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176 Strangs : Leben Jesu, u. Ammon: Fortbildung d. Christenthuroa.
Gleichnissen neigt, die vielleicht den Zuhörern einer Predigt zu
einer vorübergehenden Erbauung gereichen kann und eine Ge-
wohnheit der Kanzel seyn dürfte. Der Styl ist freilich nicht
wesentlich, jedoch nicht unwichtig, denn er ist die Form des Den-
kens und des Empfindens, ein Wahrzeichen des Innern des Men-
schen und steht mit seinen ursprünglichen Anlagen und seiner
Ausbildung in innigem Verhältnisse.
Die Absicht des Herrn von Ammon ist sehr löblich, allein die
Hauptansicht ist unrichtig. Eine Fortbildung des Christenthums
würde das Ansehen desselben nur schmälern, anstatt es zur Welt-
religion zu befördern. Die so wünschenswerthe Einigkeit unter
den Protestanten kann es augenscheinlich eben so wenig herstel-
len. Die Laien dahin zu bewegen, auf eigenes Urtheil Verzicht
zu thun und es den Pflegern der Religion unbedingt zu unter-
werfen, oder ihnen das Lesen der Schrift zu verbieten, ist nicht
mehr möglich. Sie würden zugleich mit dem nicht übereinstim-
menden Theile der Geistlichkeit, den fortbildenden Reformato-
ren mit vollem Rechte sagen, warum haltet ihr euch ausschliesslich
für vernünftiger, weiser und frömmer, als alle andern Menschen
vor euch, und wenn eure Vorgänger, wie ihr meint, Fehler be-
gangen haben, wie könnt ihr'euch einbilden, unfehlbar zu seyn?
Ihr möget es drehen und wenden wie ihr wollt, Fortbildung ist
Bearbeitung eines Unvollkommenen, ein beständiger Wechsel,
Beide widersprechen dem Begriff und der Würde einer Religion.
Wenn eure Arbeit fertig seyn wird, dann könnt ihr mit derselben
hervortreten und verlangen, gehört zu werden. —
Es ist offenbar, dass in jeder positiven Religion eine stehende,
unwandelbare Wirklichkeit vorhanden seyn muss, die von jedem
klar und deutlich ohne innern Widerstreit erfasst werden kann,
um ihren Werth und ihr Ansehn festzustellen. Anstatt dieser,
ein nach der Willkühr einiger Menschen fortschreitendes Wan-
delbare zu setzen, oder ihr leere logische Begriffe nach philoso-
phischen Systemen unterzulegen, ist gleich anstössig und für die
Religion eben so verderblich, als für die Philosophie. Beide sind
einig in ihrem wichtigen Zwecke, die Menschheit zu bessern und
zu veredeln, und in den Endpunkten ihrer Erkenntniss; aber eie
können nicht denselben Weg gehen.

(Der Schlust folgt.,)
 
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