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Rohstoff und Werkart sind gewöhnlich Zeugen des Bodenanteils insofern
als die Erde vom Standpunkt der bildenden Kunst ein Rohstofflager ist. Beide
Bilder sind zwar auf Eichenholz mit Ölfarben, aber in sehr verschiedenem
Pinselauftrag, gemalt. Bosch ist einer der ersten, der sich dem Einflusse des
Romanismus entziehen konnte, beziehungsweise wie Rembrandt völlig darüber
hinauskommt. Seine nur im Breitbilde, am kennzeichnendsten im Gesichte
des reuigen Schächers zu Tage kommende kühne Art, seelische Züge durch
den Pinselstrich festzuhalten, ist unnachahmlich und dem törichten Versuche
der Hand, die das Hochbild malt, völlig verschlossen geblieben. Dieser Nach-
ahmer malt auf den Glanz hin, er weiß viel besser als Bosch, wie man im
romanischen Süden, schulmäßig und der Zustimmung sicher, mit Pinsel und
Farbe umzugehen hat. Mantel und Schild des Scharfrichters sind dafür die
bezeichnendsten Belege.
Im gegebenen Falle zeugt die Landschaft des Breitbildes für das Entste-
hungsland; es ist die in die Unendlichkeit ausgedehnte Dünenwelt der Küste,
deren Sandwellen, ins Endlose hintereinander auftauchend, die Wesensart der
nordischen Festlandsküste kennzeichnen. Daß diese im Sinne des Schöpfers
des Bildes so heimatswahre Art der Landschaft erst nachträglich durch einen
das Hochbild in die Breite umsetzenden Nachbildner hinzugekommen sein
soll, ist mehr verlangt, als man jemals zugeben kann. Aus dieser Landschaft, die
eben nur durch die Kunst überhaupt erst Reiz bekommt, ist nicht nur das
Breitbild, sondern der Meister selbst in seiner ganzen Wesensart hervorge-
gangen. Da hat er das Versenken in das eigene Innere, die Beobachtung der
Stimmungen als das für ihn malerisch Ausschlaggebende überhaupt erst ken-
nen gelernt, ebenso wie aus dieser Versenkung die Beobachtung der inneren
Gestaltenwelt und die Kraft hervorgingen, seine Kunst ganz zum Ausdrucke
des eigenen seelischen Gehaltes zu machen.
Blut
Die künstlerische Persönlichkeit kommt im vorliegenden Falle darin am
eindruckvollsten zu Tage, daß dem Maler offenbar die seelischen Vorgänge
in den nach dem Gegenstande an sich nebensächlichen letzten Augenblicken
der beiden Schächer weitaus wichtiger erschienen als der abgedroschene
Vorgang der Kreuztragung Christi selbst. Darin bereiten sich die Kämpfe
vor, die Rembrandt mit den Bestellern seiner Gildenstücke auszukämpfen
hatte. Es wäre immerhin denkbar, daß eine Mißstimmung von seiten des Be-
XI
Rohstoff und Werkart sind gewöhnlich Zeugen des Bodenanteils insofern
als die Erde vom Standpunkt der bildenden Kunst ein Rohstofflager ist. Beide
Bilder sind zwar auf Eichenholz mit Ölfarben, aber in sehr verschiedenem
Pinselauftrag, gemalt. Bosch ist einer der ersten, der sich dem Einflusse des
Romanismus entziehen konnte, beziehungsweise wie Rembrandt völlig darüber
hinauskommt. Seine nur im Breitbilde, am kennzeichnendsten im Gesichte
des reuigen Schächers zu Tage kommende kühne Art, seelische Züge durch
den Pinselstrich festzuhalten, ist unnachahmlich und dem törichten Versuche
der Hand, die das Hochbild malt, völlig verschlossen geblieben. Dieser Nach-
ahmer malt auf den Glanz hin, er weiß viel besser als Bosch, wie man im
romanischen Süden, schulmäßig und der Zustimmung sicher, mit Pinsel und
Farbe umzugehen hat. Mantel und Schild des Scharfrichters sind dafür die
bezeichnendsten Belege.
Im gegebenen Falle zeugt die Landschaft des Breitbildes für das Entste-
hungsland; es ist die in die Unendlichkeit ausgedehnte Dünenwelt der Küste,
deren Sandwellen, ins Endlose hintereinander auftauchend, die Wesensart der
nordischen Festlandsküste kennzeichnen. Daß diese im Sinne des Schöpfers
des Bildes so heimatswahre Art der Landschaft erst nachträglich durch einen
das Hochbild in die Breite umsetzenden Nachbildner hinzugekommen sein
soll, ist mehr verlangt, als man jemals zugeben kann. Aus dieser Landschaft, die
eben nur durch die Kunst überhaupt erst Reiz bekommt, ist nicht nur das
Breitbild, sondern der Meister selbst in seiner ganzen Wesensart hervorge-
gangen. Da hat er das Versenken in das eigene Innere, die Beobachtung der
Stimmungen als das für ihn malerisch Ausschlaggebende überhaupt erst ken-
nen gelernt, ebenso wie aus dieser Versenkung die Beobachtung der inneren
Gestaltenwelt und die Kraft hervorgingen, seine Kunst ganz zum Ausdrucke
des eigenen seelischen Gehaltes zu machen.
Blut
Die künstlerische Persönlichkeit kommt im vorliegenden Falle darin am
eindruckvollsten zu Tage, daß dem Maler offenbar die seelischen Vorgänge
in den nach dem Gegenstande an sich nebensächlichen letzten Augenblicken
der beiden Schächer weitaus wichtiger erschienen als der abgedroschene
Vorgang der Kreuztragung Christi selbst. Darin bereiten sich die Kämpfe
vor, die Rembrandt mit den Bestellern seiner Gildenstücke auszukämpfen
hatte. Es wäre immerhin denkbar, daß eine Mißstimmung von seiten des Be-
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