N°. 58. HEIDELBERGER 1837.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
ÜBERSICHTEN und KURZE ANZEIGEN.
ST AATS WISSENSCHAFT.
Untersuchung der Frage, ob die kurhessischen Kapitalschuldner durch die
ihnen in Napoleon’s Aufträge ertheilte Quittung von ihrer Schuld be-
freit worden. Mit besonderer Berücksichtigung der Schrift: Napoleon
und die kurhessischen Kapitalschuldner von F. C. Schweikart. Königs-
berg 1833. Fon Dr. G. Riesser. Frankfurt a. M. Verlag von S.
Schmerber. 1837. 260 S. 8.
Der nun verstorbene Kurfürst von Hessen hatte mehrere sehr
bedeutende Kapitalien theils an andere regierende Herren theils
an Privatpersonen ausgeliehen. Napoleon zog diese Kapitalien ein,
nachdem er das Kurlürstenthum Hessen militärisch besetzt hatte.
Die Schuldner wurden aufgefordert und genöthigt, Zahlung zu
leisten. Sie zahlten zwar, zu Folge eines mit den französischen
Behörden getroffenen Abkommens, nicht die ganze Schuld, wur-
den aber von denselben Behörden über die ganze Summe quit-
tirt. Der Kurfürst, in seine Staaten zurückgekehrt, bestritt die'
Gültigkeit dieser Zahlungen und Quittungen, in wiefern sie Ihm
entgegengesetzt wurden. Es entstand daher die Frage: Haben
die geleisteten Zahlungen und die darüber ausgestellten Quittun-
gen die Schuldner im Verhältnifs zu dem Darleiher der Kapitalien
— schlechthin oder wenigstens bis zu dem Betrage der wirklich
geleisteten Zahlungen —· befreit ? In der (schon in diesen Blät-
tern angezeigten) Schrift des Herrn Prof. Schweikart wurde, mit
Rücksicht auf einen einzelnen von der Juristenfakultät zu Königs-
berg abgeurtheilten Fall, die Meinung vertheidigt, dafs zu Folge
jener Quittungen der Darleiher der Kapitalien schlechthin
nicht berechtiget sey , von den Schuldnern Zahlung zu fordern.
Herr Dr. Riesser gelangt dagegen in der oben bezeichnten Schrift
zu einem für den Darleiher weniger ungünstigen Resultate. Er
selbst fafst dieses Resultat (S. 260) in folgende Säte zusammen:
»Waren die Kapitalien Staatsgut, so konnten die Schuldner freilich,
an eine den kurhessischen Staat, wenn auch ohne genügenden
Rechtsgrund, doch in unbestrittener faktischer Wirksamkeit, ver-
tretende, mit ihm eine und dieselbe rechtliche Persönlichkeit bil-
dende Regierung gültiger Weise zahlen, nicht aber an einen
Dritten, der die Kapitalien, sie vom Staatsvermögen lostrennend,
in eignem Namen und zu eignem Vortheil in Anspruch nahm.
Gehörten die Kapitalien zum Privatvermögen des Kurfürsten, so
XXX. Jahrg. t). Heft. 58
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
ÜBERSICHTEN und KURZE ANZEIGEN.
ST AATS WISSENSCHAFT.
Untersuchung der Frage, ob die kurhessischen Kapitalschuldner durch die
ihnen in Napoleon’s Aufträge ertheilte Quittung von ihrer Schuld be-
freit worden. Mit besonderer Berücksichtigung der Schrift: Napoleon
und die kurhessischen Kapitalschuldner von F. C. Schweikart. Königs-
berg 1833. Fon Dr. G. Riesser. Frankfurt a. M. Verlag von S.
Schmerber. 1837. 260 S. 8.
Der nun verstorbene Kurfürst von Hessen hatte mehrere sehr
bedeutende Kapitalien theils an andere regierende Herren theils
an Privatpersonen ausgeliehen. Napoleon zog diese Kapitalien ein,
nachdem er das Kurlürstenthum Hessen militärisch besetzt hatte.
Die Schuldner wurden aufgefordert und genöthigt, Zahlung zu
leisten. Sie zahlten zwar, zu Folge eines mit den französischen
Behörden getroffenen Abkommens, nicht die ganze Schuld, wur-
den aber von denselben Behörden über die ganze Summe quit-
tirt. Der Kurfürst, in seine Staaten zurückgekehrt, bestritt die'
Gültigkeit dieser Zahlungen und Quittungen, in wiefern sie Ihm
entgegengesetzt wurden. Es entstand daher die Frage: Haben
die geleisteten Zahlungen und die darüber ausgestellten Quittun-
gen die Schuldner im Verhältnifs zu dem Darleiher der Kapitalien
— schlechthin oder wenigstens bis zu dem Betrage der wirklich
geleisteten Zahlungen —· befreit ? In der (schon in diesen Blät-
tern angezeigten) Schrift des Herrn Prof. Schweikart wurde, mit
Rücksicht auf einen einzelnen von der Juristenfakultät zu Königs-
berg abgeurtheilten Fall, die Meinung vertheidigt, dafs zu Folge
jener Quittungen der Darleiher der Kapitalien schlechthin
nicht berechtiget sey , von den Schuldnern Zahlung zu fordern.
Herr Dr. Riesser gelangt dagegen in der oben bezeichnten Schrift
zu einem für den Darleiher weniger ungünstigen Resultate. Er
selbst fafst dieses Resultat (S. 260) in folgende Säte zusammen:
»Waren die Kapitalien Staatsgut, so konnten die Schuldner freilich,
an eine den kurhessischen Staat, wenn auch ohne genügenden
Rechtsgrund, doch in unbestrittener faktischer Wirksamkeit, ver-
tretende, mit ihm eine und dieselbe rechtliche Persönlichkeit bil-
dende Regierung gültiger Weise zahlen, nicht aber an einen
Dritten, der die Kapitalien, sie vom Staatsvermögen lostrennend,
in eignem Namen und zu eignem Vortheil in Anspruch nahm.
Gehörten die Kapitalien zum Privatvermögen des Kurfürsten, so
XXX. Jahrg. t). Heft. 58