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368

Scheidler: Paränesen für Studirende.

fangen muss, und von allem dem Wissen, das in ihn hineinge-
pfropft ist, doch keinen Yortheil zu ziehen vermag. Eine Einlei-
tung in das Studium der Naturwissenschaft, wie sie der Verf.
S. XXX. vor Allem verlangt, wird das Höchste seyn, was man in
dieser Beziehung von dem Gymnasium verlangen kann, zumal da
doch auch an den meisten Orten Mathematik in der ernstem Weise
gepflegt wird, welche die Wichtigkeit dieses Bildungsraittels er-
heischt, so dass wir in die Klagen des Verf. S. XXXI. über Ver-
nachlässigung dieses Unterrichtszweiges im Allgemeinen nicht
einstimmen können; wohl aber möchten wir Klagen erheben über
den verkümmerten und eingeschränkten Unterricht im Griechischen
wie im Lateinischen — eine Folge der sogenannten Forderungen
des Zeitgeistes, der selbst der sorgfältigen Pflege der Mutter-
sprache nicht einmal die erforderliche Berücksichtigung gönnt,
und nicht weiss, welchen wohlthätigen Einfluss darauf ein an
classischen Mustern des Alterthums genährter und gebildeter Ge-
schmack zu äussern vermag. Nur in einer Beziehung können
wir unserm Verf. nicht Unrecht geben, wenn er auf eine bessere
Auswahl in den auf Schulen zu lesenden alten Autoren dringt und
namentlich darüber sich beklagt, dass man meist viel zu schwere
oder für die Fassungskraft und den Ideenkreis junger Leute nicht
geeignete Schriftsteller denselben in die Hände gebe. Wenn nun
freilich bei verständigen und einsichts\ ollen Lehrern ein solcher
Vorwurf nicht zur Sprache kommen kann, so ist er doch nicht
ganz unbegründet, und Ref. würde z. B. die Lectüre eines Pindar
wie die eines Tacitus geradezu aus den Gymnasien entfernen, er
kann selbst die der horazischen Episteln nicht passend finden,
weil die tieferen Beziehungen, die hier überall hervortreten, von
dem Schüler nicht in der Art erfasst werden können, wie diess
von dem gereifteren Jüngling auf der Universität zu erwarten ist,
mithin gerade das verloren geht, was für uns besonders bildend
und dadurch fruchtbar werden soll. Es ist diess überhaupt ein
mannigfach hervortretender Uebelstand, dass man die Gymnasien
auf die Höhe von Universitäten hinaufschrauben und die natürliche
Gränze verkennen will, die den akademischen von dem vorberei-
tenden Lyceal- oder Gymnasialunterricht scheidet, wodurch man
dem einen wie dem andern schadet, und der Ungründlichkeit jeder
Art in die Hände arbeitet.

CB fr Btschlutt folgt
 
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