Malier: Alter und Heimath der lex Salica.
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gefunden wird. Die Verundeutlichung der Wurzel kann nicht be-
fremden, da auch die Begriffe bald in einander geflossen sind.
Recht gut ist ferner die etymologische Erörterung des tunginus,
Scbultbeiss, Droste, der Rachimburgi und der Sagibarones (p. 208
und folg.). Nur darin irrt Müller, dass er p. 222. 223. durch
die Etymologie des Wortes Sagibarones sich verleiten lasst, darin
nicht Urtheilstinder im eigentlichen Prozess als vielmehr nur
Schied smänner zu sehen, wodurch er auch zu einer unrichti-
gen Erklärung der L. Salica tit. 57. gelangt. Allein nach der
altdeutschen Ansicht, wofür jedes Blatt'der LL. Barbar, die ent-
scheidendesten Belege gibt, war alles gerichtliche Verfahren nichts
anderes, als ein Sühneverfahren, ein Versuch zum amicabiliter
componere (s. die cit. Stelle der L. Bajuv.) im Sinne von Aus-
trag, d. b. veiiragsmässig beilegen, „vertragen“, daher auch
dingen (pacisci), weshalb endlich das Gericht selbst Ding,
Dingstätte (locus paciscendi) genannt wird (S. meine comp. Darst.
der deut. St. und RG. 58.). Die Stellung der Sagibarones zum
judex oder graflo, und dass dieser in gewissen Fällen selbst als
Superarbiter erschien, darauf habe ich schon oben aufmerksam
gemacht. Ausser einer Befeuchtung der Entstehungsgeschichte
der L. Salica hatte sich der Verf. aber auch noch die Ermitte-
lung des Vaterlandes der L. Anglorum et Werinornm h. e. Thu-
ringorum zur Aufgabe gemacht. Er vindicirt für Holland die Be-
nennung Thoringia, und beruft sich ausserdem noch auf die grosse,
schon früher von Gau pp in seiner trefflichen Schrift über die L.
Thuringorum nachgewiesene Verwandtschaft der Lex Thuringorum
mit den fränkischen Rechtsbüchein (L. Sal. und L. Rip.). Allein
in dieser Beziehung kann ich mich noch nicht bestimmen, dem
Verf. beizupflichten. Allerdings ist cs eine geistreiche Hypothese,
der inhaltsverwandten Lex Thuringorum eine Heimath anzuweisen,
welche von den beiden fränkischen Stämmen, den Saliern und Ri-
puariern gleichsam umschlossen wird, und auf der andern Seite
auch die Berührung mit Friessland und das Einwirken eines sächi-
schen Rechfselementes erläutern würde. Allein wenn ich auch
zugebe, dass der Verf. wirklich bewiesen habe, dass Holland ein-
mal in früher Zeit auch Thoringia genannt worden, so bleibt doch
noch die Frage übrig, wie lange erhielt sich diese Bezeichnung
für Holland, und überhaupt wie lange kann eine Anglo-Warini-
sche Bevölkerung in demselben unterschieden werden und in wel-
che Zeit fällt die Abfassung der Lex Thoringorum? Mit dem
hingeworfenen, von Gaupp entlehnten Satze, dass die Abfassung
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gefunden wird. Die Verundeutlichung der Wurzel kann nicht be-
fremden, da auch die Begriffe bald in einander geflossen sind.
Recht gut ist ferner die etymologische Erörterung des tunginus,
Scbultbeiss, Droste, der Rachimburgi und der Sagibarones (p. 208
und folg.). Nur darin irrt Müller, dass er p. 222. 223. durch
die Etymologie des Wortes Sagibarones sich verleiten lasst, darin
nicht Urtheilstinder im eigentlichen Prozess als vielmehr nur
Schied smänner zu sehen, wodurch er auch zu einer unrichti-
gen Erklärung der L. Salica tit. 57. gelangt. Allein nach der
altdeutschen Ansicht, wofür jedes Blatt'der LL. Barbar, die ent-
scheidendesten Belege gibt, war alles gerichtliche Verfahren nichts
anderes, als ein Sühneverfahren, ein Versuch zum amicabiliter
componere (s. die cit. Stelle der L. Bajuv.) im Sinne von Aus-
trag, d. b. veiiragsmässig beilegen, „vertragen“, daher auch
dingen (pacisci), weshalb endlich das Gericht selbst Ding,
Dingstätte (locus paciscendi) genannt wird (S. meine comp. Darst.
der deut. St. und RG. 58.). Die Stellung der Sagibarones zum
judex oder graflo, und dass dieser in gewissen Fällen selbst als
Superarbiter erschien, darauf habe ich schon oben aufmerksam
gemacht. Ausser einer Befeuchtung der Entstehungsgeschichte
der L. Salica hatte sich der Verf. aber auch noch die Ermitte-
lung des Vaterlandes der L. Anglorum et Werinornm h. e. Thu-
ringorum zur Aufgabe gemacht. Er vindicirt für Holland die Be-
nennung Thoringia, und beruft sich ausserdem noch auf die grosse,
schon früher von Gau pp in seiner trefflichen Schrift über die L.
Thuringorum nachgewiesene Verwandtschaft der Lex Thuringorum
mit den fränkischen Rechtsbüchein (L. Sal. und L. Rip.). Allein
in dieser Beziehung kann ich mich noch nicht bestimmen, dem
Verf. beizupflichten. Allerdings ist cs eine geistreiche Hypothese,
der inhaltsverwandten Lex Thuringorum eine Heimath anzuweisen,
welche von den beiden fränkischen Stämmen, den Saliern und Ri-
puariern gleichsam umschlossen wird, und auf der andern Seite
auch die Berührung mit Friessland und das Einwirken eines sächi-
schen Rechfselementes erläutern würde. Allein wenn ich auch
zugebe, dass der Verf. wirklich bewiesen habe, dass Holland ein-
mal in früher Zeit auch Thoringia genannt worden, so bleibt doch
noch die Frage übrig, wie lange erhielt sich diese Bezeichnung
für Holland, und überhaupt wie lange kann eine Anglo-Warini-
sche Bevölkerung in demselben unterschieden werden und in wel-
che Zeit fällt die Abfassung der Lex Thoringorum? Mit dem
hingeworfenen, von Gaupp entlehnten Satze, dass die Abfassung