England. Die Sheldon - We r k s t a*t t e n
das von Panther und Löwe gehaltene Wappenschild des Sir William Herbert, des ersten
Earl of Pembroke (gest. 1570), umschlungen von dem Hosenbandorden, überhöht von der
Devise: VNG IE SERVIREY. Zwei Kartuschen mit figürlichen Szenen flankieren medaillon-
artig das Hoheitszeichen: rechts liebkost ein bärtiger Mann eine auf dem Bett sitzende
Frau (Luxuria?); links ruht eine weibliche Gestalt, in der Rechten den Speer, während die
linke Hand sich über den Hals eines Truthahnes legt (Superbia?). Der freibleibende Grund
ist durch laubengangartige Gebilde (Trieder) gegliedert, die sich auf Eckpfeilern — die
Allegorie der Kirche ist etwas gewaltsam eingefügt — aufbauen; Hermen, von den uns be-
reits bekannten Blumenvasen überhöht, füllen die Rundungen. Die typischen, den zeitgenös-
sischen niederländischen Teppichen entlehnten allegorischen Gestalten sitzen in etwas
bäuerlicher Aufmachung an den Basen der Kartuschen; Zentauren blasen auf Muschel-
hörnern; die Wappenzeichen der Pembroke (der grüne fliegende Drache mit der abgeschla-
genen Hand im Maul und der Stock [bascule], das mittelalterliche Strafinstrument) er-
scheinen „en miniature" in mehrfacher Wiederholung. Die Buchstaben (unten im Kartu-
schenrahmen) dürften auf den Besteller Bezug nehmen, mit dem Wirker haben sie an
diesen auffälligen Stellen schwerlich etwas zu tun. Als Vorlage dienten dem entwerfenden
Zeichner entweder Brüsseler Groteskenteppiche — wahrscheinlich in der Art der Folge
mit dem Monogramm des Polenkönigs August Sigismund im Schlosse Wawel (Krakau)31)
— oder Stichvorlagen von Cornelius Bos (gest. 1556)32) und verwandter Meister. Auf jeden
Fall hat der Kartonzeichner die ihm zur Verfügung stehenden Motive in eigenem Sinne
stark abgewandelt. Für die Entstehung in einem nicht niederländischen Betrieb spricht
vielleicht die Farbengebung: trübes Schieferblau, Gelb, Grüngelb, stumpfes Rot. In stili-
stischer und technischer Verbindung mit dem Pembroke-Teppich stehen ein 1931 von dem
Victoria and Albert Museum erworbener Groteskenteppich — in den Mittelkartuschen die
allegorischen Frauen „Eitelkeit" und „Geiz" —, ein schmäleres Stück — Kartuschenfigur:
„die Luft" — im deutschen Kunsthandel, beide mit der gleichen typischen Wappenbordüre,
die in einem figürlichen, stark an Oudenaarde erinnernden Wandteppich bei Margraf &
Cie., Berlin, wiederkehrt, sowie schließlich ein Groteskenbehang im Besitze des Marquis of
Northampton. Charakteristisch ist die herzförmige Wirkermarke. In allen Fällen weichen
Technik und Farbengebung von den typischen Sheldon-Wirkereien ab.
Weitere Behänge (außer den Landkarten), die sich der ersten Periode der Sheldonschen
Werkstätten (bis 1584) zuweisen lassen, sind also zunächst nicht festzustellen. Die groß-
blättrige Verdüre, die W. G. Thomson als Arbeit von Barcheston mit Vorbehalt bringt33),
ist ein Brüsseler Behang, der technisch erheblich über den Erzeugnissen der Sheldon-Ate-
liers steht. Daß Barcheston Grünteppiche erzeugte, steht urkundlich fest. In dem Streit,
den Richard Hyckes 1588 mit seinem ehemaligen Freunde Robert Hill ausficht, ist die
Rede von „a suite of hangings of arris worke called fullage". Es handelt sich nicht um Ver-
düren (Waldteppiche), die ausdrücklich als solche bezeichnet werden, sondern um die be-
kannte Gattung der Millefleurs-Behänge, die wir in typischer Fassung in den späteren Shel-
don-Teppichen wiederfinden. Den Manufakturen Barcheston und Bordesley sind keinesfalls
mehr zuzuschreiben die drei prächtigen Wappenbehänge mit den Hoheitszeichen des Ro-
bert Dudley, Earl of Leicester (Drayton House). Es handelt sich um hochwertige nieder-
ländische Erzeugnisse. Das gleiche gilt von dem 1564 datierten Rücklaken mit dem Lew-
kenor-Wappen (Chawton Manor), das in Zeichnung und Technik nicht das geringste mit
den Sheldon-Erzeugnissen gemein hat, dem gewirkten Tischteppich (in den Medaillons die
Allegorien der fünf Sinne) in der Sammlung Urquhart und von verschiedenen kleineren
Wirkereien, auf die ich noch zu sprechen komme.
Soweit sich aus dem vorliegenden Material — urkundliche Berichte, gewirkte Land-
karten — überhaupt Schlüsse ziehen lassen, dürften für den Arbeitsvorgang der Sheldon-
160
das von Panther und Löwe gehaltene Wappenschild des Sir William Herbert, des ersten
Earl of Pembroke (gest. 1570), umschlungen von dem Hosenbandorden, überhöht von der
Devise: VNG IE SERVIREY. Zwei Kartuschen mit figürlichen Szenen flankieren medaillon-
artig das Hoheitszeichen: rechts liebkost ein bärtiger Mann eine auf dem Bett sitzende
Frau (Luxuria?); links ruht eine weibliche Gestalt, in der Rechten den Speer, während die
linke Hand sich über den Hals eines Truthahnes legt (Superbia?). Der freibleibende Grund
ist durch laubengangartige Gebilde (Trieder) gegliedert, die sich auf Eckpfeilern — die
Allegorie der Kirche ist etwas gewaltsam eingefügt — aufbauen; Hermen, von den uns be-
reits bekannten Blumenvasen überhöht, füllen die Rundungen. Die typischen, den zeitgenös-
sischen niederländischen Teppichen entlehnten allegorischen Gestalten sitzen in etwas
bäuerlicher Aufmachung an den Basen der Kartuschen; Zentauren blasen auf Muschel-
hörnern; die Wappenzeichen der Pembroke (der grüne fliegende Drache mit der abgeschla-
genen Hand im Maul und der Stock [bascule], das mittelalterliche Strafinstrument) er-
scheinen „en miniature" in mehrfacher Wiederholung. Die Buchstaben (unten im Kartu-
schenrahmen) dürften auf den Besteller Bezug nehmen, mit dem Wirker haben sie an
diesen auffälligen Stellen schwerlich etwas zu tun. Als Vorlage dienten dem entwerfenden
Zeichner entweder Brüsseler Groteskenteppiche — wahrscheinlich in der Art der Folge
mit dem Monogramm des Polenkönigs August Sigismund im Schlosse Wawel (Krakau)31)
— oder Stichvorlagen von Cornelius Bos (gest. 1556)32) und verwandter Meister. Auf jeden
Fall hat der Kartonzeichner die ihm zur Verfügung stehenden Motive in eigenem Sinne
stark abgewandelt. Für die Entstehung in einem nicht niederländischen Betrieb spricht
vielleicht die Farbengebung: trübes Schieferblau, Gelb, Grüngelb, stumpfes Rot. In stili-
stischer und technischer Verbindung mit dem Pembroke-Teppich stehen ein 1931 von dem
Victoria and Albert Museum erworbener Groteskenteppich — in den Mittelkartuschen die
allegorischen Frauen „Eitelkeit" und „Geiz" —, ein schmäleres Stück — Kartuschenfigur:
„die Luft" — im deutschen Kunsthandel, beide mit der gleichen typischen Wappenbordüre,
die in einem figürlichen, stark an Oudenaarde erinnernden Wandteppich bei Margraf &
Cie., Berlin, wiederkehrt, sowie schließlich ein Groteskenbehang im Besitze des Marquis of
Northampton. Charakteristisch ist die herzförmige Wirkermarke. In allen Fällen weichen
Technik und Farbengebung von den typischen Sheldon-Wirkereien ab.
Weitere Behänge (außer den Landkarten), die sich der ersten Periode der Sheldonschen
Werkstätten (bis 1584) zuweisen lassen, sind also zunächst nicht festzustellen. Die groß-
blättrige Verdüre, die W. G. Thomson als Arbeit von Barcheston mit Vorbehalt bringt33),
ist ein Brüsseler Behang, der technisch erheblich über den Erzeugnissen der Sheldon-Ate-
liers steht. Daß Barcheston Grünteppiche erzeugte, steht urkundlich fest. In dem Streit,
den Richard Hyckes 1588 mit seinem ehemaligen Freunde Robert Hill ausficht, ist die
Rede von „a suite of hangings of arris worke called fullage". Es handelt sich nicht um Ver-
düren (Waldteppiche), die ausdrücklich als solche bezeichnet werden, sondern um die be-
kannte Gattung der Millefleurs-Behänge, die wir in typischer Fassung in den späteren Shel-
don-Teppichen wiederfinden. Den Manufakturen Barcheston und Bordesley sind keinesfalls
mehr zuzuschreiben die drei prächtigen Wappenbehänge mit den Hoheitszeichen des Ro-
bert Dudley, Earl of Leicester (Drayton House). Es handelt sich um hochwertige nieder-
ländische Erzeugnisse. Das gleiche gilt von dem 1564 datierten Rücklaken mit dem Lew-
kenor-Wappen (Chawton Manor), das in Zeichnung und Technik nicht das geringste mit
den Sheldon-Erzeugnissen gemein hat, dem gewirkten Tischteppich (in den Medaillons die
Allegorien der fünf Sinne) in der Sammlung Urquhart und von verschiedenen kleineren
Wirkereien, auf die ich noch zu sprechen komme.
Soweit sich aus dem vorliegenden Material — urkundliche Berichte, gewirkte Land-
karten — überhaupt Schlüsse ziehen lassen, dürften für den Arbeitsvorgang der Sheldon-
160