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Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 9, Teil 1): Stadt Wolfenbüttel — Braunschweig, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.44416#0019
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Die nachfolgenden Herzöge Rudolf August (1666—1704), Anton Ulrich (1685
— 1704/14) und August Wilhelm (1714-31) verschönerten das Stadtbild durch
repräsentative Bauten (Trinitatiskirche, Vorgängerbau der Herzog August Bi-
bliothek, Barockisierung des Schlosses usw.). Außerhalb der Stadt entstanden
die Lustschlösser Salzdahlum (1689—94) und Antoinettenruh (1703). Die
Politik der Stadtherren mit der Hinwendung zum Königreich Preußen (die
Hochzeit von Kronprinz Friedrich mit der Schwester Herzog Karl I fand im
Kleinen Schloß statt und hatte den Einbau des Festsaals 1723 zur Folge),
führte Wolfenbüttel in den Siebenjährigen Krieg. Dieser hatte zwar keine Ver-
wüstungen zur Folge; die Besetzungen laugten die Stadt jedoch finanziell aus.
Die Siedlungsteile, die in Wolfenbüttel in absolutistischer Zeit als jeweilige Ein-
heiten geplant und gebaut worden sind, waren auch für lange Zeit rechtlich un-
abhängige Gebilde. Lediglich die Heinrichstadt war nach ihrer Gründung die
beschränkte städtische Selbstverwaltung mit eigener Niedergerichtsbarkeit ver-
liehen worden. Erst im Jahre 1747 entstand durch die Vereinigung stämtlicher
Teile mit der Heinrichstadt die „Stadt Wolfenbüttel" als übergeordnete Ge-
meinde über die einzelnen Stadtteile. Sie war dem Rat der Heinrichstadt unter-
stellt, unterstand jedoch der verstärkten Aufsicht der landesherrlichen Behör-
den. 1772 verzichtete der Herzog auf die direkte Kontrolle der Stadtverwal-
tung. 1808 deutete sich die Trennung von Justiz und Verwaltung an, die 1825
schließlich eingeleitet wurde. 1825 wurde als erster Beamter wieder ein herzog-
licher Stadtdirektor eingesetzt. Erst 1820, zur Zeit Herzog Karl II wurde Wol-
fenbüttel aufgrund einer neuen Landschaftsordnung das volle Stimmrecht zuer-
kannt, das andere Städte im Herzogtum schon lange besaßen. Seit 1834 hatte
Wolfenbüttel eine Stadtverfassung nach der Braunschweigischen Städteordnung,
seit 1935 nach der Deutschen Gemeindeordnung. Vor der Zusammenfassung
der Stadtteile gehörten diese entweder zum Gericht Dahlum oder Beddingen,
unterstanden jedoch bis 1807 dem Amt Wolfenbüttel. Die Gerichtsbarkeit war
seit 1747 dem Residenzamt genommen worden und wurde weitgehend dem
Polizeiamt der Stadt übergeben. Ab 1807—1813 war Wolfenbüttel Stadtkanton,
1814—1850 Polizeidirektion. Seit 1850 war sie Sitz der Kreisdirektion des
Landkreises Wolfenbüttel und eines Amtsgerichts.
Die umliegenden Dörfer gehörten ebenfalls meist bis etwa 1750 zu den Gerich-
ten Dahlum oder Beddingen unter der Botmäßigkeit des Amtes Wolfenbüttel;
1751 bis 1807 entweder zum Amt Rothenhof bzw. zum Amt Salzdahlum
(Salzdahlum, Ahlum, Atzum), die meisten zum Residenzamt Wolfenbüttel. Ab
1807 bis 1813 waren sie Teil des Landeskantons Wolfenbüttel und seit 1850
gehörten sie dem Landkreis Wolfenbüttel an. Eine Ausnahme war Salzdahlum,
das erst nach der Zusammenfassung beider Gemeindeteile 1857 zum Landkreis
kam.
Mit der Übersiedlung des Hofes nach Braunschweig war das Zeitalter der stän-
digen Residenz in Wolfenbüttel endgültig beendet. Das Ende war bereits 1671
mit der Eroberung der Stadt Braunschweig durch Herzog Rudolf August ein-
geleitet worden und vollzog sich in der Regierungszeit Herzog Ludwig Rudolfs
(1731—35) seit 1732 mit der Verlegung der Herzoglichen Kammer schrittweise.
1753/54 folgte die gesamte Hofhaltung und später, bis auf wenige Ausnahmen
wie die Bibliothek, das Archiv, usw. sämtliche Verwaltungsbereiche. Offiziell
blieb Wolfenbüttel 2. Residenz der Herzöge, doch lediglich das Lustschloß
Antoinettenruh wurde noch besucht. Bedingt durch diese Verlegung, die auch
einen Abzug der meisten Hofbeamtenfamilien zur Folge hatte, sowie durch die
Belastungen des Siebenjährigen Krieges war die wirtschaftliche Situation in
Wolfenbüttel besonders kritisch; denn diese war einseitig auf die Hofhaltung
ausgerichtet gewesen. Die Stadt besaß z.B. kein eigenes Land. Die Bevölke-
rungsentwicklung ging stark zurück (1776 von 9 000 auf 5 600 Einwohner) und
das kulturelle Leben sowie die bauliche Entwicklung stagnierten. Erst in den
Jahren 1861—64 hatte Wolfenbüttel die gleiche Bevölkerungszahl wie 1754, als
eine neue Phase der Entwicklung, bedingt durch die aufkommende Industriali-
sierung begann. Eine gewisse Besserung brachte die Auflösung der Vorwerks-
ländereien im 18. Jh. und die Vergabe der Gärten gegen Erbzins an die Wolfen-
bütteler Bürger. Damit fing die Entwicklung der Erwerbsgärtnerei an, die in der
2. Hälfte des 19. Jh. ein bedeutender Wirtschaftszweig wurde. Das Ende der
Festung Wolfenbüttel begann 1804, als man mit der Abtragung der Befesti-
gungswälle anfing, indem diese der Landesregierung abgekauft wurden (Kauf
des Schloßwalls und Abtragung auch von Teilen des Kleinen Schlosses durch
Polizeidirektor Drost von Rodenberg). Im Napoleonischen Krieg fiel die Stadt

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