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Die Gartenkunst — 9.1907

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IX, 3

DIE G ARTENKUNST

63

uns, deren Aufgabe und Beruf es ist, für das landschaftlich
Schöne zu wirken, besonders willkommen sein muß. Den Ver-
handlungen über die Rettung des Grunewalds bei Berlin als
Volkspark (auch eine Angelegenheit, die jahrelang geruht hat)
folgt nun eine Beratung über den Gesetzentwurf gegen die
Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragen-
den Gegenden, die erfreulicherweise nicht wie üblich kurz ab-
gefertigt wurde, sondern eine fruchtbringende Aussprache ge-
zeitigt hat. Der Gesetzentwurf ist nicht ohne weiteres ange-
nommen worden, was wir durchaus nicht bedauern können, da
der Entwurf in der von der Regierung vorgelegten Fassung
doch noch recht unklar war. § 1. lautet: Die Ortspolizei ist
befugt, Bauausführungen zu verbieten, welche die Strassen und
Plätze oder das Gesamtbild einer Ortschaft oder in landschaft-
lich hervorragenden Gegenden das Landschaftsbild verunstalten.

Hierbei kommt zum Ausdruck, daß die Ortpolizei diejenige
Stelle sein soll, die darüber zu entscheiden hat, was künst-
lerisch schön, was landschaftlich schön, überhaupt was ästhe-
tisch schön sein soll. Bei allem schuldigen Respekt vor dieser
Obrigkeit dürfen wir es doch nicht unausgesprochen lassen,
daß uns hiermit nicht gedient sein kann. Wir kämen damit
vielleicht aus dem Regen in die Traufe. Dieser Standpunkt
ist auch von fast allen Rednern zu dem Entwurf eingenommen
worden, wenngleich auch der den Entwurf ressortmäßig ver-
tretende Minister der öffentlichen Arbeiten, Breitenbach, die
Bedenken mit dem philosophischen Trost zu beschwichtigen
suchte, es gebe viel Mittel und Wege, das Publikum vor Über-
griffen der Polizeibehörde zu schützen. Dieser Versuch, zu be-
schwichtigen, konnte die Volksvertretung nicht überzeugen und
so wurde dann unter ausdrücklicher freudiger Anerkennung
des Grundgedankens auf allen Seiten des Hauses der Entwurf
einer Kommission, aus 21 Mitgliedern bestehend, überwiesen.
Es ist durchaus wünschenswert, was auch alle Redner forderten,
es muß irgend eine Stelle geschaffen werden, die aus Sach-
verständigen und Interessenten besteht und entscheiden kann,
welches Gebiet geschützt werden soll — wir setzen hinzu, und
muß —. Diese Forderung läßt unzweifelhaft erkennen, eine
wie große Bedeutung die Beratung und Beschlußfassung über
diesen Entwurf für die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst
hat. § l;u. der 2. Absatz des § 2 unserer Satzungen lauten: die
Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst bezweckt: Förderung der
Gartenkunst im weitesten Sinne. Mittel zur Erreichung dieses
Zweckes sind: Förderung von Bestrebungen auf verwandten
Gebieten; Landesverschönerung, Waldästhetik, Erhaltung
landschaftlicher Schönheiten und Naturdenkmäler.

Leider ist es nicht üblich, bei den Kommissionsheratungen
der Abgeordneten Sachverständige zuzuziehen, so daß an dieser
Stelle ein Eintreten für unsere Forderungen schwer zu erreichen
sein wird. Es wird also ein anderer Weg zur Geltendmachung
unserer Ansichten einzuschlagen sein. Dieser Aufgabe ist sich
der Vorstand bewußt und es wird kein Mittel unterlassen
werden, für die Erreichung unseres Zieles zu wirken. Da
dem Vorstand diese Aufgabe durch die Mitarbeit recht
vieler Mitglieder bedeutend erleichtert wird, so erscheint es
durchaus wünschenswert, daß diese Frage bei den Gruppen-
sitzungen zur Aussprache kommt und dem Vorstand das
Resultat möglichst umgehend mitgeteilt wird.

Arthur Glogau.
Darmstädter Künstlerkolonie. Die Darmstädter Künstler-
kolonie tritt in der Gestalt der großherzoglichen Lehrateliers
für angewandte Kunst zu Darmstadt in eine neue Phase
der Entwickelung ein; auf die bekannte, mehr oder weniger
lose zusammengehaltene Schar freier Künstler folgt eine neue
Gründung, gleichsam ein Ausläufer des ins Wanken geratenen

Stammes, aus dem neues Leben blühen soll und, wenn die
Anzeichen nicht trügen, auch blühen wird.

Von den „Sieben", den ausgesprochenen Charakteren der
ersten Kolonie, ist nur noch Olbrich geblieben, denn auch
Christiansen hat mittlerweile Darmstadt verlassen. Auch
die Nachfolger der einzelnen Künstler sind wieder gegangen,
so daß auch innerlich kein Zusammenhang mehr besteht zwischen
Gewesenem und Werdendem. Fast alle früheren Mitglieder
sind in mehr oder weniger hervorragende Lehrstelleu ein-
gerückt und befruchten auf diese Weise das Kunsthandwerk.

Es war dies vielleicht ein Fingerzeig für die Neugestaltung
der Kolonie. Bei der Berufung der neuen Künstler an die
Lehrateliers hatte man nicht sosehr das Augenmerk auf
die Wahl eigenartiger Künstlercharaktere gerichtet, aber man
wählte Männer, die im Leben gestanden und sich bewährt
haben, die wissen, daß man von ihnen künstlerische Arbeiten
und vorzugsweise Einwirkung auf die Schüler erwartet.

Bücherschau.

Neue Aufgaben in derBauordnungs- und Ansiedelungs-
frage. Eine Eingabe des Deutschen Vereins für Wohnungs-
reform. Göttingen, Vandenhoeck u. Ruprecht. Preis 1 Mark.
Die neue Veröffentlichung des Deutschen Vereins für Wohnungs-
reform enthält auf engem Raum eine Fülle von wichtigen An-
regungen für die Bauordnungs- und Siedelungsfrage.

Aus den Leitsätzen mögen die für uns wichtigsten Punkte
hier zur Wiedergabe gelangen:

„I. Schon seit geraumer Zeit werden in vielen Gegenden
Deutschlands Industrieunternehmungen von ihren bisherigen
Standorten in den grofsen Städten und Industriemittelpunkten
in die entferntere Umgebung dieser Orte oder auch in ganz
neue Gegenden aufs Land oder in kleine Städte und ihre
Nachbarschaft verlegt; ebenso werden neue Industrieunter-
nehmungen vielfach von vornherein an den oben erwähnten Ört-
lichkeiten aufserhalb der herkömmlichen Sammelbecken unserer
Industrie gegründet. Diese ganze Bewegung hat bereits jetzt
einen grofsen Umfang erreicht und ist anscheinend ständig im
Wachsen. Sie wird aller Wahrscheinlichkeit nach durch den
bevorstehenden Bau neuer Schiffahrtskanäle in Preufsen, die
zur Ansiedelung an ihren Ufern einladen, einen besonderen
neuen und starken Anreiz erhalten.

II. AuCserdem geht auch im allgemeinen der Zug unseres
städtischen Lebens, wie er z. B. in den sich immer mehr aus-
breitenden Villen- und Landbausanlagen, den Kleinwohnungs-
und Kleingartenkolonien, den Bestrebungen für naturgemäfse
Lebensweise u. dgl. m. zum Ausdrucke kommt, dahin, für die
städtische Bevölkerung einen engeren Anschlufs an das Land
und die freie Natur zu gewinnen als bisher. Die aufserordent-
liche Entwickelung der lokalen Verkehrs-, wie auch der
sonstigen technischen Hilfsmittel (Fahr- und Motorräder, Auto-
mobile, Telephon u. dgl.) ermöglicht es, diesen Bestrebungen
in wachsendem Umfange Rechnung zu tragen.

III. Diese Entwickelung stellt naturgemäfs der Tätigkeit
der Behörden grofse und verantwortungsschwere, zugleich aber
auch äufserst lohnende Aufgaben. In den eben genannten Be-
zirken sind die Bodenpreise noch niedrig, oft noch rein land-
wirtschaftliche; aul'serdem stellen diese Bezirke auch sonst in
bezug auf die für sie zu erwartende starke Entwickelung ge-
wissermafsen ein Neuland dar, auf dem nicht, wie in unseren
Städten so vielfach, mit den Hindernissen der einmal vorhandenen
Bebauung und den Widerständen mächtiger Interessenten-
gruppen zu kämpfen ist. Diese Bezirke sind daher dazu be-
 
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