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Müller: Alter und Heiniatli der lex Salica

d. h. der Grundtheilung und dadurch bedingten Friedensgenossen-
schaft gestanden. Allein dass die Lex Salica in romanischen
Gauen entstanden, will Hr. Müller selbst nicht gelten lassen, und
ob in dem eigentlichen Merwunge-Land das Verhältniss der bos-
pitalitas überhaupt vorkara, möchte vorerst noch als sehr zwei-
felhaft dahin gestellt bleiben. Allein die viermalige Wiederho-
lung des „Gast“ in der Endsylbe kann so wenig als die corre-
spondirende Wiederholung des „gheve“ als eine Zufälligkeit
betrachtet werden; vielmehr tritt hier dasselhe Verhältniss der Ver-
wechselung der Würde mit. dem Nomen proprium ein, wie ich
oben bei Faramund gezeigt habe. Gast, auch gast-aldius (Gast-
halter, dieselbe Bildung wie Stabhalter) ist, wie schon Grimm
RA. p. 754. gezeigt hat, gleichbedeutend mit judex, actor publi-
cus. Ich erinnere hier noch an das bekannte feudum gastaldiae
= ambachts-lehn, Amtslehn Die Ableitung führt, wie schon
Wächter in seinem Glossarium v. gast bemerkt hat, auf das go-
thische gaaistan, honorare, revereri zurück: gast ist also venera-
bundus, sanctus, d. h. unverletzlich (ich erinnere hier noch an
fron, frono, welches eben so den Begriff judex und sanctus ver-
bindet). Wegen der dem hospes eben so wie dem judex beige-
legten Unverletzlichkeit heisst dieser selbst auch Gast, Gastfreund
— (vielleicht auch weil er unter dem öffentlichen Schutze, unter des
Königs Bann, in mundiburdio, in verbis, in ore regis steht?)
Uebereinstimmend sagt Cäsar von den Galliern B. G. L. VI. c. 23*
,,Hospiles violare fas non pufanf quos quacunque de causa ad
eos venerunt, ab injuria prohibent, sanctosque habent.u
Aehnliches berichtet von den Deutschen Tacitus, Germ. c. 21.
— Es kann daher kein Bedenken tragen, dass das „gast“ in den
vier Namen gerade wieder als Uebersetzung von rector aufzufas-
sen ist, mit dem vorherrschenden Character der Heiligkeit, was
an den sacerdos civitatis bei Tacit. Germ. c. 10. anklingt, und den
priesterlichen Charakter der Obrigkeit in der heidnischen Zeit er-
kennen lässt, worauf ich schon in meiner compend. Darstellung
der deut. St. und RG. §. 28. not. 8. aufmerksam gemacht hatte.
Müller’s Erklärung der beigefügten Gaunamen als Salogastes-gau,
Bodogastes-gau und Windogastes-gau fällt also hiermit gleich-
falls, so wie es überhaupt schwer, oder doch nur als eine seltene
Ausnahme erweislich seyn möchte, dass Gaue nach Eigennamen
von Personen benannt worden seyen, welches Verhältniss in Be-
zug auf Orts-Namen (Weiler, Dörfer, Städte etc.) allerdings
seine volle Richtigkeit hat. Ich will aber hier ferner auf eine
 
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