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Die Gartenkunst — 9.1907

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Lux, Joseph August: Ansichten und Gedanken
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Verschiedenes
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78

DIE GARTENKUNST

IX, 4

blume, Pelargonien, Lobelien und Petunien liefern die leben-
digen Farben an der Hausmauer und in den Beeten, wo die
Rosenbäume blühen. Ahorn, von der Schere gebändigt, bildet
eine grüne Architektur als Hecke und Torbogen über der
Zauntür. Auch eine Laube kann man gelegentlich vor dem
Hause finden, und wenn nicht hier, dann sicherlich hinter dem
Hause in dem eigentlichen Hausgarten, eine gemütliche Laube
von "Wein, Geifsblatt oder Kletterrosen überwachsen, ebenso
wie den Laubgang oder die Pergola, als Spender des Schattens.
Im übrigen ist es ein Blumengarten wie vorne am Hause, mit
rechteckigen Beeten und bunten Glaskugeln, die ein leuchten-
des Farbenspiel in die Blumenpracht setzen. Die heimatliche
Flora liefert den Bestand an Bauernblumen.

Einen gewissen Gegensatz zu den vornehmen höfischen
Gartenschöpfungen der Barocke und zu den volkstümlichen und in
ihrer Art nicht weniger vortrefflich gelösten alten Hausgärten,
den sogenannnten Biedermeiergärten, bildet die dritte Art, die
neuen „städtischen Park- und Gartenanlagen".

Die Schablone ist überall dieselbe. Eine Verquickung
französischer und englischer Gartenbaugrundsätze, die zu
keinen glücklichen Ergebnissen geführt hat. Von armseligen
Drahtgittern eingehegt, stellt ein Rasenfleck die Wiese, eine
unruhige stockige Zusammenstellung von Büschen gleichsam
den Wald vor. Französische Teppichbeete und krumme Wege,
die gänzlich aus der Richtung führen, charakterisieren die
Planlosigkeit der Anlagen, die infolgedessen auch vielfach un-
gemütlich erscheinen. Es ist sehr zu beklagen, dafs in der
dritten Kategorie von Gartenanlagen nicht die bodenständige
Tradition sorgfältiger berücksichtigt worden ist, damit sich das
Neue dem Alten würdiger anschliefse. Bei öffentlichen An-
lagen, bei denen es sich oftmals nur um die gärtnerische Aus-
bildung eines kleinen Fleckes Erde inmitten des Strafsenge-
wirres handelt, wäre die Beachtung des alten Beispieles be-
sonders vorteilhaft, denn es lehrt, dafs eine Gartenanlage um
so strenger architeKtonisch durchgeführt werden mul's, je kleiner
sie ist. Die Barockgärten mit den geschnittenen Laubwänden
geben ein schönes Vorbild. Der kleinste Fleck mag grofs er-
scheinen, eine grüne Einsamkeit bilden, die irgend ein Kunst-
werk wie ein Juwel umfafst und mitten im Grolsstadtlärm das
Gefühl der Entrücktheit gewähren kann. Aber wo ist in
unseren öffentlichen Anlagen die Laubwand oder die ge-
schnittene Hecke zu finden, wo das heimatliche Gartenmotiv,
die gemütliche Laube -

Von instinktiven Erkenntnissen geleitet, treibt es den
Grofsstädter in die freundlichen Gartenvororte hinaus, wo sich
die alte Kultur fortfristet, und er sucht dort seinem Natur-
und Schönheitsbedürfnis Nahrung zu geben, weil sie ihm die
Stadt versagt. Sie wird trotz des gröfseren Komforts an-
scheinend immer unwohnlicher, sofern ästhetische Eigenschaften
zur Wohnlichkeit gehören. Die Bauspekulation, die in den
Peripherien die trostlosen Mietkasernen errichtet, steht natürlich
nicht vor den alten Kulturwerken still.

Durch die andauernden Verwüstungen in den nächsten
Umgebungen der Städte ist die Parkfrage aktuell geworden.
In Wien wird die „Schaffung eines Wald- und Wiesengürtels
um Wien" erwogen, in anderen Städten wird sich die Park-
politik mit ähnlichen Fragen zu beschäftigen haben. In allen
Fällen aber soll es sich vernünftigerweise nicht so
sehr um Neuschaffungen als vielmehr um Erhaltung
des bestehenden Guten, also um eine Art Heimatschutz,
handeln. In diesem Sinne hat die Parkpolitik so ziemlich
in allen Städten eine wichtige und zeitgemäfse Kulturaufgabe
zu erfüllen. Mit der Schaffung neuer Anlagen sollte nament-
lich in den halbländlichen und oftmals entzückend schönen

Vororten lieber gewartet werden, bis die guten, alten Motive
der heimatlichen Tradition, auf die in diesem Zusammenhange
hingezeigt wurde, künstlerisch so verarbeitet sind, dafs endlich
wieder Gärten entstehen, die ebenso wie die alten, nach einem
Worte von Bacon of Verulam die Quelle reinster Freuden sind.

Verschiedenes.

Nochmals der Schöneberger Wettbewerb. Die ein-
zelnen Entwürfe, ihre Vorzüge und Fehler als Ersatz für das
nicht veröffentlichte Preisrichterprotokoll mit einigen kurzen Be-
merkungen hervorzuheben, war in der letzten Nummer der
Zeitschrift in Aussicht gestellt. Es wird nun bei der grollen
Zahl der Einsendungen nicht möglich sein, bei allen Arbeiten
alle Einzelheiten, gute und weniger gute, zu nennen, um das
Referat nicht zu lang werden zu lassen und am häufige
Wiederholungen zu vermeiden. Es sei zur Ergänzung hin-
gewiesen auf die allgemeinen Forderungen. Die Verfasser, in
deren Interesse diese kritischen Bemerkungen hauptsächlich
niedergeschrieben sind, werden aus der Gesamtheit derselben
das für sie außerdem noch Zutreffende entnehmen können.

Die Reihenfolge soll nicht einer Wertbestimmung gleich-
bedeutend sein, sondern dieselbe hat sich teilweise durch die
Ähnlichkeit in der Auffassung, teilweise durch den Platz im
Saale ergeben.

„Wald, Wiese, Wasser." Annehmbare Arbeit, ähnelt
den Arbeiten „Dem Volke" und „Treu dem Ideale". Die zu-
sammengehaltene Pflanzung und die weitausgedehnten Wiesen-
flächen wahren den Charakter der geforderten natürlichen
Landschaft. Wege scheinen in etwas reichlichem Maße vor-
handen zu sein, doch wird durch die Lage derselben in ver-
schiedenen Höhen dieses in Wirklichkeit nicht in die Er-
scheinung treten. Die Verbindung der Straße T nach Platz V
wäre besser in weniger großer Kurve geführt. Auch mußte
die Axe der Straße S betont und von R aus über den drei-
eckigen Platz ein direkter Zugang geschaffen werden.

„Treu dem Ideal" hat die Betonung der Straßenachse S
versehen und den Durchblick von der Straße P nach Westen
verbaut. Die Lösung des Platzes R ist gut. Die Arbeit zeigt
im übrigen gute Disposition und das Streben, dem Ideal —(Park,
der nach dem Erläuterungsbericht geschaffen werden soll) —
möglichst nahe zu kommen.

„Dem Volke" kann mit zu den besseren Lösungen ge-
zählt werden wegen der ruhigen Wirkung in der Pflanzung
und der Behandlung der Rasenbahn und der Wasserflächen.
Der Untergrundbahnhof ist nur von der Westseite freigelassen,
im Osten dagegen vollständig gedeckt.

Die Vorzüge von „Schöne Berge, schönes Tal" be-
stehen in einer kräftigen Betonung der Achse Straße S durch
eine Hainpflanzung, und in der Durchführung aller auf das
Gelände mündenden Straßen als Wege durch dasselbe, ohne
hierdurch Unruhe hineinzutragen. Eine ruhigere Linie hätte
allerdings dem Wasser gegeben werden müssen.

„Tallandschaft" steht über einer ganzen Anzahl der Ein-
sendungen durch seine meisterhaft ausgeführten Ansichten und
die guten architektonischen Lösungen, zu denen der Eingang
vom Platze R aus zu rechnen ist. Doch kann die landschaft-
liche Gestaltung weniger befriedigen, vor allem nicht die in
unmotivierten Schlangenwindungen geführten Wege.

„Fink" ist ebenfalls in den Fehler zuvieler Wege gefallen
und legt die Wasserfläche entschieden zu klein an. Die ein-
gezeichnete Ausnutzung des angrenzenden Baugeländes ent-
 
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