N°.50. HEIDELBERGER 1837.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
v. Gaudy: Mein Römerzug.
(Bes chlufs.)
Nach einem Vorspiele führt uns der Vf. an die Gränze Ita-
liens. »Jean Pauls grofse Brust, sagt er, zerfiel in Staub, ehe
sie vor Wonne über das Anschauen der Alpen und Italiens er-
zitterte. Nur im Spiegel des Geistes erglänzten ihm diese leuch-
tenden Bilder entgegen — nur seine Träume durfte er besingen.
Und morgen in Mailand! — Mir war es, als sey ich dieser, dem
edlen Todten versagten Seligkeit nicht würdig.« (S. i5.) Doch
wird Mailand übergangen und der nächste Abschnitt führt uns
nach Mantua. Wenige Städte Italiens, wird bemerkt, haben
nicht einen Heroen der Dichtkunst oder der bildenden Künste in
ihrem Schoofse getragen. » Die über Mantua leuchtenden Ge-
stirne sind Virgil und Giulio Romano — beides Planeten. Fern
sey es von mir, die reinkeusche, jungfräuliche Muse des Sängers
jener üppigen, sinnlich lechzenden Phryne, welche die Phantasie
des Malers entzündete, die ihn auf seiner Künstlerbahn trügerisch
umgaukelte und auf ihre lichtscheuen Irrwege verlockte, zur Seite
zu stellen. Aber dem Dichter wie dem malenden Baukünstler
war der freie gottkräftige Aufschwung zum Lichte versagt 5 beide
wurden erhoben ohne wieder zu erheben ; beide wurden nur dnrch
ein fremdes Feuer erwärmt, geheiligt, und beide stockten im
Fluge, sowie dieses ihren Bahnen nicht mehr vorleuchtete: Je-
ner schwankend in eigener Ohnmacht, dieser von den Sirenen-
strudeln niederer Sinnlichkeit in den Schlamm zurückgerissen.
Jenem war Homer die Wunderlampe Alladins, diesem Raphael.
Um ihren Besitz betrogen, versanken Beide aus den Reihen der
Halbgötter in die der Sterblichen zurück.« (S. 20 f.) Die Pa-
rallele wird nun noch weiter fortgesetzt, an Giulio Romano durch
Einzelheiten nachgewiesen, und zu bedenken gegeben (S. 24),
dafs in unsre Museen nur solche seiner Werke dringen, welche
den Jünger, den vom Blick seines Herrn geweihten, bekunden
und unter dessen Augen erblühten, während in Mantua, seiner
Vaterstadt, in den Fresken des Pallastes del Te, Giulio die lä-
stige Maske abwirft. Den übrigen Theil des Abschnitts füllt eine
XXX. Jalirg. 8. Heft. 50
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
v. Gaudy: Mein Römerzug.
(Bes chlufs.)
Nach einem Vorspiele führt uns der Vf. an die Gränze Ita-
liens. »Jean Pauls grofse Brust, sagt er, zerfiel in Staub, ehe
sie vor Wonne über das Anschauen der Alpen und Italiens er-
zitterte. Nur im Spiegel des Geistes erglänzten ihm diese leuch-
tenden Bilder entgegen — nur seine Träume durfte er besingen.
Und morgen in Mailand! — Mir war es, als sey ich dieser, dem
edlen Todten versagten Seligkeit nicht würdig.« (S. i5.) Doch
wird Mailand übergangen und der nächste Abschnitt führt uns
nach Mantua. Wenige Städte Italiens, wird bemerkt, haben
nicht einen Heroen der Dichtkunst oder der bildenden Künste in
ihrem Schoofse getragen. » Die über Mantua leuchtenden Ge-
stirne sind Virgil und Giulio Romano — beides Planeten. Fern
sey es von mir, die reinkeusche, jungfräuliche Muse des Sängers
jener üppigen, sinnlich lechzenden Phryne, welche die Phantasie
des Malers entzündete, die ihn auf seiner Künstlerbahn trügerisch
umgaukelte und auf ihre lichtscheuen Irrwege verlockte, zur Seite
zu stellen. Aber dem Dichter wie dem malenden Baukünstler
war der freie gottkräftige Aufschwung zum Lichte versagt 5 beide
wurden erhoben ohne wieder zu erheben ; beide wurden nur dnrch
ein fremdes Feuer erwärmt, geheiligt, und beide stockten im
Fluge, sowie dieses ihren Bahnen nicht mehr vorleuchtete: Je-
ner schwankend in eigener Ohnmacht, dieser von den Sirenen-
strudeln niederer Sinnlichkeit in den Schlamm zurückgerissen.
Jenem war Homer die Wunderlampe Alladins, diesem Raphael.
Um ihren Besitz betrogen, versanken Beide aus den Reihen der
Halbgötter in die der Sterblichen zurück.« (S. 20 f.) Die Pa-
rallele wird nun noch weiter fortgesetzt, an Giulio Romano durch
Einzelheiten nachgewiesen, und zu bedenken gegeben (S. 24),
dafs in unsre Museen nur solche seiner Werke dringen, welche
den Jünger, den vom Blick seines Herrn geweihten, bekunden
und unter dessen Augen erblühten, während in Mantua, seiner
Vaterstadt, in den Fresken des Pallastes del Te, Giulio die lä-
stige Maske abwirft. Den übrigen Theil des Abschnitts füllt eine
XXX. Jalirg. 8. Heft. 50