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Müller: Alter um! Heimath der lex Salica.

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grosse Sonderbarkeit aufmerksam machen, welche meines Wissens
noch nie gehörig ins Auge gefasst worden ist. Warum wer-
den gerade vier proeeres genannt, eine Zahl, die unwill-
kürlich an die noch beut zu Tage in der Zunftverfassung vor-
kommenden Vorstände jeder einzelnen Zunftcorporation — d. h.
an die „Viermeister, TETpd^oc<,“ erinnert? Ferner, warum
stehen den vier Amtstiteln, denn so darf ich wohl nach dem
Vorhergehenden die vier auf gast endigenden Namen vorläufig
bezeichnen, nur drei Gaunamen gegenüber? Warum fehlt dem
gerade zuerst genannten Wisogast ein entsprechendes Wiso
gheve? Zufällig scheint dieser Mangel nicht, so wenig als es
zufällig ist, dass Wisogast zuerst genannt wird. Wie in der
ächten älteren Vorrede (L. Sal. Herold.), so stehen alle diese
Amtstitel und Gaunamen in derselben Ordnung und Zahl
eben so in der Vorrede zur L. Salica emendata, welche unzwei-
felhaft dem Zeitalter Karls des Grossen angehört. Es scheint
also hinsichtlich dieses Punktes nicht einmal eine Abweichung in
den Handschriften aller Zeiten vorzukommen. Wie nun aber,
wenn Wiso-gast witti-gast) neben die Wittiscalci der L.
Burgund, tit. 76., neben jene pueros, juniores (die Gerichtsman-
nen, Hunnen, die Wissenden, sapientes, Consilium et auxilium si-
mul) gestellt werden müsste? Wisogast wäre sonach der judex
fori xur’ der rector scabinorum, gerade so, wie Lex Sa-
lica, nach Müller’s trefflicher Nachweisung lex fori, d. h. scitura
scabinorum, Schöffen-Weisthum ist. Hiernach wäre also Wiso-
gast ganz gleichbedeutend mit dem graflo der Lex Salica über-
haupt. Wir wollen dieses einen Augenblick für richtig anneh-
men, — wogegen auch wohl an sich kein Einwand von Seite der
Etymologie zu machen seyn dürfte — und betrachten sofort die
drei übrigen Amtstitel. Hier wieder die Vorfrage: warum gerade
drei neben dem Wisogast, dem graflo oder judex schlechtweg?
Ich glaube, hier gibt die L. Sal. tit. 67. de grafione occiso § IV
Herold, die vollständigste Auskunft. Hier finden wir die Worte-
„Sachibarones (sage-baron, witti-sealci, Wissende, sapientes) vero
in singulis Malbergiis plus quam tres esse non debent, et si
de caussa illi aliquid sanum dixerint, penitus gravio nullam habeat
licentiam removendi.a Es dürfen also nach dem ältesten Her-
kommen nicht mehr als drei Sagibarones, sive Wittiscalci etc. bei
dem Gerichte des graflo seyn; sie sind die Urtheilfinder, und wenn
sie einig sind (sanum dicere = conformiter judieare, also jus
certum, indubitatum reddere), *o hat der graflo in das Urtheii
 
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