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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0159

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5. Königsberg.

Die Rechnungsbelege der herzoglichen Rentkammer erwähnen aus dem Jahre 1556 eine
Ausgabenanweisung in Höhe von 84 Mark „dem Teppichmacher f. 28 Ellen Dewicht (Tep-
pich), die Elle zu 2 fl.", nähere Rückschlüsse sind bei der Unbestimmtheit des Vermerkes
— der Behang kann auch von außerhalb bezogen sein — zunächst unmöglich.

Caspar von Craynest ist der erste flämische Wirker, der sich (1559) mit dem preußischen
Herzog, dem ehemaligen Hochmeister Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach, in
Verbindung bringen läßt. Die Verhältnisse in dem verweltlichten Ordensland sind unruhig,
die Einkünfte für die fürstliche Hofhaltung spärlich, prunkender Luxus erscheint wenig an-
gebracht. Der einzige uns überkommene urkundliche Beleg79) (April 1559) — eine Eingabe
Craynests — berichtet, daß der Wirker sich auf Ansuchen des Landesherrn mit Weib und
Gesinde nach Königsberg begeben hat, „alsdan woltt E. Fr. Gn. etzlicher arbeitt halben
zu machen mit ihm handelen lassen". Er sei verabredungsgemäß auf dem Königsberger
Jahrmarkt eingetroffen, habe aber vergebens „umb gunstige forderung etzlich mal ein-
suchung gethan". Wesentlich erscheint der Hinweis des Wirkers, der Herzog kenne die
Güte seiner Leistungen und habe seine Arbeiten „zu Wißmar vntzwiffelich gesehen". Im
übrigen verstehe er (Craynest) mit Gold, Seide und Wolle zu arbeiten, je nach Wunsch
könne er kostbare und einfachere Wirkereien „gantz fleißigk" verfertigen, er bitte aber
um endgültigen Bescheid, „damit ich mich mit meynem gesinde darnach zurichten haben
mochte". Ob der Herzog mit dem Meister in Verbindung tritt, ob die Angelegenheit sich
aus nicht näher ersichtlichen Gründen zerschlägt, steht dahin; jedenfalls sind keine weite-
ren Belege vorhanden. 1560 taucht Remigius Delator auf. Es handelt sich zweifellos um
einen Flamen, der in einer deutschen Seestadt — vielleicht in Hamburg, Wismar oder
Lübeck — domiziliert war, der in Zeiten wirtschaftlicher Not im Umherziehen seine Kunst
übte. Remigius Delator ist mit dem Meister Remigius Latour identisch, der 1546 mit der
schwedischen Königin in geschäftlicher Verbindung steht; er bezieht für einen golddurch-
wirkten Behang, „gyldenstycke" — Johannes der Täufer tauft den Heiland im Jordan —,
als Entlohnung acht Tonnen Butter, die Tonne auf 25 Mark geschätzt80). Schon die Art der
Vergütung läßt darauf schließen, daß Delator (La Tour) in einer Hafenmetropole ansässig
war. Rückschlüsse auf den Geburtsort des Meisters sind allzu ungewiß, der Familienname
La Tour findet sich nicht nur in Valenciennes, sondern auch in den meisten südflämischen
und nordfranzösischen Wirkerzentralen. Das herzogliche Dekret vom 26. November 1560
nimmt Bezug auf die lobende Empfehlung des Johann Kostka von Stangenberg, des Dan-
ziger Kastellans „Königlicher May. zu Pollen u. des Landes Preußen Schatzmeister"; es
bestellt Remigius Delator (auf Wochenlohn von je 2 Mark) als herzoglichen Teppichmacher
auf die Dauer eines Jahres von Ostern 1561 ab gerechnet, „das auf vnser begeren, Ehr vns
allerlei Tebbicht, von ganzer vnd halber Seiden, auch wollen garn, seynem Vermögen nach,
so gutt er es kann, fleißigk machen vnd zurichten, auch die Altenn Tebbicht, so wir an vn-
serem hoffe gebrauchen, ausbessernn, auff seine eigenn vnkosten, vnd ohne vnser Zu-
thun, ausflücken soll". Als Entschädigung für die Neuarbeiten erster Klasse — beste Seide
und Wolle — sichert der Herzog dem Wirker einen Quadratellenpreis von 21/2 Mark zu,
der Ansatz ermäßigt sich bei Verwendung gewöhnlicher Seide auf zwei Mark, er sinkt bei

19 Göbel, Wandteppich« III. 2.

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