch ein
kompaktes Dorfgebilde, dessen jüngste Sied-
lungsgebiete sich eng an den alten Dorf kern
anschließen. Um das Dorf schließt die freie
Feldmark an, die im Süden zu einem sanften
Höhenrücken ansteigt. Adersheim liegt insge-
samt etwas höher als die übrigen Dörfer der
Umgebung. In einiger Entfernung wird es
von dem Brückenbach umflossen, der die
Nachbardörfer verbindet. Im Süden und
Osten bildet der Oderwald den Horizont, im
Westen die Industrieanlagen der Salzgitter-
werke.
Adersheim wurde um 1150 erstmals ur-
kundlich erwähnt (1150 Adershemi, später
Adersem u.a.). Im 13. bis Mitte des 14. Jh.
lebte in Adersheim das Adelsgeschlecht von
Adersem. Der Name bedeutet „Heim des Ad-
heri". Dieser war möglicherweise der Grün-
der des Dorfes zu fränkischer Zeit. Funde
einer Tonperle sowie von Urnen auf der Flur
um Adersheim (nahe der nordöstlich gelege-
nen Wüstung Klein Adersheim) deuten je-
doch auf einen wesentlich älteren Besied-
lungszeitraum hin. Es ist zu vermuten, daß
der von einem Wassergraben umgebene Hügel
zwischen Westerntorstraße, Melkeweg und
Wallwinkel die letzte Spur einer sogenannten
Motte ist. Diese etwa aus dem 10. Jh. stam-
menden Turmburgen bestanden aus einem
von Wasser umgebenen Hügel, auf dem ein
hölzerner oder steinerner Turm errichtet
war, welcher zu Wohn- und Wehrzwecken
diente.
Zu der Burganlage gehörte später wohl der
gesamte nordöstliche Dorfbereich, der heute
etwa die beiden Hofanlagen Westerntorstra-
ße 8 und 11 umfaßt. Es sind die im 16./
17. Jh. erwähnten Meierhöfe, deren Besitzer
sich noch 1793 Burgmeier nannten (s.u.). Sie
schließen mit ihren Grundstücken heute
noch unmittelbar an den alten wasserumflos-
senen, quadratischen Burghügel an und
schaffen damit eine markante räumliche Si-
tuation.
Adersheim war bereits im 13. Jh. Pfarrsitz.
Es stand bis 1630 unter dem Patronat des
Stiftes Steterburg und später unter herzogli-
cher Schirmherrschaft.

Das Kirchengebäude liegt am südlichen
Rand des alten Dorfkerns inmitten der be-
grünten Fläche des ehemaligen Friedhofs. Es
stammt im Kern aus dem 14. Jh., der Turm
wurde wohl im 14./15. Jh. errichtet. Das
Kirchenschiff ist ein einheitlich rechteckiger
verputzter Saalbau mit geradem Abschluß.
Die großen, im Inneren korbbogigen Fenster-
öffnungen wurden um 1766 eingefügt, wäh-
rend die außen sichtbaren Öffnungen in goti-
sierender Form wohl vom Ende des 19. Jh.
stammen. Der von einer Voutendecke abge-
schlossene Innenraum wird beherrscht von
der barocken Kanzelwand mit mittigem Kan-
zelkorb. Der Orgelprospekt über der Empore
wurde 1906 aufgestellt. Der rundbogige Zu-
gang zum Turm ist ein Relikt des Ursprungs-
baukörpers. Der Turm selbst ist querrecht-
eckig und gegenüber dem Schiff eingezogen.
Das Bruchsteinmauerwerk mit Eckverquade-
rung ist von kleinen übereinanderliegenden
Fensterschlitzen unterbrochen; die allseitig
spitzbogigen Schallöffnungen sind 1912 z.T.
vergrößert worden; das nordseitige Eingangs-
portal hat eine profilierte Türwandung.

Der Kirche zugeordnet ist das im Norden in
Parallelstellung errichtete ehemalige „Pfarr-
witwenhaus", die spätere Anbauerstelle
Kirchgasse 3. Dieser in Geschoßbauweise er-
richtete Fachwerkbau wohl aus der 2. Hälfte
des 17. Jh. gehört zu den ältesten des Dor-
fes. Im Dorfbild fällt er durch sein hohes,
heute ziegelgedecktes Walmdach auf. Das
Gefüge im nordseitigen Erdgeschoß ist größ-
tenteils massiv ersetzt, während die Südseite
horizontal verbrettert ist. Das im Osten vor-
gelagerte Stallgebäude stammt von 1823.
1822 wurde der neue Pfarrhof westlich der
Kirche errichtet. Er besteht aus dem großen
schlichten Fachwerk-Wohnhaus unter Krüp-
pelwalmdach, Am Klinkerberg 8, und dem
heute zu Wohnzwecken umgenutzten Stall-/
Scheunengebäude, Am Klinkerberg 6.
Der Dorfkern unterscheidet sich in seiner
auf Hofstellen und Erschließungswege bezo-
genen Struktur wenig von dem des 18. Jh.
Verwinkelte Straßen und Erschließungs-
stiche führen heute noch weitgehend unver-
ändert zu den einzelnen Höfen und lassen
ein reizvolles Bild entstehen. Dieses wird
außerdem bestimmt von langgestreckten, in

Adersheim, Kirchgasse 3, 2. Hälfte 17. Jh., Adersheim, ev. Kirche St. Jacobus
ehemaliges Pfarrwitwenhaus


Adersheim, Westerntorstraße 8


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