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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0092

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Berlin

Das Wappenschild des Stifters umgibt eine lateinische Legende. Der ausgesprochen archi-
tektonische Aufbau wird betont durch die reichlich verwandten Voluten und Löwenmaska-
rons, die allegorischen Figuren —- oben die Gestalten der Medizin und Arzneiheilkunde, un-
ten in der Mitte die Fama mit den Lorbeerkränzen —, die Säulen mit den Wahlsprüchen
des Leibmedikus, die Anhäufung von kriegerischen und wissenschaftlich-ärztlichen Attri-
buten. Fruchtbehänge füllen den noch freibleibenden tiefblauen Grund. Trotz des nieder-
ländischen, speziell Brüsseler Einschlages, ist die Hand des niederdeutschen Zeichners un-
verkennbar; die Durchbildung der Früchte erinnert an die Arbeiten des Wolfenbüttel er Wir-
kers Boldewin von Brüssel. Typisch deutsch ist die an gleichzeitige Schreibbücher sich an-
lehnende Flecht-Schnur-Bordüre, die das Mittelfeld von dem Schriftrahmen trennt.

Wesentlich weicher in der Wiedergabe der Früchte und des Blattwerkes geben sich die
Wappenteppiche des Grafen Schwarzenberg, des einstigen Ministers Georg Wilhelms von
Brandenburg — auf Schloß Heiligenberg in Böhmen (Abb. 55) —, die zweifellos nieder-
deutscher, wahrscheinlich Berliner Provenienz, sind. Als Vorbild dienten die großblättrigen
Verdüren Enghiens. Das Akanthusgerank tritt in unserem Falle gegenüber einer wesentlich
kleinblättrigeren Flora, verbrämt mit Früchten, belebt durch Vögel, zurück. Das gleiche
Schema kehrt wieder — wenn auch in stilistisch abgewandelten Versionen — in den Er-
zeugnissen der Manufakturen Wismar, Lüneburg und Wolfenbüttel.

Dem gleichen Atelier entstammt wahrscheinlich eine Wappendecke mit dem Hoheits-
zeichen der Grafen von Scharffenberg (Krainer Uradel) und der Thurn-Valsassina (Hof-
postmeister von Tirol), umgeben von einem Kranze kleiner Wappen (im Kunstgewerbe-
museum zu Budapest). Ob der Graf von Schwarzenberg den Vermittler spielte, entzieht sich
meiner Kenntnis.

b) 17. Jahrhundert
Die Gründungen des Großen Kurfürsten
1. Die Werkstatt des Peter Heyliger

Im November 1665 beschwert sich Peter Heyliger, Churfi. Tapeten Macher, bitterlich,
daß der Haus-Voigt Gottfried Preuße nicht genügend Brennholz zur Beheizung der zwei
großen Stuben liefert, in dem seine Leute arbeiten. Die Tatsache sei um so ärgerlicher, „da
eine große Taffel Tapet gewirkt werde"5). Unter dem 24. November 1665 spricht die Kur-
fürstliche Durchlaucht zu Brandenburg ihr besonderes Mißfallen aus, daß die ,,zu bestelten
Sammet, Rasch und Tapetmacher" durch derartige Nachlässigkeiten an „ihrer Arbeit
mercklich behindert würden"6). Am 8. Mai 1668 ist die Rede von dem Oberlicenteinnehmer
Wilhelm Heinrich Hoppe, der den „Teppichmachern, Rasch- und Samtmachern ihre Logia-
mente vermietet". Der Jahreszins wird für die Teppichmacher auf 24 Rhtl., für die Rasch-
macher (Tuchmacher) und Sammetmacher auf je 18 Rthl. festgesetzt7). Im November 1668
geht die alte Klage um das Holz von neuem los. Zwei Teppichmacher hausen noch zusam-
men, der dritte hat ein besonderes Quartier bezogen Die Brennmaterialien reichen nicht
aus. Namentlich der Einsame beklagt sich über die kalte, unfreundliche Mark und beneidet
seine Fachgenossen „in Holland und Brabandt die dergleichen wenig kümmern werde"8).
Die Holzfrage ist insoweit immerhin interessant, als sie uns über die Herkunft der Wirker,
aus den österreichischen Niederlanden bzw. aus Holland, Aufschluß gibt.

Der Bericht vom 23. Dezember 16799) befaßt sich eingehender mit den kurfürstlichen
Manufakturen. Die Ausgaben in den Jahren 1673 bis 1679 werden summiert, selbst die Ver-
wertung der „abschnitzel der Wolle von den Tapeten" wird erwähnt. Merkwürdig erscheint
bei der Materiallieferung die außer Wolle aufgeführte Seife und die Ölfarben. Wozu brau-

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