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Zaehariä: Lehre vom Versuch der Verbrechen.

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ches bei practischen Materien immer grosse Inconvenienzen hat,
wenn man es auch nicht geradezu eine Verkehrtheit und einen
Fehler nennen will, welchen sieh fast die meisten Schriftsteller
unserer Zeit zum grossen Nachtheile der Unabhängigkeit ihrer
Forschungen zu Schulden kommen lassen. — Dagegen kann man,
wenn man mit der zweiten Frage beginnt, eine ganz objectiv
gehaltene historische Darstellung voran'schicken, und sich bis zum
Ende die Kritik, das freie Urtbeil und das Aussprechen seiner
subjectiven Ansicht aufbewahren, und sodann auf dem Boden der
Geschichte fussend, philosophiren, und den Leser zu sich herüber-
führen, ja beizutreten nöthigen, während man bei dem umgekehr-
ten Verfahren Gefahr läuft, ihn von vorneherein zurückzustossen.
Die hier vorgeschlagene genetische Entwickelung scheint für die
Darstellung der ganzen Lehre vom grössten Einflüsse zu seyn.
Wir gewinnen hiermit, indem wir uns dem natürlichen Sprachge-
brauch ansehliessen, das Prinzip, dass der Versuch — eben weil
er nicht das Verbrechen ist — an sich nicht strafbar ist.
Die Strafbarkeit des Versuches erscheint somit alseine Aus-
nahme, welche durch politische Gründe angerathen und gerecht-
fertigt werden kann, und durch eine positive Gesetzgebung ver-
mittelt werden muss, so dass die im Verhältnis zu einem Ver-
brechen als Versuch sich darstellende Handlung von dem posi-
tiven Rechte als ein eigenes Verbrechen (gleichgültig übrigens,
ob mit oder ohne eigenen Namen) aufgestellt seyn muss, wenn
sie als strafbar erscheinen soll, — sie müsste denn schon an sich
— (was gar nicht als Ausnahme, sondern gerade als Consequenz
dieses Prinzipes erscheint) — abgesehen von ihrer Beziehung zu
dem beabsichtigten Erfolge den Charakter eines selbstständigen,
vollendeten Verbrechens an sieh tragen, z. B. eine, in der Absicht
zu tödten, zugefügte Verletzung; die Strafbarkeit des Versuches
als solchen würde hiernach gar nicht als absolut Rechtlich,
sondern durchaus nur als etwas relativ—• d. h positiv — Recht-
liches erscheinen. Hiernach wäre auch zugleich der ganzen Un-
tersuchung die weitere Bahn vorgezeichnet. Es würden die ver-
schiedenen Systeme zu prüfen seyn, welche über die Strafbar-
keitserklärung des Versuches möglicherweise aufgestellt wer-
den können. Man würde zu prüfen haben, ob man den Ver-
such überhaupt von dem Criminalrechte ganz ausschliessen solle,
ob man ihn vielleicht als eine eigene Classe von Beleidigungen,
ähnlich den römischen Privatdelicten, aufstellen solle, sowie z. B.
das ältere deutsche Recht bis zu den Zeiten der Carolina in einem
 
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