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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0082

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F. Schlesien.

I. Herzogtum Brieg und Wohlau.

1. Brieg.

a) Urkundliche Belege

Georg IL, der Sohn Friedrichs IL, übernimmt mit der Erbteilung von 1541 die Herzog-
tümer Brieg und Wohlau, später auch die Herrschaft des Herzogtumes Liegnitz. Die Resi-
denzstadt Brieg erlebt einen ungeahnten Aufschwung; in nahezu vierzigjähriger Regierung
erweist der Herzog sich als eifriger Freund der Künste, als treuer Förderer der Wissen-
schaften. Unter dem 21. März 1564 erfolgt die Grundsteinlegung der Fürstenschule zu
Brieg; am 10. August 1569 geht die feierliche Einweihung vonstatten. Karl Masner1) bringt
den Bau mit einem Teppich im Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer in
Verbindung (Abb. 51) und folgert, daß der Auftrag bald nach 1564 erteilt wurde. Der Zeit-
punkt, zu welchem Georg II. Teppichwirker nach Brieg berief, steht nur vermutungsweise
fest. Am Sonnabend n. Septuag. 1563 erteilt der Herzog von Liegnitz und Brieg „Kund-
schaft" für den Teppichmacher Jacob von Husen, „der ihm etliche Jahre Tapetzerei ge-
macht habe"2). Jacob von Husen, dem Namen nach ein eingewanderter Flame, dürfte hier-
nach um 1560, voraussichtlich noch früher, seine Tätigkeit aufgenommen haben Die Nie-
derlassung der Teppichwirkerkolonie erfolgte zweifelsohne unabhängig von dem Baupro-
jekt der Fürstenschule; mit stärkerer Wahrscheinlichkeit steht sie mit der Weiterführung
des Schloßbaues in Verbindung. Wie dem auch sei, Meister von Husen wird schwerlich allein
in Brieg seine Arbeit aufgenommen haben; voraussichtlich begleitete ihn der übliche
Stamm von Gesellen. Es ist kaum anzunehmen, daß außer ihm noch mehrere selbständige
Meister tätig waren. Die urkundlichen Belege sind außerordentlich dürftig. Nach den Ein-
tragungen der zuständigen Kirchenbücher (Nikolaikirche zu Brieg)3) sterben dem „Tebicht-
macher" am 7. und am 8. Oktober 1572 zwei Kinder; am 21. und 24. Oktober desselben
Jahres beklagt die „Tebichtmacherin" wiederum den Verlust zweier Nachkommen. Es han-
delt sich augenscheinlich um ein und dieselbe Familie. Der Meister steht nicht unmittelbar
in herzoglichen Diensten. Die Tauf- und Sj.erbevermerke finden sich in den Büchern der
Stadtpfarrkirche (Nikolaikirche), nicht in denen der Schloßkirche (Hedwigskirche). Wann
Jacob von Husen aus dem Leben scheidet oder Brieg verläßt, habe ich nicht feststellen
können. Tatsache ist jedenfalls, daß zu Ende der siebziger Jahre, vielleicht noch früher.
Egidius Hohestraße in Brieg als „Teppichtmacher" ansässig ist. Das Schreiben des Her-
zogs an den Breslauer Rat vom 9. November 1579 scheint darauf schließen zu lassen, daß
„der Egidius, der Töppichmacher" vor nicht allzu langer Zeit aus Brüssel zugereist ist4).
Trotz des deutschklingenden Namens handelt es sich um einen Flamen, der wohl ursprüng-
lich van der Hohenstraeten geheißen haben dürfte. Dem Meister stirbt am 20. Mai 1591
ein Kind, weitere Todesfälle verzeichnen Eintragungen unter dem 31. Juli 1595 (ein Kind)
und dem 4. September 1608 (eine Tochter). Egidius zählt ebensowenig wie sein Vorgänger
zu dem Gefolge des Herzogs. Er ist frei arbeitender Wirker und gehört der Brieger „Ge-

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