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166 StraugB: Leben Jesu, u. Amnion; Fortbildung d. Christenthums,
ihm gesagt werden, dass er Gott zum Vater und eine menschliche
Mutter habe. In sofern dieser Gottmensch sein Selbst nicht in
sich, sondern in die absolute Substanz retlektirt, nichts für sich,
sondern nur für Gott seyn will, ist er der Süudlose und Vollkom-
mene. Als Mensch von göttlichem Wesen ist er der Wundertä-
ter, der Beherrscher der Natur; als Gott in menschlicher Erschei-
nung erniedrigt, ist er von der Natur abhängig.
Der Gottmensch stirbt, um zu beweisen, dass es Gott mit
seiner Menschwerdung Ernst ist, dass er nicht verschmähte, zur
untersten Stufe der Menschheit herabzusteigen, weil er in seiner
völligen Entäusserung den Rückweg zu sich zu linden und mit
sich identisch zu bleiben vermag. Hier ist demnach Gegensatz
und Kampf und der gewaltsame Tod des Gottmenschen durch der
Sünder Hände bestimmt. Findet Gott also den Weg vom Himmel
zum Grabe, so muss ihn auch der Mensch vom Grabe zum Him-
mel finden.
In die Welt eingehend als Gottmensch, zeigt sich Gott mit
ihr versöhnt, und durch die Aufhebung seiner Erniedrigung, nehm-
lich indem er durch seinen Tod die Natürlichkeit abstreift, zeigt
er, wie die Versöhnung ewig zu Stande kömmt, und auf den Tod
wesentlich Auferstehung und Himmelfahrt folgen.
Die christliche Gemeinde muss die Momente des Lebens des
Gottmenschen geistig wiederholen. Im Natürlichen sich schon
vorfindend , muss der Gläubige innerlich demselben absterben, um
an Christi Seligkeit und Herrlichkeit Theil zu nehmen.
Es kann allerdings sehr scheinbar eingewendet werden, dass
das unendliche, absolut-identische Wesen sich nur in einer un-
endlichen Mannigfaltigkeit sich setzender und wieder aufhebender
Individuen, aber nicht in einem einzelnen Dinge realisire, und
folglich diese Fülle der Realisation des Seys zum Daseyn, in der
geschichtlichen Erscheinung einer Person nicht dargethan werden
könne. Dieser Widerspruch der Eigenschaften und Functionen ira
Individuum löset die Idee der Menschheit als Gattung. Diese ist
die Vereinigung beider Naturen, sie ist der menschgewordene
Gott, der zur Endlichkeit entäusserte unendliche und der seiner
Unendlichkeit sich erinnernde endliche Geist. Sie ist das Kind
der sichtbaren Mutter und des unsichtbaren Vaters, der Natur und
des Geistes Sie ist der Wunderthäter, in sofern im Verlaufe der
Menschengeschichte der Geist sich immer mehr der Natur bemei-
stert, welche zum machtlosen Material (!) seiner Thätigkeit her-
absinkt. Sie ist der Unsündlicbe, in sofern der Gang ihrer Ent-
 
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