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1070 Brüning-: das Daseyn Gottes und der mensehl. Willensfreiheit.
sonst wäre es kein Anderes und die Welt wäre ihre Selbst-
ursache. — Also ähnlich dem uns Gegebenen mufs noth-
wendig die Weltursache seyn.
Das uns Gegebene ist zweierlei: Natur und Freiheit.
(Die Freiheit vorerst nur als problematisch angenommener
Gegensatz der Natur.) Also ist der Wirklichkeit Anfang
entweder durch Natur oder durch Freiheit. — Ist er durch
Natur, d. i. ist die Weltursache ein Naturnothwendiges, so
ist diese Natur entweder selbst eine Zeitliche, endliche, oder
aber eine Zeitlose, unendliche, absolute.— Wäre der Anfang
durch die endliche Natur, so fragte sich wieder nach dem
Anfänge dieses Anfangs u. s. w.; es bedurfte der Endlich-
keiten eine Unendlichkeit, mithin eine abgelaufene Unend-
lichkeit bis zur Gegenwart, — ein Widerspruch. — Wäre
der Anfang durch eine unendliche, absolute Natur, {die mithin
selbst keinen Anfang hätte, so müfste, da die Natur überhaupt
d. i. ein unfreies Wesen keinen Anfang machen kann, mit
ihrem Daseyn zugleich die Zeitwirklichkeit gesetzt, d. h.
diese Zeitwirklichkeit müfste von Ewigkeit seyn; welches
wieder eine abgelaufene Unendlichkeit, einen Widerspruch
voraussetzt.
Folglich , da der Wirklichkeit Anfang durch Natur auf
keine Art seyn kann, ist er nothwendig durch Freiheit,
durch ein Freies.
Frei Ii^e i t.
Jedes Seyen ist ein Selbstsey n. Denn blofse Verhält-
nisse, blofse Beziehungen ohne Etwas woran haben keine
Existenz oder können für sich abgesondert nicht existiren;
und ohne selbst zu seyn ist kein Verhältnis zu Anderm mög-
lich. — Jedes Selbstseyn ist seibstthätig. Denn was durch-
aus nicht seibstthätig ist, ist durchaus leidend; was durchaus
leidend wäre, müfste blofs Existenz oder Verhältnisse für ein
Anderes haben, welches aber ohne ein Selbstseyn zu besitzen,
wie eben gezeigt, nicht möglich ist. — Das Selbstthätige,
d. i. was durch sich selbst wirkt, sofern es diefs thut, ist
frei oder unabhängig von Anderem. — Hier haben wir den
Begriff der Freiheit negativ, als Unabhängigkeit von Aufsen;
positiv als Selbstthätigkeit d. i. als ein Wirken durch sich
selbst. — Diese Freiheit, weil sie aus dem Selbstseyn gefol-
gert ist, kommt jedwedem Dinge, als Selbsttätigen, zu.
 
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