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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 1.1936

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Kurz, Otto: Drei Zeichnungen Pieter Brueghels des Älteren
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https://doi.org/10.11588/diglit.6336#0015

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will mit ihnen erreichen, „daß seine Beschauer an Hand jener Zeichnungen die wahre Betrach-
tung und das wahre Verständnis des wirklichen Lebens erlernen".

Die Beobachtung, daß die Dargestellten keine niederländischen Bauern sind — deren Aus-
sehen wir aus den Bildern der Aertsen und Beuckelaer kennen — ist überzeugend. Dagegen
vermögen die beiden anderen Deutungen nicht einer Kritik standzuhalten. Die nächstliegende
und auch durch den zeitgenössischen Sprachgebrauch1 zu stützende Meinung des „naert het
leven" paßt vollkommen zu der Gewissenhaftigkeit, mit der der farbige Tatbestand der Klei-
dung notiert wird (was sich in einem Fall sogar bis auf die Farbe des Rockfutters erstreckt).
Es ist nicht das Alltägliche, was Brueghel in seinen Zeichnungen aufsucht, sondern die ein-

3. Pieter Brueghel d. Ä., Federzeichnung. Wien, Slg. Liechtenstein

malige Erscheinung. Ständig auf der Jagd nach skurrilen Typen, hält er seine Beute mit do-
kumentarischer Genauigkeit fest. Später konnten dann diese Studien in Gemälden verwertet
werden, wie das in einem Fall (Tolnai 62) auch nachgewiesen wurde. Es genügt, sich Brueghels
Kolorit mit den ungebrochen eine Fläche füllenden Lokalfarben zu vergegenwärtigen, um die
Möglichkeit einer schriftlichen Fixierung der Farben zu begreifen. Keineswegs sind die ,,naert
het leven"-Blätter eine autonome Bildgattung. Gerade Brueghel scheidet scharf zwischen dem
Studienblatt und dem selbständigen, zum Verkauf oder zur graphischen Reproduktion bestimm-

1 Vgl. van Mander in der Biographie Brueghels (ed. Floerke I, 254), wo er von dessen Landschaften spricht:
„In zijn reysen heeft hy veel ghesichten nae t'leven gheconterfeyt", und an anderer Stelle (I, 256): „(hy) handelte
seer suyver en aerdig met de Pen, maeckende veel ghesichtkens nae t'leven."
 
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