Heidelberg
Die Abmachungen73) datieren vom 9. Oktober 1545. Sie sind widerruflich. Meister Grien -
man erhält jährlich einen Sold von 12 Gulden, dazu ein Stück Wein oder 4 Gulden, 8 Mal-
ter Korn, zwei Hof-Sommer- und Winterkleider, entsprechende Wohn- und Werkräume
und Kost bei Hofe (sofern er auf dem Schlosse arbeitet).
Daß Grienman Neuwirkereien fertigte, ist wahrscheinlich, aber bislang noch nicht bewie-
sen. Von den älteren Stücken des Heidelberger Schloßinventars von 1584 kommen viel-
leicht in Frage die „acht stuck mit bairischen wappen mit dem gülden flüß (Vließ) und
allerhand jagwerk, darunter ains, das Neckherjagen zu Heidelberg", ferner die „sechs
stuck, die verlorne zeit genant, alles von laubwerck und inmitten runde Scheiben, darinnen
die verlorne zeit" (eine Konzeption, die stark an Tournaiser74) und Brüsseler Arbeiten erin-
nert) , möglicherweise auch noch die Bären- und Wildschweinjagd. Die stärkste Wahr-
scheinlichkeit spricht für die „13 stuck rücktücher mit bairischen wappen und allerley jag-
werck, kommen von pfaltzgraf Friederich, alle in einer höhe".
Wann Grienman aus dem pfalzgräflichen Dienste ausscheidet, habe ich nicht ermitteln
können. Als neue Kraft schließt am 1. Mai 1567 Paul Rubentz, „würcker und tapezierer",
den Vertrag mit dem Herrn der Pfalz, Friedrich III.75). Er erhält eine Jahresbesoldung von
24 Gulden, zuzüglich zwei Ohm Wein, zehn Malter Korn und zwei Hofkleider. Als einzige
Arbeit des Meisters nennt das Heidelberger Schloßinventar (1584)76): „3 stück dapezereien
zu simsdüchern, hat dapezierer Paul Rubentz zu hertzog Johann Casimirs hochzeit ge-
macht" (1568). Das dargestellte Motiv wird nicht genannt, wahrscheinlich handelt es sich
um die Allianzwappen des fürstlichen Paares — Johann Casimir und Elisabeth von Sach-
sen (Tochter des Kurfürsten August) — auf Pflanzen- und Blütengrund.
Die Beziehungen des Wirkers zu Pfalzgraf Johann Casimir lassen immerhin darauf
schließen, daß Rubentz zu den Anhängern der reformierten Lehre kalvinischer Richtung
zählt, die in dem Fürsten nach dem Tode Friedrichs III. von Pfalz-Simmern (20. Okto-
ber 1576) nunmehr ihren Schutzherrn erblicken. Die wenig duldsame Haltung des streng
lutherisch eingestellten Kurfürsten, Ludwig VI. (gest. 12. Oktober 1583), veranlaßt die Mei-
ster der alten Richtung, Heidelberg den Rücken zu kehren, der Einladung Johann Casimirs
(gest. 6. Januar 1592) Folge zu leisten und nach Frankenthal überzusiedeln. Mitte August
bis Mitte Oktober 1577 wird die Abwanderung verstärkt durch Angehörige der französi-
schen Kolonie Schönau77). Als Wirker kommt in Frage Pierre Breul (Brei, Breuil), ,.dit le
tapissier" (gest. am 21. März 1591 in Frankenthal). Der Einzelfall ist an und für sich nicht
ausschlaggebend, schon aus dem einfachen Grunde, weil fast nie den Namen der Abge-
wanderten eine Berufsbezeichnung beigefügt ist. 1588 erfolgt in Heidelberg eine Personen-
bestandsaufnahme. „Vorm Obern Thor" haust die „alte Tapeziererin mit vier Kindern"
(die Witwe des verstorbenen Hofwirkers), „item der jetzige Tapecierer Arnold Guglier mit
Weib, 4 Kindern, 1 Magd". Es ist nicht ohne weiteres sicher, ob Guglier, zweifellos welscher
oder niederländischer Abkunft, sich als „Tapetenmacher" betätigte oder lediglich als kur-
fürstlicher Textilienverwalter sein Amt übte. Unzweideutig liegen dagegen die Verhältnisse
bei Georg Dürfelder, der ausdrücklich als „Teppichmacher" bezeichnet wird und (mit sei-
ner Frau und drei Kindern) in der „Groß Mantel Gaß" (an der Stadtmauer), in wenig gut
beleumundeter Gegend, eine Werkstatt betreibt78).
Umfangreicher scheint das Atelier des „Deppichmachers" Hans Höck — wohl die Ver-
stümmelung des Brüsseler Wirkernamens Hecke — gewesen zu sein, der mit seinem Weib
und einem Lehrjungen bei dem Winzer Martin Orgeler in der „Bronnen-Gaß" (beim Mann-
heimer Tor) Wohnung genommen hat.
Als Patronenzeichner kommt möglicherweise der Hofmaler Heinrich Trarbacher in
Betracht.
Das maßgebende Wirkereiunternehmen aus den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts
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Die Abmachungen73) datieren vom 9. Oktober 1545. Sie sind widerruflich. Meister Grien -
man erhält jährlich einen Sold von 12 Gulden, dazu ein Stück Wein oder 4 Gulden, 8 Mal-
ter Korn, zwei Hof-Sommer- und Winterkleider, entsprechende Wohn- und Werkräume
und Kost bei Hofe (sofern er auf dem Schlosse arbeitet).
Daß Grienman Neuwirkereien fertigte, ist wahrscheinlich, aber bislang noch nicht bewie-
sen. Von den älteren Stücken des Heidelberger Schloßinventars von 1584 kommen viel-
leicht in Frage die „acht stuck mit bairischen wappen mit dem gülden flüß (Vließ) und
allerhand jagwerk, darunter ains, das Neckherjagen zu Heidelberg", ferner die „sechs
stuck, die verlorne zeit genant, alles von laubwerck und inmitten runde Scheiben, darinnen
die verlorne zeit" (eine Konzeption, die stark an Tournaiser74) und Brüsseler Arbeiten erin-
nert) , möglicherweise auch noch die Bären- und Wildschweinjagd. Die stärkste Wahr-
scheinlichkeit spricht für die „13 stuck rücktücher mit bairischen wappen und allerley jag-
werck, kommen von pfaltzgraf Friederich, alle in einer höhe".
Wann Grienman aus dem pfalzgräflichen Dienste ausscheidet, habe ich nicht ermitteln
können. Als neue Kraft schließt am 1. Mai 1567 Paul Rubentz, „würcker und tapezierer",
den Vertrag mit dem Herrn der Pfalz, Friedrich III.75). Er erhält eine Jahresbesoldung von
24 Gulden, zuzüglich zwei Ohm Wein, zehn Malter Korn und zwei Hofkleider. Als einzige
Arbeit des Meisters nennt das Heidelberger Schloßinventar (1584)76): „3 stück dapezereien
zu simsdüchern, hat dapezierer Paul Rubentz zu hertzog Johann Casimirs hochzeit ge-
macht" (1568). Das dargestellte Motiv wird nicht genannt, wahrscheinlich handelt es sich
um die Allianzwappen des fürstlichen Paares — Johann Casimir und Elisabeth von Sach-
sen (Tochter des Kurfürsten August) — auf Pflanzen- und Blütengrund.
Die Beziehungen des Wirkers zu Pfalzgraf Johann Casimir lassen immerhin darauf
schließen, daß Rubentz zu den Anhängern der reformierten Lehre kalvinischer Richtung
zählt, die in dem Fürsten nach dem Tode Friedrichs III. von Pfalz-Simmern (20. Okto-
ber 1576) nunmehr ihren Schutzherrn erblicken. Die wenig duldsame Haltung des streng
lutherisch eingestellten Kurfürsten, Ludwig VI. (gest. 12. Oktober 1583), veranlaßt die Mei-
ster der alten Richtung, Heidelberg den Rücken zu kehren, der Einladung Johann Casimirs
(gest. 6. Januar 1592) Folge zu leisten und nach Frankenthal überzusiedeln. Mitte August
bis Mitte Oktober 1577 wird die Abwanderung verstärkt durch Angehörige der französi-
schen Kolonie Schönau77). Als Wirker kommt in Frage Pierre Breul (Brei, Breuil), ,.dit le
tapissier" (gest. am 21. März 1591 in Frankenthal). Der Einzelfall ist an und für sich nicht
ausschlaggebend, schon aus dem einfachen Grunde, weil fast nie den Namen der Abge-
wanderten eine Berufsbezeichnung beigefügt ist. 1588 erfolgt in Heidelberg eine Personen-
bestandsaufnahme. „Vorm Obern Thor" haust die „alte Tapeziererin mit vier Kindern"
(die Witwe des verstorbenen Hofwirkers), „item der jetzige Tapecierer Arnold Guglier mit
Weib, 4 Kindern, 1 Magd". Es ist nicht ohne weiteres sicher, ob Guglier, zweifellos welscher
oder niederländischer Abkunft, sich als „Tapetenmacher" betätigte oder lediglich als kur-
fürstlicher Textilienverwalter sein Amt übte. Unzweideutig liegen dagegen die Verhältnisse
bei Georg Dürfelder, der ausdrücklich als „Teppichmacher" bezeichnet wird und (mit sei-
ner Frau und drei Kindern) in der „Groß Mantel Gaß" (an der Stadtmauer), in wenig gut
beleumundeter Gegend, eine Werkstatt betreibt78).
Umfangreicher scheint das Atelier des „Deppichmachers" Hans Höck — wohl die Ver-
stümmelung des Brüsseler Wirkernamens Hecke — gewesen zu sein, der mit seinem Weib
und einem Lehrjungen bei dem Winzer Martin Orgeler in der „Bronnen-Gaß" (beim Mann-
heimer Tor) Wohnung genommen hat.
Als Patronenzeichner kommt möglicherweise der Hofmaler Heinrich Trarbacher in
Betracht.
Das maßgebende Wirkereiunternehmen aus den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts
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