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Ephron, Walter; Strzygowski, Josef <Prof. Dr.>; Bosch, Hieronymus [Hrsg.]
Hieronymus Bosch - Zwei Kreuztragungen: eine "planmässige Wesensuntersuchung" — Zürich, Leipzig, Wien, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.29309#0043
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zungsprozesses, der bei den meisten alten Grünfarben infolge ihres Kupferge-
haltes auftritt. Dadurch wird auch die Einsickerung des Firnisses in die Farb-
schichte gefördert. So dunkelt das Grün zu schwärzlichem Dunkelolivgrün nach.

Trotzdem die Farben auf beiden Bildern die gleichen sind, weisen sie den-
noch bei jedem einzelnen Farbton große Nuancenunterschiede auf. Man sieht
deutlich, daß es sich um zwei verschiedene Paletten handelt.

Ebenso verschieden wie die Farbwerte selbst ist auch die Technik der beiden
Bilder. Zeichnerisch sind wohl beide fast gleich straff und klar anschaulich
durchgearbeitet. Das ist nicht weiter bemerkenswert, da eines die Kopie des
anderen ist und beim Kopieren der Kontur, insbesonders der äußere Rand,
unschwer genau wiederholt werden kann. Anders steht es mit der Durch-
führung der Einzelheiten. Hier sieht man zweifellos zwei verschiedene Hände
am Werk.

Das Weinb.-Bild zeigt alle Einzelheiten in einer ziemlich ausführlichen, zeich-
nerischen Pinselschrift. Insbesonders in seinem figuralen Teil ist alles mit großer
technischer Virtuosität eingehend durchgeführt. Gesichter, Hände, Rüstungsteile
und Gewandmusterungen in vollkommen beherrschter Technik. Mit spitzem
Pinsel müssen diese räumlich kleinen Stellen fast miniaturmäßig ausgemalt worden
sein. Doch wird durch diese genaue Ausführung das Bild nicht glatt und kon-
trastlos, sondern es behält auch innerhalb seiner feineren Werkart eine optisch
rauhe Oberfläche, die in dem, wenn auch kleinstrichigen, so doch kräftigen,
männlichen Farbenauftrag begründet ist.

Das Mus.-Bild, das zwar genau dieselben Details aufweist, birgt all dies ein
wenig breitpinseliger und dadurch ungenauer. Die Gesichter und Hände sind
nicht so gut durchgearbeitet, ja öfter sogar ziemlich roh und unanatomisch
gestaltet. Die Oberfläche wirkt sehr rauh und grobkörnig.

Findet man im zeichnerischen Teil der Bilder so große Unterschiede, so ver-
stärkt sich dies noch mehr beim Vergleich der malerischen Eigenheiten.

Die Figurengruppen sind äußerst bunt gehalten. Doch genügten dem Autor
des Originals scheinbar die einfachen Farben nicht. Er überzieht sie ungefähr
nach dem Prinzip der Komplementärfarben mit durchschimmernden Lasuren,
mit weißen und farbigen Glanzlichtern, so daß z. B. viele Gewänder direkt zwei-
farbig schillernd, wie changeant erscheinen. Beide Bilder zeigen diese malerische
Technik. Doch ist das Weinb.-Bild auch im zweifarbigen Farbenauftrag viel
sicherer ausgeführt als das Mus.-Bild und wirkt dadurch leuchtender und durch-
scheinender.

Zwei Detailausschnitte, Abb. 1 u. 2, mögen als typische Beispiele für alle an-
deren Stellen dienen. Während die weißen Lichter am roten Mantel des Weinb.-
Bildes genau auf den Faltenbrüchen aufgesetzt sind und so die Modellierung

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