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Strauss: Leben Jesu, u. Ammon: Fortbildung d. Christenthums. 183
feindselige Begegnung mit Sanftmuth und Nachgiebigkeit aufneh-
men. Der Sinn der ganzen Schrift ist hingegen standhaftes
Kämpfen gegen das Böse und zur Verteidigung des Guten; im
Allgemeinen also ist der Mensch verbunden, für sich und andere
Gerechtigkeit zu handhaben und Unrecht männlich zurück zu
weisen.
Den drei ersten Evangelien gibt ihre Uebereinstimmung ein
vorzügliches Gewicht, besonders in den Stellen, die sich in allen
dreien fast buchstäblich gleich befinden, sowohl in Absicht auf die
Worte Christi, als auf die speciellen Umstände der Erzäh-
lung. Der in Worten und Thatsachen sehr abweichende St.
Johannes, die Geschichte der Apostel und die Episteln kommen
nachher, und beim Lesen der letztem muss man die Evange-
lien zur Vergleichung im Gedächtnisse haben. Wer also die
Schrift zur Richtschnur seines Uriheils nehmen will, darf sie nicht
oberflächlich ansehen, sondern er muss sich ein vergleichendes
Studium daraus machen, denn der wahre Sinn derselben kann nur
aus ihrer Ganzheit im Zusammenhänge, und nicht aus einzelnen
Stellen gefasst werden.
Wer hierzu keine Zeit oder keine Gelegenheit hat, thut weit
besser, sich an der jetzigen Lehre der Kirche zu halten. Kin-
disch aber und gefährlich ist es, sich von den Sectirern blenden
zu lassen, wenn man ausser Stande ist, den Grund oder den Un-
grund ihres Abweichens zu untersuchen,
Was die Autorität des heiligen Augustin’s betrifft, so ist be-
kannt, dass er ein eigenes Buch unter dem Titel „Retractationes“
geschrieben hat, in welchem er reuig einen Theil seiner frühem
Behauptungen zurücknimmt. Eben so gut kann er in dem, was
er nicht zurückgenommen hat, geirrt haben, wie es auch mit der
Prädestination und der Gnade wirklich der Fall ist.
Die Pietisten haben besonders den Glauben ganz mystisch
hervorgehoben und setzen ihn den Werken auf eine sehr verderb-
liche Weise entgegen.
Die Epistel Pauli an die Römer ist öfters hierzu gebraucht
worden, und es wird daher nicht überflüssig seyn, ihren Inhalt
genauer zu erörtern. In den beiden ersten Capiteln rügt Paulus die
Laster und die sträflichen Handlungen der Heiden; er wirft den
Juden vor, dass sie eben so schwer sündigen, und droht beiden
mit dem Gerichte Gottes, Rom. 2, 6., welcher geben wird einem
jeglichen nach seinen Werken, 2, 9., Trübsal und Angst über jede
menschliche Seele, welche das Böse thut, 2/ 7., Preis, Ehre und
 
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